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Auch beim Kauf von Investitionsgütern entscheiden Kopf und Bauch

Markenführung: Branding und Dialogmarketing ergänzen sich
Auch beim Kauf von Investitionsgütern entscheiden Kopf und Bauch

Im modernen Markenmanagement bildet das Branding – die klassische Markenpflege – einen wesentlichen Pfeiler der Kundenloyalität. Der konsequente Dialog, der die Beziehung zwischen Unternehmen und Marke sowie dem einzelnen Marktpartner mit Inhalt füllt, stellt die andere Stütze des Marketingerfolgs dar.

Eny Hildebrand ist freie Journalistin in Düsseldorf

Vom Gießkannenprinzip verabschiedet hat sich der Landmaschinenhersteller Lemken GmbH & Co. KG – und zwar aus Überzeugung. Um das breite Produktprogramm der weltweit verstreuten Zielgruppe bekannt zu machen, mussten Innovationen her. Die Antwort der Marketingverantwortlichen ist unmissverständlich: Bündelung der Ressourcen. „Statt das vorhandene Werbebudget auf viele Produkte zu verteilen, bauen wir die Marke Lemken als Synonym für Kompetenz stärker aus“, erläutert Heinrich Wingels, Marketingleiter des Landmaschinenherstellers in Alpen am Niederrhein. „Somit reduzierten sich die Anzeigenblöcke auf nur vier Themen innerhalb eines Jahres, was eine erheblich höhere Durchdringung des Marktes ermöglicht als das zuvor erfolgte Gieß-kannenprinzip“, so Heinrich Wingels.
Da entsprechende Studien zu Tage förderten, dass mehr als zwei Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe über einen Internetanschluss verfügen, wurde das weltweite Netz zudem intensiv in die neue Strategie einbezogen, um das Branding als Dialoginstrument zu unterstützen. Dazu Wingels: „Nur wer mit seinen Endkunden oder Handelspartnern im Dialog steht, hat eine Chance, seine Markennamen oder die eigene Handelsmarke zu etablieren.“ Deshalb verzichtet der Maschinenbauer auf seiner Homepage bewusst auf bunte Bilder und Animationen. Die Internetseite wird konsequent als interaktives Medium eingesetzt. Die Kunden können über diesen Weg direkt Kontakt mit dem Hersteller aufnehmen, Informationen anfordern und Ersatzteile ordern. Unterschiedlichste Kanäle, um mit ihrer Zielgruppe in Kontakt zu treten, nutzt die im Mai dieses Jahres gegründete Devolo AG. „Wir wollen in kürzester Zeit einen Top-Brand in den relevanten Märkten aufbauen“, begründet Christoph Rösseler, Director Marketing und Public Relations, das Engagement. Mit diesem nicht gerade bescheidenen Ziel will das Unternehmen die Marktlage in einem Handstreich für sich entscheiden. Die Zeit dafür ist nicht gerade günstig. Die Hardwarebranche steckt mindestens ebenso in der Krise wie viele andere Sektoren. Die Mitarbeiter der Aachener Devolo hatten es am eigenen Leib erfahren, denn alle Beschäftigten sind ehemalige Kollegen der in Konkurs gegangenen Elsa AG. Die Marken Micro-Link und Vianect wurden übernommen, auch im Corporate Design knüpft der Hardwareproduzent an bekannte Strukturen an und vermittelt mit stilvollen Gehäusen eine hohe Wertigkeit.
Unternehmensgründer Heiko Harbers gibt die Richtung vor: „Eine klare Fokussierung auf das Geschäftsfeld Datenkommunikation und eine gegenüber dem Elsa-Produktprogramm deutliche Straffung des Portfolios.“ Fokussierung ist auch die Leitlinie für das Vertriebskonzept. „Um einen Top-Brand aufzubauen, muss man neben den üblichen Maßnahmen auch mit Pull-Marketing arbeiten“, berichtet Marketing-Chef Christoph Rösseler über seine Erfahrungen der letzten Monate.
Die Brand-Strategie des Unternehmens ist dabei zweigleisig ausgelegt. Zum einen setzt der Newcomer auf eine Anzeigenkampagne in Reseller-Titeln, die der Handelsseite ins Bewusstsein rufen soll, dass die bekannten, qualitativ hochwertigen Elsa-Produkte nun bei Devolo zu bekommen sind. „Unser Ziel, die drei großen Distributoren zu gewinnen, haben wir damit bereits erreicht“, bilanziert Rösseler zufrieden. Für die Endkunden konzentriert man sich „auf eine sehr affine Zielgruppe, die wir über die Fachpresse ansprechen“. So wird eine junge Zielgruppe über Gewinnspiele angesprochen. Außerdem kommuniziert das junge Unternehmen, dass sich seine Produkte durch exklusiven Mehrwert von der Konkurrenz abheben. „Noch ist der Name Mikro-Link bekannter als Devolo. Eine langfristige Umkehrung erreichen wir mittels eines Umweges über die Marke“, ist sich Marketing-Chef Rösseler sicher.
Diese Orientierung kann Andreas Storm, Geschäftsführer der Düsseldorfer Punkt Zwei Werbeagentur, nur bestätigen. „Im Mittelstand“, so seine Einschätzung, „liegt der strategische Fokus beim Thema Markenaufbau in der Mehrzahl der Fälle eher auf den Unternehmens- und weniger auf den Produktmarken.“ Dem stimmt auch Jürgen Behlke zu. Der Betriebswirtschaftler ist beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Frankfurt/M., für den Bereich Markenpolitik zuständig und betont: „Im internationalen Vergleich ist es für die Durchschlagskraft der Marken unserer Mittelständler entscheidend, dass sich das gesamte Unternehmen konsequent auf die Ziele seiner Markenpolitik ausrichtet.“ Ihm kommt es vor allem auf einen starken, strategischen, ganzheitlichen Ansatz an, der sich aus einer gründlichen Situationsanalyse ergibt. In der Kommunikation übernehme Dialogmarketing neben allen anderen Kanälen dabei seinen Part, um die Markeninhalte der Unternehmen im Investitionsgüterbereich in Richtung der festgelegten Zielgruppe zu kommunizieren.
