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Gut für Image und Ertrag

Soziales Engagement: mehr strategisch verankern
Gut für Image und Ertrag

Ist das nur ein modisches Schlagwort für traditionell mittelständische Tugenden – oder ist Corporate Social Responsibility (CSR) ein brandneues Managementkonzept? Wer Gutes tut und darüber redet, kann eine Win-Win-Situation für die Gesellschaft und sein Unternehmen schaffen.

Dass in Stuttgart so mancher denkmalgeschützte Brunnen plätschert, ist Peter H. Haller und Herbert O. Rau zu verdanken. Genauer gesagt: der von ihnen ins Leben gerufenen Stiftung „Stuttgarter Brünnele“.

Soziales Engagement ist den beiden Geschäftsführern der Bornemann + Haller KG/ Herbert O. Rau KG kein Fremdwort. „Jeder, der das Zeug dazu hat, sollte im Laufe seines Lebens eine Strecke lang uneigennützig für die Allgemeinheit tätig sein“, sagt Peter H. Haller. Und das ist viel mehr als nur ein Lippenbekenntnis. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer seiner mittelständischen Handelsvertretung, die Formteile für die Zulieferindustrie vertreibt, ist Haller Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Handelsvertreter CDH und war viele Jahre lang Handelsrichter am Landgericht Stuttgart.
Er unterstützt auch heute noch viele soziale Projekte .Nach seinem Engagement gefragt, sagt Haller: „Was ich davon habe? Keine wirtschaftlichen oder persönlichen Vorteile. Warum ich es tue? Weil ich mich dazu verpflichtet fühle.“ Profitiert denn nun wenigstens sein Unternehmen vom Ruf des Inhabers? Bekommt es bessere Bewerber, hat es sich dadurch als Marke etabliert, erwirbt es sich Vorteile im Wettbewerb?
„Nein, das ist auch nicht der Zweck, den wir verfolgen“, versichert Haller. „Wir fühlen uns als Mittelständler, die hier schon seit zwei Generationen ansässig sind, der Region und den Menschen verpflichtet und wollen für das kulturelle Erbe unserer Heimat Mitverantwortung tragen.“
Ist das nun Mäzenatentum, eine besondere Form der Werbung oder die in den letzten Jahren so viel diskutierte Corporate Social Responsibility (CSR) ? „Es ist eine durchaus mittelständische Tradition, sich dort zu engagieren, wo man es selbst für sinnvoll hält“, sagt Unternehmer Haller. „Zwar können wir als kleine Mittelständler nicht aus dem Vollen schöpfen. Aber wir schränken uns ein, um Gutes zu tun, wo andere sich vielleicht Luxus leisten.“
Was genau bedeuten eigentlich die drei Buchstaben CSR? „Es ist ein Konzept unternehmerischer Verantwortung, das die Idee der Nachhaltigkeit aufnimmt und die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales mit konkretem unternehmerischem Handeln verbindet“, heißt es bei dem Internetportal CSR Germany, einer Seite, die von der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) getragen wird.
„Zeitgeistig“ nennt es Stefan Mannes, Managing Director der Firma Kakoii. Die Berliner Agentur bietet Firmen Beratung speziell zum Thema CSR an. Und Mannes weiß: „Ja, das regionale Engagement steht bei vielen Mittelständlern hoch im Kurs. Wichtig dabei ist nur, dass es Teil einer Strategie oder Ausdruck der eigenen Firmenphilosophie, also glaubhaft ist.“ Anders als bei Großunternehmen, die sehr häufig zunächst auf die breite öffentliche Wirkung bedacht seien, „ist es bei Mittelständlern so, dass die persönliche Motivation des Einzelnen, meist des Geschäftsführers, ausschlaggebend ist.“ Gleichwohl könne dieses Engagement dem Unternehmen zugute kommen, ist Stefan Mannes überzeugt. Weg nur von der rein persönlichen Motivation, hin zu mehr Strategie – dahin will er gerade Mittelständler beim Thema CSR bewegen. „Aber leider wird es noch zu wenig als Instrument erkannt und folgt oft genug noch dem Gießkannenprinzip.“
Mit Workshops und Coaching will die Agentur hier Aufklärung leisten, denn: „Das Thema CSR ist in den vergangen Jahren immer wichtiger geworden und wird von Großunternehmen auch so behandelt, wie andere Managementfragen auch. Da ist es normal, Gutes zu tun und darüber zu reden.“
Über das, was er tut, auch zu sprechen, damit hat Martin Görlitz keine Probleme. „Mit einem kleinen Mittelstandsunternehmen fehlt mir sicher die wirtschaftliche Kraft, als reiner Mäzen im Hintergrund mein Understatement zu pflegen.“ Ihm geht es um den sinnvollen Umgang mit Energie und Umweltressourcen, und „da kann man überhaupt nicht genug darüber reden. Das geht jeden an und ist weit von einer Selbstdarstellung entfernt.“
Dipl.-Ing. Martin Görlitz ist Gründer und Inhaber der Koblenzer Görlitz AG, Hersteller von Zählerfernablese- und Metering-Systemen für Energieversorgungs- und Industrieunternehmen. Für ihn ist „selbstverständlich“ das Thema Energie auch bei seinen sozialen Aktivitäten bestimmend. So gründete Görlitz 1995 eine Stiftung, die „EUS Stiftung für Energie, Umwelt und Soziales“. Sie fördert Projekte im Bereich rationeller und zeitgemäßer Energieerzeugung und -nutzung, Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher Technologien und der Bildung mit Schwerpunkt Energie- und Umweltfragen.
Besonders stolz ist Martin Görlitz auf zwei Projekte: In Guatemala wurde von freiwilligen Helfern die größte Sonnenkollektoranlage des Landes gebaut, die jetzt 300 Kinder eines Waisenheims mit warmem Wasser versorgt. Und der Solarboot-Cup Rheinland-Pfalz sorgt jedes Jahr wieder landesweit für gemeinsame Experimente von Schülern und Lehrern. Das sieht Görlitz als großen Erfolg: „Ich freue mich, in der Branche viele offene Ohren zu finden, wenn es um Energiethemen in der Jugendarbeit geht, denn wir hinterlassen den nächsten Generationen eine Welt mit vielen Problemen.“
Wie betrachtet Görlitz denn nun sein Engagement? „Corporate Social Responsibility scheint sich, garstig gesprochen, in die niemals endende Reihe der Management-Trends einzufügen“, kommentiert er. „Gestern Shareholder Value, heute CSR. Für mich geht es um etwas völlig Anderes, nämlich um die gute alte Wirtschaftsethik dessen, der Verantwortung für Kapital und Mitarbeiter trägt.“
Sollten Mittelständler CSR betreiben? Oder ist das nicht doch etwas für Großunternehmen, die es sich leisten können? „Diese Frage würde wahrscheinlich eine Marketingabteilung stellen“, so Görlitz. „Ich sehe sie genau anders herum. Mittelständler haben aufgrund ihrer Nähe zu Prozessen im Unternehmen eine direktere Ethik. CSR ist die Verpackung, um ein Stück Ethik und Engagement als Marketing-Instrument zu nutzen.“
Gabriele Müller Journalistin in Wuppertal
Tu Gutes und rede (nicht) darüber?

