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Mini-Fabrik lässt sich mit wachsenden Losgrößen ausbauen

Lineares Transfer-Bearbeitungssystem Multistep
Mini-Fabrik lässt sich mit wachsenden Losgrößen ausbauen

Bei der Multistep geht’s hin und her statt im Kreisverkehr. Zunächst vom rundgetakteten Wettbewerb belächelt, setzt sich Mikrons lineares Transfer-Bearbeitungssystem immer erfolgreicher am Markt durch: Der clevere Mix aus Output und Vielseitigkeit rechnet sich.

W ann und wo sich der Einsatz der Multistep genau lohnt, kann Dennis Thiesen auf Anhieb sagen: Dort genau, wo Metallteile auf 5 1/2 Seiten fix und fertig gespant werden sollen: „Etwa Einspritzpumpen, Ein- und Auslassventile, Komponenten für Lenkung, Bremsen, Vergaser und Klimaanlagen und auch Armaturen für Gas und Wasser“, setzt der Geschäftsführer Technik der Rottweiler Mikron GmbH hinzu – samt und sonders Teile also, die in mittlerer Serie aufgelegt werden. Deshalb sieht Thiesen bei den zwei bis dreimoduligen Versionen der Multistep auch der Bearbeitung von 250 000 bis 500 000 Stücken pro Jahr nichts Besonderes. Tatsächlich ist die Multistep mit ihrer Span-zu-Span-Zeit von 1 s und fünf schnellen CNC-Achsen ein Produktivitäts-Pusher ersten Ranges. Kernstücke der Transfer-Maschine sind ihre Bearbeitungsmodule: Funktional eigenständige Werkzeugmaschinen mit je zwei Arbeitsspindeln und Scheibenmagazin, über deren Schrägbett Späne leicht aus dem Arbeitsraum rutschen. Diese Funktionsbausteine sind in Linie verbunden und schleusen die zu bearbeitenden Werkstücke nach einem ausgeklügelten System vom ersten bis zum letzten Modul sowie anschließend wieder in die Ladestation zurück. Thiesen erklärt, was währenddessen unter der schicken Verkleidung der Multistep passiert ist: „Je nach Auftrag wurde hier gebohrt, gefräst, gewindet, gerieben oder mit rotierenden Werkzeugen – den so genannten Glocken – und stehendem Teil auch gedreht.“ Diese würden dazu binnen 6 s von einem Doppelgreifer zum nächsten Modul umgesetzt und an die abwechselnd arbeitenden Spindeln gebracht. Über fünf simultan verfahrende CNC-Achsen bearbeitet die Maschine die Werkstücke auf 5 1/2 Seiten. Während die eine Spindel am Werkstück spant, können die Tools an der anderen gewechselt werden. Die Multistep hat dazu je Spindel ein rotierendes Werkzeugmagazin mit 11 Plätzen. Beide haben Schnellwechselverschlüsse und werden außerhalb der Maschine bestückt. Ein CNC-gesteuerter Schwenktisch bewegt die Werkstückträger in allen fünf Achsen, bringt die zu bearbeitenden Teile in die gewünschte Lage oder versetzt sie in Rotation. Dabei werden sie mit 8 m/s² auf 40 m/min Achsgeschwindigkeit beschleunigt. Soll die Maschine für ein anderes Los mit Werk- und Spannzeugen umgerüstet werden, ist dies in knapp einer halben Stunde getan, und die Fertigung kann wieder aufgenommen werden. Vor allem bei kleinen Serien ist dies von Vorteil.