Markenführung bindet die Kunden langfristig
Doch eine systematische Markenpolitik in der Investitionsgüterindustrie sei eher noch eine Ausnahme, bedauert Rainer Hundsdörfer, Vorsitzender des VDMA-Marketingausschusses. Dabei, so seine Kritik an diesem Versäumnis, gestalte sich die Beschaffung von Investitionsgütern erwiesenermaßen weitaus emotionaler, als es den Herstellern lieb sein könne. Sowohl die zunehmende Konkurrenz als auch die hohe technische Komplexität der Produkte zwingen die Hersteller in verstärktem Maße dazu, mit Hilfe der Markenführung Vertrauen und Charisma herzustellen.
Die Hamburger Agentur Friends of Brands ermittelte in diesem Zusammenhang bei einer Umfrage unter 94 Marketingentscheidern interessante Ergebnisse. Weitgehend zufrieden sind Technologiehersteller und technische Dienstleister mit der sachlichen Verständlichkeit ihrer Produkte. Laut der Studie fehlen ihnen dagegen in ihrer Produktwerbung mehr Emotionen. Angesprochen auf die bisher angewendete werbliche Methode, wird von der Hälfte der Befragten die eigene Kommunikation als „kreative werbliche Umsetzung mit zusätzlicher technischer Information“ kategorisiert. Dieses Maß der emotionalen Ansprache halten 43 % der Anbieter technologischer Produkte und Dienstleistungen für ausreichend, während sich immerhin 55 % mehr Emotionen wünschen. Die Beziehung dieser Ergebnisse ist nachvollziehbar, denn wenn die Industrie die Kundschaft in puncto Produktunterschiede weitgehend für informiert hält, empfiehlt sich konsequenterweise eine emotional stärkere Kommunikation inklusive einer stärkeren Markenkommunikation.
In eine ähnliche Richtung weisen die Versuche amerikanischer Forscher an der Universität in Los Angeles. Sie ermittelten, dass das Gehirn Markennamen anders verarbeitet als gewöhnliche Worte. Sie sprechen hauptsächlich die rechte Gehirnhälfte an, also den Teil, mit dem Emotionen wahrgenommen werden. Das mache Sinn, bewerteten die Wissenschaftler ihre Beobachtungen, denn ein solcher Name erzeuge beim Leser Bilder und Assoziationen, die häufig emotional besetzt seien.
Diese Erfahrung hat auch Susanne Latour gemacht, die mit ihrer Agentur Anonyma Unternehmen dabei unterstützt, für ihre Firma beziehungsweise deren Marken starke Namen zu kreieren. „Eine Kaufentscheidung ist nicht nur rational und objektiv, der subjektive Faktor spielt eine wichtige Rolle. Und Namen lösen Emotionen aus“, sagt die Namensspezialistin und hält fest: „Der Name ist der Grundstein der Marke. Ein starker Name erlaubt eine effiziente Kommunikation.“
Als Naming Coach weiß die Geschäftsführerin, „dass Namen gerade im B2B-Geschäft einen hohen Stellenwert haben, da hier Elemente aus dem Gesamt-Marketing-Mix, wie Verpackung oder Platzierung, stark eingeschränkt sind“. Nur wer einen Namen hat, werde auch erkannt, so ihre Überzeugung. Dabei übernehme der Name des Herstellers gewissermaßen eine Kaution, indem er für Qualität, Sicherheit, Vertrauen und Image garantiere, wogegen ein Produktname dessen Positionierung signalisiere.
Einige Vorreiter in der Investitionsgüterindustrie haben die Chance eines aussagekräftigen Namens für die Markenführung bereits erkannt und nutzen sie, um sich von ihren Mitbewerbern zu unterscheiden, die eigene Marke zu stärken, den Dialog mit ihren Kunden zu intensivieren und eine emotionale Bindung herzustellen. So bezeichnet die Firma Klöber, ein in Europa führender Hersteller von Dach- und Wandzubehör, ihre Produkte systematisch mit kreativen und emotionalen Namen. Eine Lichtpfanne taufte sie Top-Light, ein Steildachdurchgang Venduct und ein Flachdach Passio. „Auf diese Weise vermitteln sie mit den Namen eine Wertigkeit ihrer Produkte und geben eine Orientierungshilfe“, erläutert Susanne Latour.
Manchmal gelingt es sogar, einen Unternehmensnamen ganz hervorstechend zu positionieren. So sind IBM, Apple oder auch Sixt und Würth in der Markenwelt Begriffe geworden, die praktisch jeder kennt und mit ganz bestimmten Eigenschaften und Markenwelten verbindet.
Ob Produkt oder Firma: Letztendlich basiert die Stärke einer Marke auf ihrem Image und ihrer Bekanntheit. Die Steigerung des Bekanntheitsgrades und eine klare Positionierung am Markt sind die wichtigsten Ziele für den Aufbau einer starken Marke im Mittelstand. Dann erst können Absatzsteigerung, Produkt-Neueinführungen und Neukundengewinnung optimal greifen.
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