Wenn von erneuerbaren Energien die Rede ist, denken die meisten Menschen an Wind und Sonne, vielleicht auch an Wasser. Welche Potenziale die Geothermie besitzt, verrät Dipl.-Geologe Rüdiger Grimm, Geschäftsführer der GeoEnergie Konzept GmbH, Freiberg/Sa.
Herr Grimm, woran liegt es, dass die Geothermie – gemessen an Windkraft und Solarenergie – einen relativ geringen Stellenwert besitzt?
Ich sehe drei Hauptgründe: Erstens bewegen wir uns bei der Geothermienutzung vor allem im Sektor der Wärme- und Kälteversorgung und nicht im öffentlich viel mehr beachteten Stromsektor. Zweitens wird die Branche nicht oder nur zu einem geringen Teil mit Fördermitteln bedacht – und für viele Nutzer steht oftmals die Verfügbarkeit von Fördermitteln im Vordergrund. Drittens – und dies geht an unsere Adresse – fehlt Lobbyarbeit. Da sind andere besser.
Welche Vorteile bietet die Geothermie gegenüber den genannten Energiequellen?
Geothermie ist rund um die Uhr und ganzjährig verfügbar, also immer dann, wenn man sie tatsächlich braucht. Sie ist unabhängig von Wetter und Klima und muss nicht über lange Strecken transportiert werden – sie ist damit Energie vor Ort. Und: Wir haben ausgereifte und marktfähige Systemkomponenten bei Planungsinstrumenten, Wärmepumpen, den verwendeten Materialien und in der Bohrtechnik.
Welche Standortbedingungen sind an den Bau einer Geothermieanlage geknüpft?
Im Grunde genommen nur wenige. Die Frage ist nicht, ob Geothermie überhaupt geht, sondern welcher bohrtechnische Aufwand dafür notwendig ist und wie die Wärmequelle im Untergrund erschlossen werden muss. Abhängig ist das in erster Linie vom Gestein und vom Grundwasser.
Mit welchen Investitionskosten ist zu rechnen?
Die zusätzlichen Investitionskosten gegenüber einer herkömmlichen mit Öl oder Gas betriebenen Anlage beschränken sich im Gunde auf die erforderlichen Bohrungen. Sie müssen standortabhängig mit etwa 700 bis 1000 Euro pro Kilowatt für die Wärmeerzeugung rechnen. Einen deutlichen Einspareffekt erreichen Sie beim Vergleich von Systemen zur Klimatisierung. Da wären die Investitionskosten in der Anlagentechnik ebenfalls vergleichbar, die Bohrungen für die Kälteversorgung mit Geothermie sind aber schon bezahlt. Die Betriebskosten für die Kühlung stellen dann nur noch einen Bruchteil der sonst anfallenden Kosten – beispielsweise für eine Klimaanlage – dar.
Welche Fördermöglichkeiten stehen zur Verfügung?
Im Rahmen des Marktanreizprogramms hat der Bund gerade erst eine Förderung verabschiedet. Oft gibt es seitens der Stromversorger spezielle Tarife für den Wärmepumpenstrom – dies ist aber eher als eine Quersubvention oder ein Marketinginstrument zu sehen. Im Grunde sind wir aber auf gar keine Förderung angewiesen, um die Anlagen wirtschaftlich zu betreiben.
Wann amortisiert sich so eine Anlage?
Gut geplant und ausgeführt, amortisiert sich ein Neubau bei ausschließlicher Heizung in maximal sechs Jahren. Eine Steigerung der Energiepreise, welche ja nicht ganz unwahrscheinlich ist, verkürzt diese Zeit. Noch besser sieht es aus, wenn Sie in einem Objekt heizen und kühlen wollen. Dann ist die Geothermie oft unschlagbar und führt zu Amortisationszeiten von bis zu vier Jahren.
Wie bewerten Sie die Zukunft der Geothermie?
Ich sehe für die Geothermie eine große Zukunft. Der Einsatz regenerativer Energien für die Stromerzeugung, die Wärmeversorgung und Klimatisierung wird in den kommenden Jahren immens steigen. Bei der energetischen Sanierung von Objekten und bei der Betriebskostenoptimierung kommt der Erdwärme eine Schlüsselrolle zu. Einen weiteren interessanten Ansatz sehe ich in der Möglichkeit der Speicherung und der Kombination mit Solar- oder Prozessabwärme.
Jens-Peter Knauer jens-peter.knauer@konradin.de
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