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Dauermagnete – die Magier in technischen Produkten

Permanentmagnete übertragen Kräfte ohne eigenen Stromverbrauch
Dauermagnete – die Magier in technischen Produkten

Seit es Hochenergie-Magnetwerkstoffe gibt, sind den Einsatzmöglichkeiten von Dauermagneten kaum noch Grenzen gesetzt. Sie reichen heute vom Linearmotor bis zum Fangmagnet für Eisenteile im Rinderpansen.

Karl-Heinz Schroeter ist Inhaber von IBS Magnet in Berlin

Besonders die jüngste Generation von Hochenergie-Magneten aus SmCo und NdFeB ermöglicht neue Lösungen: Diese Werkstoffe verkleinern Magnetsysteme oder liefern erheblich höhere Energien bei gleicher Baugröße. Ein herkömmlicher Bariumferrit(BaFe)-Magnet etwa braucht das zwölffache Volumen eines Neodymium-Eisen-Bor(NdFeB)-Magneten, um dieselbe Energiemenge aufzubringen.
Bei den meisten Magnetsystemen werden Dauermagnete mit Eisen kombiniert. Das Eisen nimmt den Magnetfluss auf und leitet ihn in die Wirkrichtung. Schon der Eisenrückschluss unter einer Polfläche verstärkt das austretende Magnetfeld auf der freien Polseite um 30 %. Die gegenüber liegende Haftfläche muss genügend dick sein, um den gesamten Magnetfluss aufzunehmen.
Magnetisches Kugelgelenk hat „Sollbruchstelle“
IBS Magnet in Berlin bietet Haftmagnete in vielen Bauformen an. Ein Greiferstab mit einem Durchmesser von 32 mm erreicht zum Beispiel eine Haftkraft von 700 N. Daneben gibt es druckwasserdichte Haftmagnete mit rostfreiem Edelstahlgehäuse, die auch im Lebensmittelbereich eingesetzt werden können.
Bei einem Magnet-Kugelgelenk wird eine Stahlkugel in einer Kugelpfanne magnetisch durchflutet und mit großer Kraft angezogen: Hier wirken Hochenergie-Magnetwerkstoffe! Mit derartigen Magnet-Kugelgelenken lassen sich verschiebesichere Halterungen für Kameras, Laser-Sensoren und Leuchten aufbauen. Hubgestänge besitzen durch die magnetisch haftende Kugel eine „Sollbruchstelle“. Ein weiterer Vorteil dieser Kugelgelenke ist der Drehwinkel von über 180° und die entfallende Feststellmechanik für die Kugel.
Anders als Haftmagnete, benötigen Fangmagnete ein weit reichendes Magnetfeld, um Eisen- oder Stahlteile zu separieren. Dazu werden auf einer Eisenrückschlussplatte zwei oder mehrere Magnetblöcke gegenpolig zueinander angeordnet. Das Magnetfeld, das sich zwischen diesen Polen bildet, kann auch sehr kleine Eisenteile aus trockenen oder sogar flüssigen Medien separieren. Die Fangmagnete werden als Blöcke, Gitter, Leisten und auch als Stäbe aufgebaut.
Kleine Massengüter wie Nägel, Schrauben und Stifte lassen sich mit einem Handhabungsmagnet aus größeren Behältern in Montagekästen umpacken. Dabei springen die Eisenteile an die Haftfläche und bilden einen „Pilz“ von gefangenen Teilen. An der Abladestelle lüftet der Bediener die Vorrichtung mit einem simplen Zug des Fingers, und die Teile fallen von der Haftfläche.
Spreizmagnete werden an den Kanten von Stahlblech-Stapeln montiert, um die Blechtafeln fächerartig auseinander zu spreizen. Die einzelnen Tafeln werden dabei magnetisch durchflossen und nehmen alle den Magnetpol des Dauermagneten an. Da sich gleichnamige Pole abstoßen, spreizen die Stahlblech-Tafeln auseinander. So lassen sie sich leicht dem Stapel entnehmen. Größere Magnete können auch verölte Blechplatten spreizen.
Eisen- und Stahlteile lassen sich sogar vertikal fördern, wenn unter dem Gummiförderband eine durchgehende Reihe von Dauermagnetblöcken stationär montiert wird. Da das Magnetfeld durch das Föderband hindurch wirkt, werden zum Beispiel Getränkedosen und Blechteile aufs Band gedrückt und mitgenommen. Sind hingegen Späne zu fördern, bewegen sich die Magnete hinter einem unmagnetisierbaren Nirosta-Blechband in Längsrichtung und ziehen die Späne mit sich.
In Getränkeabfüllmaschinen werden die Kronkorken dauermagnetisch so lange auf dem Verschlußdorn gehalten, bis die Flasche in Position ist, und dann aufgedrückt.
