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Lean meint nicht immer schlank

Mit Lean Products in Nischenmärkten erfolgreich
Lean meint nicht immer schlank

Schneller und günstiger muss die F+E-Abteilung heute bessere und neue Produkte finden. Die Methoden des Lean Management sollten deshalb zu einem Lean Innovation Process führen, der aber nicht schlank, sondern vor allem effizient ist.

Von unserem Redaktionsmitglied Michael Corban michael.corban@konradin.de

Gefragt ist zukünftig der Lean Innovation Process, ist sich Prof. Günther Schuh vom Aachener Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen sicher. Die Kernmärkte vieler Unternehmen stagnierten, zu beobachten sei eine Mikrosegmentierung – und hinzu kämen verkürzte Modellzyklen. „Dies alles treibt die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in die Höhe, ihr Anteil an den Produktionskosten steigt kontinuierlich“, so Prof. Schuh anlässlich der 5. Aachener Tagung Komplexitätsmanagement.
Um die gestiegenen Anforderungen an die F+E-Abteilung zu bewältigen, empfehlen die Aachener WZL-Forscher deshalb das Übertragen der Lean-Management-Philosophie auf den Entwicklungsbereich. Mit sieben Sofortmaßnahmen lassen sich laut Schuh Innovationsprozesse und Produkte verschwendungsfreier und damit effizienter machen. Für den Lean Innovation Process bedeutet dies:
  • Eine alternativenorientierte Projektgestaltung, die über eine stufenweise zu reduzierende Redundanz Risiken minimiert.
  • Keine Überstrukturierung, sondern eine eigenverantwortliche Gestaltung, die aber über wenige Key-Milestones für synchrone Prozesse sorgt.
  • Kultur statt Kontrolle, also das Etablieren einer Lern- und Wissenskultur, um so die Potenziale aller Mitarbeiter zu wecken.
Aber auch das Produkt selbst muss lean werden, insbesondere ist ein optimaler Kompromiss zwischen Funktionalität, Kosten und Zeit im Verlauf der Entwicklung zu finden – „in Deutschland wird hier häufig der Ingenieursehre zuliebe die Funktionalität zu stark in den Vordergrund gerückt“, so Prof. Schuh. Lean Products zeichnen sich durch das Folgende aus:
  • Eine treffsichere Erfüllung der Erwartungen des Kunden, die im Zweifel zu übertreffen sind. Stimmen muss der Bruttoinnovationswert.
  • Die Funktionalität wird mit minimalen Kosten realisiert (Nettoinnovationswert).
  • Die Komplexität ist vom Anbieter zu beherrschen.
  • Der Innovationswert muss auch über die Zeit optimiert, quasi die Halbwertszeit der Innovation dadurch verbessert werden.
Gerade bei dem letzten Punkt seien häufig die Softwareentwickler schon viel weiter, erläuterte Prof. Schuh. „Denken Sie in Releases“, forderte er, „die aber im Markt als spürbare Verbesserungen wahrgenommen werden.“
Ein Beispiel aus der Praxis veranschaulichte recht deutlich, wie sich durch Verzicht an der richtigen Stelle mehr Wachstum erzielen lässt. Die Schmitz Cargobull AG aus Altenberge, Herstellerin von Lkw-Aufliegern (Trailern), geriet 1993 in die Krise. „Gebaut wurde fast alles, mit einer hohen Varianz“, berichtete Dipl.-Ing. Thomas Naber, bei Schmitz Cargobull Vorstand für Forschung und Entwicklung. Ein dreistufiges Geschäftssystem machte das Unternehmen aber wieder rentabel. Möglich wurde dies durch
  • modulare Produktstrukturen,
  • eine schnelle Auftragsabwicklung sowie
  • die dezentrale Produktion in einem Netzwerk.
Statt 130 000 Identnummern verwaltet Schmitz Cargobull heute nur noch 39 000, die auftragsbezogene Produktion beginnt statt früher 15 Tagen vor Endmontage nun erst 15 h vorher. Interessant an dem letzten Punkt ist, dass sich so für das Unternehmen die Wettbewerbssituation stark veränderte. „Über die kurze Reaktionszeit machten wir nun auch den Verleihern Konkurrenz“, so Thomas Naber. „Kaufen konnte der Kunde jetzt genauso schnell wie leihen.“
In der Summe konnte Schmitz Cargobull die Variantenvielfalt um 80 % senken. Der Kunde hat heute trotzdem die Wahl zwischen einem vorkonfigurierten Standardtrailer, einer leicht abgewandelten Variante oder seinem Spezialtrailer. Dass dabei häufiger zum Standard gegriffen wird, liegt unter anderem auch an einer ausgeklügelten Vertriebsstrategie, die diese Wahl mit einem Bonus belohnt.
Wachstum durch Verzicht
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