Mittelstandsbefragung zum Thema CSR
Bundesweit haben sich 145 mittelständische Unternehmen an einer Befragung zum Thema CSR beteiligt, die das Projekt „Zukunft Mittelstand – Erfolgsfaktor gesellschaftliches Engagement/Corporate Social Responsibility“ durchgeführt hat. Einige Ergebnisse in Kürze:
  • 70 % der Teilnehmer sehen ihre Mitarbeiter als die wichtigsten Stakeholder an, die CSR-Ansprüche an das Unternehmen stellen. Für Mitarbeiter werden am häufigsten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (86 %) angeboten, dicht gefolgt von der flexiblen Arbeitszeitgestaltung (83 %).
  • Über die Hälfte aller Befragten (76 %) geben an, Maßnahmen zur Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauches und ein Recyclingmanagement getroffen zu haben (64 %). Rund 55 % führen eine ökologische Bewertung für Investitions- und Anschaffungsentscheidungen durch. Für die Zukunft wird am häufigsten der Einsatz von regenerativen Energiequellen (15 %) geplant, und die Senkung des Ressourcenverbrauchs (10 %).
  • Gesellschaftlich engagieren sich die Unternehmen am häufigsten in sozialen Einrichtungen (71 %) und Bildungsinitiativen (69 %). Mehr als die Hälfte unterstützt auch Kultur- und Arbeitsmarktinitiativen sowie Sportvereine.
Die Ergebnisse sind veröffentlicht unter www.csr-mittelstand.de
Weitere Informationen:
www.verantwortliche-unternehmens führung.de

