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„Keine Scheu vor Instituten!“

WZL-Direktoren Prof. Klocke und Prof. Brecher: Mittelstand kann viel von Forschern profitieren
„Keine Scheu vor Instituten!“

Gerade auch kleineren Betrieben bieten Institute viel Know-how, wenn es darum geht, innovative Produkte effizient zu fertigen, sagen Prof. Christian Brecher (links) und Prof. Fritz Klocke. Die Direktoren des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) der RWTH Aachen und des Fraunhofer IPT, Aachen, fordern den Mittelstand auf, diese Potenziale vermehrt zu nutzen.

Herr Prof. Klocke, macht es auch für kleinere Unternehmen Sinn, in Sachen Fertigungstechnik bei Forschungsinstituten Hilfe zu suchen?

Klocke: Ganz sicher. Wer auch zukünftig am Markt erfolgreich sein will, braucht innovative Produkte mit eindeutigen Alleinstellungsmerkmalen. Diese eigenständig zu entwickeln, kann gerade für kleine Betriebe schwierig und wenig effizient sein. Werden neue Technologien benötigt, scheitern gute Ideen mitunter schon im Ansatz am fehlenden Know-how. In solchen Fällen kann man nur raten: Kauft Euch die benötigten Kapazitäten bedarfsgerecht zu. Am WZL haben wir alle Fertigungstechnologien im Haus. Wir können in kürzester Zeit zeigen, was mit einem Verfahren geht und was nicht. Schade nur, dass es gerade bei vielen kleineren Unternehmen noch große Hemmungen zu geben scheint, uns anzusprechen.
Woher kommen diese Hemmungen?
Brecher: Ich habe den Eindruck, viele gestandene Praktiker trauen Hochschulinstituten nicht zu, mit ihren Problemen alltagsgerecht umzugehen. Dass sie genau das können, beweisen unsere Mitarbeiter jedoch täglich in den verschiedensten Industrieprojekten, die sie betreuen…
Klocke: …und rund 70 Prozent dieser Projekte gehen vom Mittelstand aus.
Brecher: Wir beobachten immer wieder: Während große Unternehmen und Konzerne uns verstärkt wegen Managementthemen kontaktieren, geht´s bei mittelständischen Kunden vorwiegend um fertigungstechnologische Fragestellungen.
Resultiert ein Teil der Zurückhaltung aus der Angst vor einem Know-how-Verlust?
Klocke: Das ist möglich, aber unbegründet. Unser Ziel ist, den Kunden mit den neuesten Technologien vertraut zu machen, damit er seine Fertigungsaufgaben hochwertiger, effizienter und kostengünstiger erledigen kann. Um das zu erreichen, sind die Mitarbeiter des Kunden ständig in das Projekt eingebunden. Dadurch entsteht ein direkter Know-how-Transfer von uns zum Unternehmen. Natürlich ist ein Vertrauensverhältnis zwischen uns und dem Auftraggeber wichtig. Das entwickelt sich aber recht schnell.
Brecher: Wo´s um spezifisches Know-how geht, geben entsprechende Vereinbarungen und Geheimhaltungsverträge dem Kunden die Sicherheit, dass sein Wissen nicht bei einem Wettbewerber landet. Andererseits sollte die Forschung für den deutschen Mittelstand ohnehin ein gemeinsames Anliegen sein. Gerade die kleineren Betriebe könnten von Kooperationen erheblich profitieren.
Wie laufen solche Kooperationen oder Projekte ab?
Brecher: Wenn der Kunde zu uns kommt, diskutieren wir sein Problem offen. Anschließend erstellen wir ein Angebot, und wenn unser Lösungsansatz überzeugt, kommt es zum Vertragsabschluss. Je nach Bedarf holen wir weitere Partner ins Boot und erstellen einen Arbeitsplan, den die beteiligten Unternehmen mit gestalten. Weil solche Projekte fast immer mit Geheimhaltungsvereinbarungen verbunden sind, ist es schwierig, das anhand konkreter Fälle zu erläutern. Nur ein Beispiel: Ein Automobilzulieferer hatte das Problem, dass die Kühlschmierstoffe in seinen Bearbeitungszentren nicht mehr den Umweltrichtlinien entsprachen. Gemeinsam mit Fuchs Schmierstoffe und uns machte sich das Unternehmen an die Arbeit. Nach einem Jahr war eine umweltfreundliche Lösung gefunden, die sogar bessere Bearbeitungsergebnisse lieferte. Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Projekts ist, dass alle Beteiligten interessiert sind und intensiv mitarbeiten.
Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, das an einer Kooperation interessiert ist?
Klocke: Die Bereitschaft, offen über ein Problem zu reden und gemeinsam mit anderen nach einer Lösung zu suchen. Sonst nichts.
Kann es sich ein kleineres Unternehmen überhaupt leisten, an solchen Projekten teilzunehmen oder ein Institut zu beauftragen?
Klocke: Ausgehend vom Anspruch, auch zukünftig erfolgreich sein zu wollen, müsste die Frage eher lauten: Kann es sich ein kleineres Unternehmen leisten, das nicht zu tun? Die internationalen Wettbewerber haben zum Teil eine sehr hohe Forschungs- und Innovationskraft. Für ein einzelnes Unternehmen kann es da sehr schwer werden. Über anfallende Kosten kann man keine allgemeine Aussage machen. Die hängen vom einzelnen Fall ab. Nur so viel: Hochschulinstitute dürfen keinen Gewinn machen. Wir arbeiten also zu Selbstkostenkonditionen. Potenziellen Interessenten kann ich nur sagen – sprechen Sie uns an, gemeinsam finden wir eine Lösung.
Wie findet dieser Interessent den richtigen Ansprechpartner an einem so großen Institut wie dem WZL?
Brecher: Natürlich kann man im Internet suchen, welcher Mitarbeiter für den betreffenden Bereich zuständig ist. Wer damit nicht weiterkommt, der kann unsere Vorzimmer anrufen oder eine Mail schicken. Er erhält dann umgehend die gewünschten Kontaktdaten. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes zukünftig auf hohem Niveau zu halten, ist es enorm wichtig, die Möglichkeiten der Institute zu nutzen. Deshalb wollen wir den Zugang leicht machen.
Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit gibt es?
Brecher: Grundsätzlich kann jedes Unternehmen zu uns kommen und unsere Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um ein fertigungstechnisches Problem geht, ums fertigungsgerechte Entwickeln oder um Managementthemen im Fertigungsumfeld. Natürlich unterstützen wir auch Kooperationen mehrerer Unternehmen und vermitteln bei Bedarf die passenden Partner. Eine weitere Möglichkeit für kleinere Unternehmen ist die Mitarbeit in Arbeitskreisen. Schwieriger ist es, an geförderten Forschungsprojekten teilzunehmen. Einfach weil das Projektteam meist bereits steht und die Aufgaben verteilt sind, ehe überhaupt Fördermittel beantragt werden. Wenn das Problemfeld groß genug und von breitem Interesse ist, haben aber auch kleinere Unternehmen die Chance, gemeinsam mit uns oder einem anderen Institut ein solches Projekt anzuschieben. Wir können recht schnell sagen, ob ein Antrag Sinn macht und Aussicht auf Erfolg hat.
Klocke: Interessenten sollten die Teilnahme an einem Projekt oder den Kontakt zu einem Forschungsinstitut jedoch nicht von Fördermitteln abhängig machen. Nach unserer Erfahrung sind oft die Projekte die erfolgreichsten, die keine öffentlichen Gelder brauchen. Die Gründe sind einfach: Alle Beteiligten haben größtes Interesse, schnell zu einem guten Ergebnis zu kommen und es gibt keine Bürokratie, die große Teile der Energie und der Kapazitäten beansprucht.
Wie profitieren die Unternehmen von der Zusammenarbeit mit einem Institut?
Klocke: Natürlich ist der Technologietransfer der wesentliche Aspekt. Ganz wichtig sind aber auch die Kontakte zu den Partnerunternehmen, die vielfach bis weit über das Projektende hinaus bestehen. Und dann stellen wir immer öfter fest, dass Kunden unsere Projektmitarbeiter abwerben. Es ist also auch eine Chance, ohne Risiko junges, hoch qualifiziertes Personal zu rekrutieren.
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