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Immer im Gespräch bleiben

eCRM: Webgestütztes Kundenbeziehungsmanagement in der Einzelfertigung
Immer im Gespräch bleiben

Maschinen- und Anlagenbauer lassen die Potenziale des Internets weitgehend ungenutzt. Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen hat damit begonnen, über seinen Webauftritt mit dem Zielmarkt zu kommunizieren. Dass sich ein Umdenken lohnt, zeigt eine aktuelle Studie der Hochschule Fresenius und des Technikums Wien.

Nach dem Angebot nun auch die Nachfrage – als wäre die starke Zunahme des internationalen Wettbewerbs nicht schon Aufgabe genug, muss sich der Maschinen- und Anlagenbau inzwischen auch seinen Kunden gegenüber neu aufstellen. Noch vor wenigen Jahren reichte es für die Hidden Champions der Fertigungsindustrie aus, als findungsreiche Ingenieure wahrgenommen zu werden, die für jede auch noch so eigene Spezifikation das passende Produkt zu fertigen verstehen. Doch mehr und mehr Anlagenbetreiber suchen nach Anbietern, die ihnen nicht nur erstklassige Investitionsgüter liefern, sondern sich darüber hinaus auch in ihre Wertschöpfung hineindenken können. Gefragt ist ein anhaltender Ideenaustausch, in dessen Rahmen der Ausrüster seinen Kunden kontinuierlich Anstöße zur Optimierung der Wertschöpfungsprozesse gibt. Da Einzelfertiger in der Regel mittelständisch geprägte Unternehmen sind, übersteigen die wachsenden CRM-Aufgaben jedoch rasch ihre Ressourcen. Zumal sich der Kreis der Kunden und Interessenten zunehmend internationalisiert. Um dennoch Anschluss zu halten, bietet das webgestützte Kundenbeziehungsmanagement eine effiziente Infrastruktur, auf der Anbieter im Gespräch bleiben, ohne von den Personal- und Reisekosten aufgefressen zu werden.

