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Die alten Kienzle-Schreiber haben endlich ausgedient

Schlosshersteller BKS räumt Störungen in der Fertigung aus
Die alten Kienzle-Schreiber haben endlich ausgedient

Vor einem Jahr installierte die BKS GmbH in Velbert eine MDE-Lösung von Coscom. Seither verfügt der bekannte Hersteller von Schlössern und Beschlägen über detaillierte Maschinendaten und kann Störungen in der Fertigung auf den Grund gehen.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger – uwe.boettger@konradin.de

Am Ortsrand von Velbert ist eine Art Gedenkstein in die Erde eingelassen. Darauf steht: „Stadt der Schlösser und Beschläge“. Der Tourist wundert sich: Mit Schlössern hat er in dieser Gegend eigentlich nicht gerechnet, jedenfalls stand davon kein Wort im Reiseführer. Und was sind Beschläge?
Das ganze wird klarer, wenn man weiß, dass in Velbert die Firma BKS zuhause ist. BKS kennt jeder, obwohl das Unternehmen schon seit Jahrzehnten keine Endkundenwerbung mehr betreibt. Die letzten Reklame-Schildchen hingen hinter den Sitzen der deutschen Reichsbahn. Trotzdem gehört es fast zur Allgemeinbildung: Die BKS GmbH stellt Schlösser her. Darüber hinaus Schließzylinder, Türschließer – und eben auch Beschläge.
Von außen macht das Produktionsgelände in Velbert nicht gerade den modernsten Eindruck. Das hängt damit zusammen, dass BKS bis Anfang der 80er Jahre ein amerikanisches Unternehmen war. Deswegen wurde das Firmengelände im zweiten Weltkrieg verschont. Was damals stehen blieb, steht heute noch. „Teilweise sind unsere Gebäude sehr alt und renovierungsbedürftig“, bedauert Produktionsleiter Hans Wagner.
Doch hinter der tristen Fassade befindet sich Produktionstechnik vom Feinsten. Nicht weniger als 8000 Schließzylinder werden hier täglich gefertigt. Die Produkte entstehen auf Rundtaktmaschinen, die für große Stückzahlen ausgelegt sind. Wagner: „Diese Anlagen sind speziell für unsere Geometrien konzipiert. Hier wird das Produkt komplett gefertigt – mit Ausnahme der galvanischen Oberflächenbehandlung.“
BKS verfügt über einen umfangreichen Maschinenpark, der im Normalfall voll ausgelastet ist. So ist es umso verwunderlicher, dass das Unternehmen erst seit einem knappen Jahr mit einer zeitgemäßen Maschinendatenerfassung der Coscom GmbH aus Ebersberg ausgerüstet ist. Fertigungsplaner Jürgen Krüger beschreibt den Zustand, wie er bis Dezember 2000 herrschte: „Vor Coscom hatten wir Kienzle-Schreiber an unseren Anlagen. Da steckten wir eine Karte mit dem aktuellen Datum hinein. Dann zeichnete der Schreiber auf, wann die Maschine lief.“
So verfügte BKS zwar über einen Haufen Informationen in Form von Liniendiagrammen, doch die Daten waren im Grunde wertlos. Die Auswertung der Schreiber war mühevolle Kleinarbeit. Jede Karte musste von Hand in den Rechner eingegeben werden. Nicht selten waren Mitarbeiter von Krüger ein oder zwei Wochen am Stück mit derartigen Aufgaben beschäftigt.
Trotz dieser Schwierigkeiten gingen die Velberter das Problem nicht direkt an, sondern lösten es über einen Umweg. Vor vier Jahren wurde bei BKS ein CAD-System eingeführt. Seither hat der Betrieb sämtliche Zeichnungen im Rechner. Was aber bis vor einem Jahr neben einer BDE/MDE-Lösung ebenfalls fehlte war ein NC-Programmiersystem. Bis dato wurden die Programme mit Hilfe eines Editors erstellt. Burkhard Behnke, technischer Leiter der Zylinderfertigung, sah hier ein Verbesserungspotenzial: „Wir wollten in Zukunft mit Hilfe unserer CAD-Daten die NC-Programme erstellen und machten uns auf die Suche nach einem Anbieter.“ So kam während der Werkzeugmaschinenmesse Metav in Düsseldorf der Kontakt zu Coscom zustande. „Das Unternehmen präsentierte uns die gesamte Produktpalette“, erinnert sich Behnke. „Unter anderem auch die Module für die Betriebs- und Maschinendatenerfassung.“
Eigentlich bestand der Bedarf für eine MDE schon lange. Behnke und Krüger wußten im Grunde gar nicht, wie es um die Auslastung der Maschinen bestellt war. Im Prinzip gab es neben den Kienzle-Schreibern nur noch handschriftliche Notizen der Meister, die sich hin und wieder notierten, welche Stückzahlen sie in welcher Periode gemacht hatten. Behnke: „Da hat man hier einiges verschlafen, doch in den letzten zwei Jahren haben wir kräftig aufgeholt.“
