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Beim Eigenkapital schaut die Bank ganz genau hin

Bilanzoptimierung: Wege zu einer besseren Struktur
Beim Eigenkapital schaut die Bank ganz genau hin

Die Basel-II-Richtlinien und die vorsichtige Kreditvergabepolitik der Banken sorgen dafür, dass sich der Mittelstand um seine Bilanzstruktur mehr Gedanken machen muss. Vor allem eine hohe Eigenkapitalquote trägt dazu bei, dass das Zahlenwerk im rechten Licht erscheint.

Katja Helm ist Senior Analyst bei der Conpair Corporate Finance GmbH in Essen

Der Wandel im Finanzierungsumfeld rund um Basel II fordert von vielen Unternehmen, dass sie ihre Finanzierungsstrukturen anpassen. Wesentliche Einflussgröße für das Rating und damit für die Konditionen der Fremdfinanzierung ist die Eigenkapitalquote. Um sie zu verbessern, gibt es verschiedene Instrumente der Bilanzoptimierung, die jeweils individuell auf das Unternehmen abzustimmen sind. Einen Königsweg gibt es nicht: Jeder Einsatz und die Kombination der Instrumente hängen immer von der jeweiligen Situation ab.
Das wohl bekannteste Instrument der Bilanzoptimierung ist das Leasing. Durch Leasing finanziert ein Unternehmen nicht den kompletten Anschaffungspreis, sondern begleicht sukzessive die laufende Nutzung und Wertminderung („Pay as you earn“).
Typische Leasingobjekte sind Nutzfahrzeuge und Produktionsmaschinen. Sofern Immobilien bilanziert sind, kann sich ein so genanntes Sale and lease back lohnen. Der Leasingnehmer veräußert dabei seine Immobilie an eine Leasinggesellschaft und least sie anschließend zurück.
Neben möglichen Steuervorteilen liegt der größte Vorteil des Leasing darin, dass es das Eigenkapital schont: Es verkürzt die Bilanz und verbessert somit die Eigenkapitalquote.
Ein bisher noch weniger genutztes Instrument ist der Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an einen so genannten Factor. Factoring hilft, die Inanspruchnahme von Betriebsmittelkrediten einzuschränken. In der Regel trägt der Factor die Risiken eines Zahlungsausfalls. Häufig bietet er außerdem zusätzliche Dienstleistungen an, zum Beispiel die Übernahme der Debitorenbuchhaltung einschließlich des Mahnwesens.
Ein wesentlicher Vorteil des Factoring ist die schnelle Umsetzung: Sofort nach dem Verkauf der Forderung erhält das Unternehmen in der Regel 90 % der Forderungssumme. Die restlichen 10 % werden für den Fall von Reklamationen oder Kaufpreisminderungen zurückbehalten und erst überwiesen, wenn die Rechnung wirklich bezahlt wurde.
Für das Unternehmen fällt eine Factoringgebühr bezogen auf den Umsatz sowie ein marktüblicher Kontokorrentzins für die Vorfinanzierung an. Unternehmen können die Factoringkosten minimieren oder sogar einspielen und einen Zusatzertrag erwirtschaften, wenn sie clever vorgehen: durch verbesserte Einkaufskonditionen, Umsatz- und Ertragswachstum sowie geringere Risikovorsorge. Da verkaufte Forderungen in der Regel nicht bilanziert werden müssen, verbessert sich die Eigenkapitalquote, sofern der Kapitalzufluss genutzt wird, um Verbindlichkeiten zu tilgen.
Eine weitere Maßnahme, um die Eigenkapitalquote zu verbessern, ist der Einsatz von Asset Backed Securities (ABS). Dies ist eine Verbriefungstechnik, durch die nicht handelbare Vermögensgegenstände – Forderungen aus Lieferungen und Leistungen – in handelbare Wertpapiere umgewandelt werden. Die Finanzaktiva werden aus der Bilanz des Unternehmens ausgegliedert und an eine eigenständige Gesellschaft veräußert. Die Refinanzierung dieser Gesellschaft erfolgt dadurch, dass sie Wertpapiere über den Kapitalmarkt ausgibt.
Zins- und Tilgungszahlungen werden durch den Cash Flow aus den fälligen Forderungen dargestellt. Grundlage eines ABS-Geschäftes sind Kundenforderungen in der Größenordnung ab etwa 50 Mio. Euro. Das Mittel ABS kommt also nur für größere Unternehmen in Frage.
Je nach Strategie und Positionierung des Betriebs lohnt zudem der Blick auf die Passivseite der Bilanz. Um das Eigenkapitals direkt zu stärken, bietet sich die Aufnahme von zusätzlichem Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Mitteln an, so genanntem Mezzanine-Kapital.
