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CFK – der Stoff, aus dem Leichtgewichte sind

Leichtbau: CFK-Valley Stade baut ersten Kunststoff-Sattelzug
CFK – der Stoff, aus dem Leichtgewichte sind

Was beim Audi A2 frischen Wind in die Leichtbau-Diskussion brachte, mutet beim 40-Tonner revolutionär an: Das CFK-Valley Stade will die erste EU-Sattelzugmaschine in Kohlenstofffaser-Verbundkonstruktion (CFK) bauen. Eine interessante Technologie – auch für schnelllaufende Maschinen.

Im CFK-Valley Stade e.V. bündeln rund 70 renommierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen ihre Innovationskraft. Einer der Hauptakteure ist der Airbus-Konzern, der den größten Fertigungsstandort für CFK-Leichtbaustrukturen in Europa unterhält. Die CFK-Valley-Mitglieder The Team Technology GmbH (TTT), Hamburg, und Carbo Tech Composites GmbH (CTC), Salzburg, haben nun Ende März einen Vertrag mit der britischen Motor Industry Research Association (Mira) über die herstellerunabhängige Entwicklung der ersten EU-Sattelzugmaschine aus Carbonfaser-verstärkten Kunststoffen (CFK) unterzeichnet. Der 40-Tonner wird im Wesentlichen aus einer CFK-Konstruktion im Bereich des Chassis, des Fahrwerks und des Fahrerhauses bestehen sowie einer Reihe von Anbau- und Einbauteilen. Die dreiachsige Zugmaschine mit rund 330 kW (450 PS) soll das leichteste motorgetriebene Nutzfahrzeug der schweren Klasse werden und als Prototyp bis 2009 fertiggestellt sein.

Die umweltrelevante Bedeutung dieses Projekts verdeutlicht eine Beispielrechnung: Bei einer durchschnittlichen Leergewichtsreduktion von 5,5 bis 6 t pro Lastzug (Zugmaschine und Dreiachsauflieger) verringert sich die CO2-Emission aller derzeit in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge dieser Klasse um 12 bis 15 Mio. t/Jahr.
Bei vergleichbaren Steifigkeits- und Festigkeitswerten ist CFK etwa 70 % leichter als Stahl und 40 % leichter als Aluminium. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Funktionsintegration: Kein Verschrauben oder Schweißen zusätzlicher Bauteile – alle Zusatzfunktionen wie Palettenkästen, Reserveräder oder Anfahrschutz sind im Gesamtgewicht des Trailers von 3 bis 3,5 t bereits enthalten.
Leichtbau ist in. Allerdings stellt der Stoff, aus dem die Leichtgewichte sind, enorme Ansprüche. Ria Kaiser, Geschäftsführende Gesellschafterin des Projektpartners TTT: „Zur Bearbeitung von CFK-Bauteilen sind extrem hochfeste und verschleißfeste Werkzeuge nötig. Hier gibt es noch deutliches Entwicklungspotenzial. Deshalb wird derzeit die mechanische Bearbeitung auf ein Minimum reduziert.“ Das führe zu gesteigerten Anforderungen an den Werkzeug- und Formenbau: „Je weiter man die mechanische Bearbeitung reduziert, desto mehr erhöht sich die Komplexität der Form.“
Die Möglichkeiten des Leichtbau-Werkstoffs CFK sind indes mit der Anwendung im Fahrzeugbau bei weitem nicht ausgereizt. Hans Jürgen Lange, ebenfalls Geschäftsführender Gesellschafter bei TTT: „So wie wir an das Thema Nutzfahrzeuge aus CFK heran gegangen sind, steht es jedem Maschinenbauer offen, auch bei schweren, beweglichen Teilen die Massen zu verringern und die mechanischen Prozesse zu optimieren.“
Experte in Sachen CFK-Bearbeitung ist Prof. Wolfgang Hintze vom Institut für Produktionsmanagement und -technik an der TU Hamburg-Harburg (PMT), gleichfalls Mitglied beim CFK-Valley Stade: „Mit CFK lässt sich die Dynamik von Werkzeugmaschinen und Handhabungsgeräten steigern, wenn die Masse der zu beschleunigenden Schlitten oder Spindeln reduziert wird.“ Gleiches gelte für oszillierend bewegte Hebel und Schlitten, beispielsweise in Verpackungs-, Druck- oder Textilmaschinen. Bei schnell laufenden Walzen erlaube die CFK-Bauweise höhere Drehzahlen durch die niedrigeren Fliehkräfte. Alternativ könne die Belastung von Lagerungen verringert und damit die Lebensdauer verlängert werden. „Schließlich“, so Hintze, „lassen sich mit CFK thermisch bedingte Deformationen von Maschinen vermindern und damit eine höhere Genauigkeit erzielen.“
Voraussetzung für eine wirtschaftliche CFK-Anwendung und „derzeit noch verbreitetes Hindernis“ sind nach Hintzes Einschätzung die CFK-gerechte Bauteilauslegung sowie das Know-how und die Verfügbarkeit wirtschaftlicher Herstellungsprozesse. Die Bearbeitung von CFK stelle höchste Ansprüche an die Zerspanungswerkzeuge und die Prozesstechnologie: Einerseits verursachen die harten Carbonfasern einen extrem hohen Abrasionsverschleiß, der Schneidstoffe und Beschichtungen höchster Härte erfordert. Andererseits seien die hochfesten Fasern so zu trennen, dass sie sich von der weitaus weicheren Harzmatrix nicht ablösen.
Neue Aufgaben ergeben sich auch durch die bei CFK-Großstrukturen erforderlichen engen Toleranzen, „die von den heutigen Prozessrouten in der Regel nicht erreicht werden“. „Im Vergleich zur Metallbearbeitung bestehen bei der CFK-Bearbeitung noch deutliche Wissensdefizite“, erläutert Hintze. Lösungsansätze seien beispielsweise Diamantschneidstoffe und Beschichtungen in Kombination mit spezifischen Hartmetallsubstraten sowie Werkzeuggeometrien, die auf die CFK-Bearbeitung zugeschnitten sind.
Besondere Herausforderungen kommen auch auf den Werkzeug- und Formenbau zu. Beispielsweise sei man bestrebt, von Metall auf andere Formenbauwerkstoffe wie etwa CFK umzustellen. Professor Hintze: „Hier ist ein Feld für innovative Lösungen.“ Denn bei großen Abmessungen werden metallische Formen so schwer, dass sie im Betrieb schwierig zu handhaben sind.
Lösungsansätze verspricht sich der Experte nicht zuletzt von der EMO Hannover 2007: „Dort sind einige Maschinen- und Werkzeughersteller mit Fachkompetenz und Erfahrung in der CFK-Bearbeitung von High-End-Komponenten vertreten. Zudem finden potenzielle Anwender über CFK-Kompetenznetzwerke Kontakt zu Firmen und Instituten, die im Themenfeld Faserverbundwerkstoffe ausgewiesen sind.“ os
CFK verringert die Fliehkräfte schnellaufender Walzen
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