Installiert wurde eine BDE/MDE-Standardlösung, die sich Schritt für Schritt an die Bedürfnisse von BKS anpassen lässt. Das System wurde in das bereits bestehende Computer-Netzwerk integriert. In der Fertigung stehen derzeit zwei Industrie-PC für die Eingabe von Daten. Im Bürobereich können sechs Mitarbeiter auf das Coscom-System zugreifen. Krüger: „Wir haben mit einer kleinen Geschichte für die Werker angefangen. Erfahrungsgemäß haben manche Mitarbeiter auch Angst vor der neuen Technik.“ Zu Beginn hatten die Velberter lediglich einen Störgrund. Seit Oktober wird das System sukzessive ausgebaut. Auf diese Weise wird detailliert sichtbar, was an den Maschinen passiert. Personenbezogene Auswertungen interessieren die BKS-Mitarbeiter im Moment nicht. Ziel ist es, bei den Anlagen zu einer vernünftigen Auslastung zu kommen. Und wenn es einmal klemmt, soll in Zukunft die Möglichkeit bestehen, die Ursache schnell zu finden, einzugreifen und den Fehler abzustellen.
Die Einführung des BDE/MDE-Systems lief glatt, die Programme funktionierten vom ersten Tag an ohne Zwischenfälle. Die geplanten Änderungen und Anpassungen will BKS mit Coscom am Telefon oder per E-Mail angehen. Mit dieser Vorgehensweise zäumten die Velberter sozusagen das Pferd von hinten auf. Es gab zu Anfang kein dickes Pflichtenheft, das vom Systemanbieter umzusetzen ist. BKS zog es vor, mit einer allgemeinen Lösung zu starten und diese schrittweise zu erweitern – je nach Bedarf. Coscom-Mitarbeiter Horst Wirtz: „Das hat bei uns Schule gemacht. Wenn es uns sinnvoll erscheint, schlagen wir diesen Weg auch bei anderen Kunden vor – mit der Erfahrung, dass es hier funktioniert hat.“ Auch Burkhard Behnke hält die Vorgehensweise für sinnvoll: „Die MDE war für uns Neuland. Es hätte keinen Sinn gemacht, alles vor einem Jahr festzuschreiben. Wir waren uns damals noch nicht sicher, was wir am Ende alles nutzen würden.“
In Zukunft will Behnke auf jeden Fall den Nutzungsgrad der Maschinen im Auge behalten: „Und wir werden Auswertungen fahren um zu sehen, wo der Hund begraben ist.“ In der nächsten Zeit sind maximal sieben Störgründe geplant. Hierzu zählen Maschinenstillstand, kein Bediener, kein Material, kein NC-Programm, kein Auftrag und Werkzeugbruch. „Wenn ich weiß, dass die Maschinen zu 75 Prozent ausgelastet sind, dann interessieren mich auch die verbleibenden 25 Prozent“, fasst Behnke zusammen. „Ich will wissen, was da genau passiert ist. Nur so lassen sich Fehler schnell abstellen.“
Jürgen Krüger kann noch nicht abschätzen, ob sich mit der neuen MDE-Lösung Wettbewerbsvorteile erzielen lassen: „Was wir hier jetzt haben, ist eigentlich Standard. Wir hatten einen enormen Nachholbedarf und mussten erst einmal nachziehen. Die neue Technik an sich ist bereits ein großer Fortschritt für uns. Darüber hinaus hoffen wir auf zusätzliche Vorteile für unser Geschäft.“
Der Anwender
Die BKS GmbH in Velbert ist seit fast 100 Jahren ein Inbegriff für Sicherheit. Seit der Gründung im Jahr 1903 hat sich die Firma Boge & Kasten in Solingen – kurz BKS – zur Qualitätsmarke für hochwertige Produkte im Türenbau entwickelt. Heute produziert BKS in modern ausgestatteten Hallen auf insgesamt 55000 m2 Fertigungsfläche.
Zu den Produkten zählen Zylinderschlösser, Schließzylinder, Einsteckschlösser, Schließanlagen sowie Objekt- und Fluchttürbeschläge. Im letzten Geschäftsjahr konnte BKS mit 520 Mitarbeitern 130 Mio. DM umsetzen.
Das Produkt
Bei der BKS GmbH kommt das Fertigungs-Informations-System „Shopfloor-Management-System“ der Coscom GmbH aus Ebersberg zum Einsatz. Das umfangreiche Software-Paket läuft unter dem Betriebssystem Windows NT. Alle Hardware-Komponenten sind mit einem Standard-Ethernet-Netz verbunden. Zum Shopfloor-Management gehören
– ein Modul für die Betriebs- und Maschinendaten-Erfassung mit Auftragsverfolgung und Analyse,
– ein DNC-System,
– ein CAD/CAM-System für die Technologien Drehen, Fräsen und Bohren,
– mehere Industrie-PC, die als Erfassungsstationen für Betriebs- und Maschinendaten dienen.
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