Dauermagnet-Kupplungen können Drehbewegungen berührungslos und verschleißfrei übertragen – durch Luft oder Wände aus unmagnetisierbarem Material hindurch: Bei Stirndrehkupplungen sind die beiden Kupplungshälften mehrpolig magnetisiert. Zwischen den Polen der sich gegenüber stehenden Scheiben entsteht ein Magnetfluss vom Nord- zum Südpol. Er wirkt wie ein weicher Verbindungsstift. Allerdings entstehen hohe axiale Anziehungskräfte zwischen den Scheiben, die durch Lager abgefangen werden müssen. Kleinere Stirndrehkupplungen übertragen Drehstellungen von Reglern in hermetisch dichten Gehäusen. Größere Stirndrehkupplungen werden in Antriebe eingebaut, wenn die Drehmomentübertragung ab einem bestimmten Wert abreißen soll. Der Maximalwert lässt sich über den Luftspalt einstellen. Daneben gibt es Zentraldrehkupplungen, bei denen zwei Ringmagnete ineinander laufen, getrennt durch ein Spaltrohr. Sie werden bei Flüssigkeitspumpen angewendet, die dadurch ohne Dichtsysteme auskommen.
Bei Hysteresekupplungen und -bremsen steht ein mehrpolig magnetisierter Rundmagnet stirnseitig einer Scheibe aus Hysteresewerkstoff gegenüber. Hysteresewerkstoff ist ein nicht magnetisierbarer Dauermagnet-Werkstoff mit hoher Remanenz und geringer Koerzitivfeldstärke. Solche Kupplungen eignen sich für hohe Drehgeschwindigkeiten und übertragen ein konstantes Drehmoment, unabhängig von der Geschwindigkeit.
Magnete dichten künstliche Darmverschlüsse ab
Die meisten Dauermagnete werden in den Läufern von Elektromotoren und Generatoren eingesetzt und übernehmen dort die Felderregung. Zu den Vorteilen gehören ein hoher Wirkungsgrad, kleine Bauweise, eine geringere Erwärmung und eine höhere Funktionssicherheit, weil die Maschinen bürstenlos arbeiten. In kleinen Servomotoren kommen Hochenergie-Magnete aus NdFeB zum Einsatz. Sie werden zum Beispiel in Fensterheber- und Antennen-Antrieben, Scheibenwischern, Festplattenlaufwerken und Kopierern eingesetzt. Auch Linear- und Schrittmotoren sind mit Dauermagneten aufgebaut.
Die Medizintechnik setzt große Hochenergie-Magneten aus NdFeB in Kernspintomographen ein. Herzschrittmacher werden mit Dauermagneten ein- und ausgeschaltet. Auch die neuen, künstlichen Zusatzherzen enthalten Hochenergie-Magnete in Antrieb und zur reibungslosen Lagerung. Künstliche Darmverschlüsse werden mit implantierten Dauermagnet-Ringen abgedichtet.
In der Messtechnik reicht der Einsatzbereich von Dauermagneten von elektronischen Waagen über Tauchspulsysteme bis hin zu Zählern und Anzeigeinstrumenten. Auch das Betätigen von magnetfeldempfindlichen Sensoren ist ein wichtiges Anwendungsgebiet. Zu den Magnetsensoren ge-hören unter anderen Reedschalter, Hall-Sensoren, Widerstands-Sensoren und Impulsdrähte mit Wiegand-Effekt.
In der Elektroakustik werden Dauermagnete in Lautsprecher, Kopfhörer und Mikrofone eingebaut. Mit dem Ziel der Qualitätserhöhung und Miniaturisierung setzen sich jetzt mehr und mehr die hochremanenten NdFeB-Magnete durch, die höchste magnetische Flussdichten ermöglichen.
Tiermediziner spülen Kühen rohrförmige Magnete in den Pansen ein. Sie fangen im Pansen mitgefressene Eisenteile wie Stacheldrahtstücke ein, um das Tier vor Verletzungen zu schützen.
Die Regale in Warenlagern lassen sich mit Hilfe von Magnetstreifen leicht auswechselbar kennzeichnen. Magnetfolien aus flexiblem, kunststoffgebundenem Dauermagnet-Werkstoff sorgen für einfache Türverschlüsse an Duschkabinen und Kühlschränken.
Die enormen Veränderungen, die sich durch die Entwicklung von Magnetwerkstoffen bis hin zu Hochenergie-Magneten aus den Seltenen Erden (NdFeB und SmCo) ergeben haben, kann man mit Recht als technische Revolution bezeichnen. Und schon bahnt sich eine neue Revolution an: So genannte „warme“ Supraleiter auf der Basis von Y-Ba-Cu-Oxyd sind im Labor bereits verfügbar und werden beim Kühlen mit billigem, flüssigem Stickstoff praktisch zu Dauermagneten. Sollten im nächsten Jahrzehnt tatsächlich Supraleiter leicht unterhalb Raumtemperatur zur Verfügung stehen, dürften sie größten Einfluss auf die Technik haben.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
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