Noch lässt die Mehrzahl der deutschsprachigen Maschinen- und Anlagenbauer das Potenzial des Internets weitgehend ungenutzt. Weniger als 20 % der Unternehmen haben damit begonnen, ihre Websites in das betriebliche Kundenbeziehungsmanagement zu integrieren. Dem gegenüber setzen zwei von drei Unternehmen ihre Internet-Präsenz lediglich als digitale Visitenkarte ein. Eine zielgruppengerechte Aufbereitung der in der Regel erheblich zu produktlastigen Inhalte findet kaum statt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine vom Institut für Einzelfertiger initiierte Studie aus 2010 und 2011, in der die Hochschule Fresenius Köln gemeinsam mit dem Technikum Wien die Internetseiten von 129 ausgewählten Anbietern auf ihre eCRM-Tauglichkeit hin untersucht hatte.
Erhebliche Defizite verzeichneten die Studienmacher auch bei den Kommunikationsangeboten der Websites. Dialoginstrumente wie zum Beispiel Webinare oder Experten-Chats sind nicht einmal auf jeder zehnten Seite zu finden. Dies ist umso erstaunlicher, da es sowohl praxisbewährte Vorgehensweisen als auch erprobte Werkzeuge gibt, mit denen Maschinen- und Anlagenbauer ihre Webkommunikation erfolgreich in das Kundenbeziehungsmanagement einbetten können.
Bei der Auswahl geeigneter Lösungen ist Augenmaß geboten. Das Web 2.0 mit der ganzen Bandbreite seiner Möglichkeiten in Stellung zu bringen, ist weder finanzierbar noch zielführend. Eine eCRM-Funktion ist erst dann sinnvoll, wenn sie vor dem Hintergrund des bestehenden Geschäftsprozesses den Kundennutzen signifikant zu erhöhen vermag. Um die Internet-Präsenz an den Kundenprozessen auszurichten, ist es hilfreich, für jede Lebenszyklusphase einen entsprechenden Kundennutzen zu liefern. Da die einzelnen Phasen unterschiedliche Protagonisten haben, ist es ratsam, die jeweiligen Zielpersonen ihrem Rollenverständnis gemäß anzusprechen. Auch an diesem Punkt deckt die Studie erhebliche Verbesserungspotenziale auf, da sich derzeit nicht einmal jeder sechste Webauftritt an den Bedürfnislagen der unterschiedlichen Zielgruppen orientiert. Demgegenüber erhalten auf 58 % der Websites alle Besucher stets dieselben Inhalte – ganz gleich, ob sie den Bereichen Geschäftsführung, Partnermanagement, Vertrieb, Produktentwicklung, Einkauf, Produktion, Logistik oder Service angehören.
Welchen Mehrwert es bringt, seine eCRM-Angebote auf die Anforderungen der einzelnen Zielgruppen und Zyklusphasen hin zuzuschneiden, zeigt die Begleitung von Investitionsentscheidungen. Es empfiehlt es sich zwischen Anregungs-, Orientierungs- und Entschlussphase zu differenzieren. Die daran anschließende Nachentschlussphase bezieht sich auf die Nutzung der Investitionsgüter und umfasst – nach einer Investitionspause – auch die Wiederbeschaffung.
Bereits in der Anregungsphase kommt dem eCRM eine herausragende Rolle zu. Hier müssen die Investitionsgüterproduzenten Impulse in den Markt geben, die potenzielle Kunden dazu veranlassen, sich trotz aller Inanspruchnahmen durch das Tagesgeschäft wieder intensiver mit der Organisation ihrer Wertschöpfung zu beschäftigen. Es gilt ins Gespräch zu kommen. Erfolg verspricht ein Vorgehen, das den Interessenten bei aktuellen Marktproblemen abholt, so zum Beispiel bei den Themen Fachkräftemangel, Rohstoffverknappung, Energieeffizienz oder Einhaltung verschärfter Regulierungen. Statt nur das eigene Portfolio darzustellen, geht es darum, in geschickter Weise Fragen zu stellen oder auch Beiträge, sogenannten Content, zu liefern, die relevanten Gesprächsstoff bieten. Ohne produktspezifisch zu werden, sollte der Input Lösungsszenarien beinhalten, die mit dem Portfolio des Einzelfertigers korrespondieren. Mit einer entsprechend abgestimmten Strategie ergeben sich aus der Anregungsphase Steilvorlagen für die anschließende Orientierungs- und Suchphase. In der Orientierungs- und Suchphase gilt es die Interessenten schrittweise zu den passenden Angeboten zu führen. Auf der eigenen Webseite kann dies zum Beispiel durch Filterfragen oder Konfiguratoren geschehen. Je kundenspezifischer entwickelt und gefertigt wird, desto schneller geht die Orientierung in eine unmittelbare Eins-zu-Eins-Kommunikation über. Daher muss es den Besuchern einer Website möglich sein, schnell und barrierefrei in einen persönlichen Austausch mit den für sie geeigneten Experten des Maschinen- und Anlagenbauers zu wechseln. Ein Feld, das vielerorts noch nicht bestellt ist: So fand die Studie der beiden Hochschulen heraus, dass lediglich jede dritte Website einen zielgruppenspezifischen Pool an Ansprechpartnern bietet. In der Hälfte aller Fälle müssen sich die Interessenten mit einer einzigen Anlaufstation begnügen.
In der Entschlussphase beschränkt sich der Einsatz von eCRM auf das Ersatz- und Verschleißteilgeschäft. Vor allem bei international verteilten Kundenstämmen bietet es sich an, wenn Anlagenbetreiber die benötigten Teile über leicht zu bedienende eShops bestellen können. Diese lassen sich in passwortgeschützte Serviceportale einbetten, mit denen das eCRM in der Nachentschlussphase wieder stark an Bedeutung gewinnt. Serviceportale bieten eine zentrale Anlaufstation für das anschließende Wartungs- und Reparaturgeschäft. Da sie die Nutzungszyklen mit zeichnen, bieten die Portale eine wichtige Informationsquelle, um Gelegenheiten zu Folgeaufträgen und Querverkäufen (Cross-Selling) aufzudecken und eine neuerliche Anregungsphase zu initiieren. Dank dieses Wissensgewinns lassen sich die Kundenbeziehungen kreislaufartig vertiefen.
Damit das webgestützte Kundenbeziehungsmanagement den angestrebten Nutzen erzielen kann, gilt es die Kundenabläufe mit den Unternehmensprozessen zu synchronisieren. Die für die Kundenansprache, -gewinnung und -bindung relevanten Informationen und Aktionen sind so zu koordinieren, dass keine Reibungsverluste im Unternehmen entstehen. Ein prozessorientiertes eCRM-Portal kann hierbei als Drehscheibe für die Informationslogistik dienen und eine Vielzahl von Workflows unterstützen. Dies setzt ein Intranet für die interne Kommunikation und ein Extranet für die Kommunikation mit den Geschäftspartnern voraus. Hierbei ist zu beachten, dass optimale Kundenprozesse das Zusammenspiel aller Kontaktkanäle erfordern, wozu eCRM-Portale einen wertvollen Beitrag leisten. Gerade in der Investitionsgüterindustrie konzentriert sich dieser Beitrag aber stark auf die Anregungs- und die Nachentschlussphase. Um auch die Anforderungen der Entschlussphase, in der es auf das persönliche Gespräch ankommt, mit abzubilden, sind die entsprechenden On- und Offline-Kanäle eng aufeinander abzustimmen. Erst dann können Einzelfertiger einen n Kundendialog etablieren, über den sie die Informationsbedürfnisse ihrer Zielmärkte erfüllen.
Prof. Frank Lasogga, Institut für Einzelfertiger, Kaarst / Hochschule Fresenius, Köln
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