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Der chinesische Igel ist schon da

Blick nach. .. China
Der chinesische Igel ist schon da

Die Boom-Märkte dieser Welt sind mit Stolpersteinen gepflastert. Wer weiß, wo sie liegen, kann sie umgehen. Investoren und Einsteigern aus dem Mittelstand gibt der Industrieanzeiger mit dieser neuen Kolumne einen Kompass an die Hand. Den Anfang macht China-Insider Dr. Jörg-M. Rudolph.

Haben Chinesen ein Kopier-Gen? Um es vorweg zu nehmen: nein, sie haben es nicht. Dass sie dennoch alles kopieren – von der Film-DVD und Armbanduhr über Software bis zu Hubschrauber-Ersatzteilen, Netztechnik und kompletten Autos, ja ganzen Anlagen – liegt auch nicht am chinesischen Büffel- Bildungssystem. Oder daran, dass sie in ihrer Kindheit viele Lebensjahre darauf verwenden, vier- bis fünftausend Schriftzeichen solange zu kopieren, bis sie ihnen endlich im Gedächtnis haften bleiben.

Ein Blick ins Statische Jahrbuch Chinas genügt, um die Antwort zu finden. Abschnitt: Number of All State-owned and Non-state-owned Industrial Enterprises. Es gibt auch keinen Grund, an den Angaben zu zweifeln. Zum Beispiel, dass es im Land (2004) 192 000 industriell produzierende Unternehmen gibt. Darunter 15 000 Textilfirmen, 10 000 Bekleidungs- und Schuh-Hersteller und 14 000 chemische Rohstoffproduzenten; 4000 stellen pharmazeutische Produkte her, 13 000 general purpose machinery, 10 000 Elektro- und 7000 Spezialmaschinen, 8000 Transportausrüstung oder 2500 Messinstrumente.
Womit die immer lauter klagenden ausländischen Hersteller es in China zu tun haben, ist also nicht ein leeres industrielles Feld, auf dem bankrotte Staatsfirmen ihre leichte Beute werden, wenn China erst einmal WTO-Mitglied ist und national treatment für die Ausländer gilt. Was hier auf die Investoren wartet, ist eine komplette, sich über das gesamte Land erstreckende Industriestruktur: in jedem Stadtteil ein Waschmittelhersteller, in jeder Provinz mehrere Autoproduzenten – über 100 übrigens.
Dies ist das Ergebnis von 50 Jahren kommunistischer Wirtschaftspolitik. Die wollte ja das Reich des Überflusses schaffen. Das war schwierig unter den Bedingungen des 30-jährigen Boykotts, erst durch den Westen, später auch durch das Sowjetreich. So lenkte die Partei seit dem ersten Fünfjahresplan 1953 die vorhandenen Ressourcen in den Aufbau eines autarken industriellen Systems – und hatte Erfolg damit: Was immer die ausländischen Hasen heute ins Land bringen – ob Autos oder den Transrapid: der chinesische Igel ist bereits da.
Nicht so schick, nicht so gut, nicht so top. Aber die Basis-Technik ist bekannt. Und jeder der 7129 Spezialmaschinen-Hersteller beschäftigt viele Ingenieure, die gut genug sind, den Westwaren nicht nur sofort anzusehen, wo sie besser und pfiffiger sind als die eigenen Produkte. Sie wissen auch, was man tun muss, um den Abstand zu verringern. Und sie haben den unbändigen Ehrgeiz, zu den Barbaren aufzuschließen, sie eines Tages sogar zu überholen. Es gibt kein Kopier-Gen, aber einen fruchtbaren industriellen Boden.
Es gibt kein Kopier-Gen, aber einen fruchtbaren industriellen Boden
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