Glossar
Corporate Social Responsibility (CSR): Übersetzt werden kann CSR auch mit „Verantwortliche Unternehmensführung“. Es bezeichnet die soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung von Unternehmen in allen Bereichen ihrer Tätigkeit: von der eigentlichen Wertschöpfung bis zu den Beziehungen mit Mitarbeitern, Zulieferern und dem Gemeinwesen.
Corporate Citizenship (CC) wird in Deutschland als „Bürgerschaftliches Engagement“ übersetzt. CC meint die Bündelung des Engagements eines Unternehmens im Gemeinwesen. Innerhalb des übergreifenden CSR-Konzepts ist CC mit dem Handlungsfeld „Gemeinwesen“ gleichzusetzen.
Stakeholder eines Unternehmens sind alle Personen und Gruppen, die von der Geschäftstätigkeit der Firma betroffen sind, etwa Kapitalgeber, Kunden, Mitarbeiter, kooperierende Unternehmen und Medien.

marktchancen
Im Mittelstand hat der Mehrwert des Guten Tradition. Anders Konzerne: Sie behandeln das Thema wie andere Managementfragen auch. Gutes zu tun und darüber zu reden, hat dort Methode. An vielen Beispielen zeigt sich, dass soziales Engagement dazu dienen kann, die eigenen Ziele besser zu erreichen und die Firma zu stärken.

„Kein Schönwetterinstrument, sondern strategisches Tool“

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nachgefragt

Es gibt viele verschiedene Definitionen von CSR. Wie verstehen Sie es?
Corporate Social Responsibility ist ein Konzept, das auf freiwilliger Basis soziale und ökologische Belange in die Unternehmenstätigkeit und in die Beziehungen mit Partnern wie Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern, also Stakeholdern, integriert.
Ihr Projekt, das von der Gilde Wirtschaftsförderung der Stadt Detmold durchgeführt wird, versucht Mittelständler für das Thema CSR zu interessieren. Wie geht das?
Durch Best-Practice-Beispiele kleiner und mittlerer Unternehmen, die dieses Konzept bereits erfolgreich eingeführt haben, zeigen wir auf, wo der Nutzen liegt. Wir bieten kostenfrei Einzelberatungen und deutschlandweite Workshops an. Darin zeigen wir, dass CSR ein Managementkonzept ist, das dazu dient, die eigenen Ziele besser zu erreichen und das Unternehmen zu stärken. Und so verstanden, ist es eben kein Schönwetterinstrument, sondern ein strategisches Werkzeug, das zu einer Win-Win-Situation für die Gesellschaft und die Unternehmen führen soll.
Was sind denn die klassischen Felder, in denen sich Firmen engagieren?
Viele Firmen haben sich dem Umwelt-, Natur- oder Klimaschutz verschrieben. Weitere Themen sind mitarbeiterfreundliche Arbeitsbedingungen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gesundheitsförderung oder Aus- und Weiterbildung. Natürlich ist auch das regionale Engagement ein wichtiger Bereich.
Sie haben im Auftrag der Gilde Wirtschaftsförderung der Stadt Detmold, die dieses Projekt ja begleitet, eine bundesweite Befragung zum Thema CSR bei Mittelständlern durchgeführt. Was waren für Sie die wichtigsten Ergebnisse?
Interessant war, dass 67 Prozent der Unternehmen der Meinung sind, dass CSR in ihrem Unternehmen wichtig ist. Ebenfalls zwei Drittel geben an, dass das Thema mittel- bis langfristig von noch größerer Bedeutung für den Mittelstand sein wird.
Gabriele Müller
Das Projekt „Zukunft Mittelstand – Erfolgsfaktor gesellschaftliches Engagement/Corporate Social Responsibility“ wird von der EU gefördert
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