Die Aufnahme zusätzlichen Eigenkapitals kann durch eine Kapitalerhöhung seitens der Gesellschafter, durch Thesaurierung oder durch einen Investor von außen erfolgen. Als Investoren kommen Finanzinvestoren wie Private Equity Häuser, Privatpersonen oder andere Unternehmen in Frage. Finanzinvestoren sind in der Regel Partner auf Zeit und streben nach drei bis sieben Jahren einen Ausstieg an. Sie erwarten eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von mindestens 20 %.
Finanzinvestoren unterstützen nicht nur finanziell sondern bei Bedarf mit Know-how und Kontakten. Ist der Investor ein anderes Unternehmen, können sich über die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung hinaus weitere Vorteile in Form von Synergien durch Kooperationen ergeben.
Für viele Unternehmer kommt eine Änderung der bisherigen Gesellschafterstruktur jedoch nicht in Frage. Auch die Aufnahme von zusätzlichem Fremdkapital ist häufig nicht gewünscht, da es die Eigenkapitalstruktur weiter schwächt. Dort kann die Aufnahme von mezzaninem Kapital eine Alternative sein. Mezzanine-Kapital ist ein sehr flexibles Finanzierungsinstrument, das bilanziell zwischen dem Eigenkapital und dem Fremdkapital steht und üblicherweise von den Banken dem wirtschaftlichen Eigenkapital zugerechnet wird.
Unter Mezzanine-Kapital fasst man beispielsweise Nachrangdarlehen zusammen, typische und atypische stille Beteiligungen oder Genussscheine. Je nach Ausgestaltung der Mezzanine-Tranche sollte der Unternehmer mit einer Effektivverzinsung zwischen 12 und 20 % rechnen.
Zunehmend werden standardisierte mezzanine Finanzierungsformen – beispielsweise gepoolte Genussrechte – am Kapitalmarkt angeboten. Voraussetzung ist dann allerdings ein so genanntes Investment Grade Rating, also eine Beurteilung der Bonität. Standardisiertes Mezzanine-Kapital weist meist eine geringere Verzinsungsanforderung (zwischen 7 % und 10 %) als individuelles Mezzanine auf. Alle genannten Finanzierungsprodukte sind auf kleinere Finanzierungsvolumina von 2 bis 30 Mio. Euro beschränkt.
Auf der Fremdkapitalseite ist die Relation von kurzen zu langfristigen Kreditverbindlichkeiten sowie eine Umschuldung in Richtung der langfristigen Verbindlichkeiten zu überprüfen. Darüber hinaus können Unternehmen Förderdarlehen von der KfW Mittelstandsbank in Anspruch nehmen, um Investitionen zu finanzieren.
Eine interessante Alternative zum Bankkredit stellen Schuldscheindarlehen dar. Sie eignen sich bereits für mittelgroße Firmen; das Finanzierungsvolumen sollte in einer Größenordnung von etwa 20 bis 100 Mio. Euro liegen. Die Laufzeit beträgt vier bis sieben Jahre.
Im Gegensatz zum normalen Tilgungskredit ist das Schuldscheindarlehen in der Regel als endfälliger Kredit gestaltet. Der Darlehensnehmer verpflichtet sich dabei, bestimmte finanzwirtschaftliche Kennzahlen wie Eigenkapitalquote oder Gesamtkapitalrendite einzuhalten. Die Konditionen werden bonitätsabhängig auf der Basis marktüblicher Sätze festgelegt. Schuldscheindarlehen sind ein erster Schritt in Richtung Kapitalmarkt, denn sie sind übertragbar.
Literatur zum Thema:
Button „Literatur für Manager“
Forderungen werden zu handelbaren Wertpapieren
Externe Investoren erwarten hohe Zinsen

So entrümpeln Sie die Bilanz
  • 1. Leasing: Prüfen Sie, ob Sie Teile Ihres Anlagevermögens leasen können.
  • 2. Factoring: Verbessern Sie Ihre Liquidität durch den Verkauf von Forderungen.
  • 3. ABS: Ab 50 Mio. Euro Forderungsvolumen lohnt sich ABS.
  • 4. Direktbeteiligung: Der richtige Partner bringt neben Kapital weitere Vorteile.
  • 5. Mezzanine Kapital: Wirtschaftliches Eigenkapital ohne Aufnahme eines zusätzlichen Gesellschafters.
  • 6. Fremdkapital: Prüfen Sie kritisch Ihre Fremdkapitalstruktur.
  • 7. Schuldscheindarlehen: Der Mindestkapitalbedarf liegt bei 20 – 100 Mio. Euro.
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