Reichen dem Anwender diese Funktionen nicht mehr aus, oder soll die Maschine mit steigenden Stückzahlen wachsen, kann er sie um weitere Module ausbauen. Dies ermöglicht eine auf den konkreten Bedarf bezogene Investition. Sind die technischen Details der Erweiterung abgesprochen und liegen alle erforderlichen Teile vor, wickelt Mikron solch einen Umbau binnen zweier Wochen ab. Interessante Randnotiz: Obwohl theoretisch möglich, ist bislang keine der 127 seit 1996 produzierten Multisteps zurückgebaut worden.
In der Regel wird jede Maschine durch ein automatisches Lademodul ergänzt. Es ist in der Standardausführung mit einer oder zwei Paletten der Größe 600 mm x 800 mm bestückt. Das Zuführen und Einsetzen der Werkstücke in die Aufnahmen erledigt ein externer Roboter. Jedoch ist es ebenfalls möglich, die Teile von Hand in die Werkstückträger einzulegen und von dort nach dem Ende der Bearbeitung wieder zu entnehmen. Beides geschieht parallel zur Hauptzeit.
Das Spannen der Werkstücke geschieht vollautomatisch. Dieser Vorgang ist im Lademodul fest integriert. Im ungepaarten Zustand hat das Spannsystem eine Toleranz von ±2 µm. Dennis Thiesen weist darauf hin, dass die Genauigkeit der Bearbeitung hier grundsätzlich beeinflusst wird: Entscheidend sei weitaus weniger die Positioniergenauigkeit an der Maschine selbst, sondern vielmehr die Präzision am Werkstück. Genau hier müsse alles korrekt zusammenspielen.
Die Werkstückträger, die auch auf allen anderen Bearbeitungssystemen der Schweizer Konzernschwester Mikron SA, Agno, eingesetzt werden können, koppeln über eine standardisierte Erowa-Schnittstelle selbstzentrierend an die C-Achse an. Schnittstellenreinigung und Sperrluft verhindern während des Wechselns, dass Schmutz und Späne in das System eindringen. Das Ent- und Verriegeln der Werkstückträger selbst dauert dabei je rund 3 s.
Mit der Multistep lassen sich wechselnde Losgrößen, chaotische Fertigungsfolgen oder zwischengeschobene Eilaufträge ohne größere Schwierigkeit bewältigen. Voraussetzung ist lediglich, dass der Maschinenbediener die Austauschpaletten, die Greifer am Werkstück-Spannsystem, neue Tools sowie die Programmierung der Maschine während der Produktion entsprechend vorbereitet hat. Beim Gros der Anwender scheint dies zu funktionieren, denn wie Thiesen berichtet, werden 80 % aller Multisteps im Mehrmaschinen-Modus bedient. Hinzu kommt freilich, dass geometrisch ähnliche Teile und Teilefamilien bei den meisten Mikron-Kunden überwiegen.
Ein Industrie-PC in Form eines Leitpults ist die Schnittstelle für Mensch und Maschine. Hier werden die Daten für die Bearbeitung eingegeben, Fehlerdiagnosen grafisch visualisiert sowie die Maschineneinstellungen, CNC-Programmierung und die Übernahme anderweitig eingegebener Programme erledigt. Außerdem läuf die Erfassung der Betriebs- und Maschinendaten über dieses Pult. Alle maschinenbezogenen Diagnosen werden unterstützt. So erkennt die Steuerung, wenn das Rohteil nicht richtig auf der Spannvorrichtung positioniert ist.
Die Multistep ist mit einer Indramat-Steuerung ausgerüstet, die über eine Sercos-Schnittstelle mit den Antriebselementen kommuniziert. Jedes der Module hat darüber hinaus eine elektronische Handbedienung, die vor allem in der Einrichtphase wertvolle Dienste leisten kann.
Reproduzierbar genau beim Ladenund beim Spannen
Programmiert wird das Transfersystem über Stepcam. Die hauseigene Entwicklung ist speziell auf die Anforderungen der Multistep zugeschnitten, Mikron regt bei seinen Kunden an, dass alle beteiligten Mitarbeiter die Maschine damit programmieren können. Auf den zeichnerischen Teil wurde bei der Software verzichtet. Dadurch sei die Bedienung ein ganzes Stück einfacher geworden, betont Thiesen. Vielmehr operiere der Anwender mit speziellen Arbeitszyklen. So werden für Bohrungen ausschließlich die Vorschübe, Drehzahlen, Bohrtiefen und Angaben zur Position eingetragen. Mit diesen Daten generiert Stepcam das NC-Programm. Zusätzlich wird der Anwender beim Berechnen der Nullpunkte unterstützt. Mikron hat hierzu eine neue Methode entwickelt: Anhand einer 2D-Zeichnung beschreibt der Anwender, wie man von einem bereits bekannten Nullpunkt zu einem neuen kommt. Aus diesen Angaben ermittelt Stepcam selbstständig die neuen Achswerte.
Mit Stepcam lassen sich außerdem NC-Programme auf Fehler- und Kollisionsfreiheit überprüfen. Gedanken- und Flüchtigkeitsfehler werden dadurch schnell erkannt. Die virtuelle Maschine verhält sich während der Simulation exakt so, wie es das Transfersystem selbst tun würde. Treten dennoch Fehler bei der eigentlichen Bearbeitung auf, dürfte der Anwender bei der linearen Maschine weitaus weniger Probleme bei der Behebung haben als bei Rundtakt-Systemen. Anders als bei diesen hat der Anwender zu jedem Abschnitt den gleich guten Zugang, was Wartungs- und Reparaturarbeiten deutlich erleichtert. Auch bei der Umrüstung zahlt sich der geradlinige Aufbau aus.
Für 2002 kann Dennis Thiesen sich die Erweiterung der Maschine um das Drehfräsen vorstellen. Zwar haben die C-Achsen bereits jetzt einen starken Direktantrieb. Ganz ohne Glocke geht es bislang beim Drehen aber noch nicht. fi
Daten Linear-Transfersystem Multistep
Werkzeugwechsler
– pro Modul 22 Plätze für HSK 40-A
– max. Werkzeuggröße 186 mm x 63 mm Ø
– 1 s kürzeste Span-zu-Span-Zeit
Werkstückspannung
– Erowa-Spannsystem, Rundtisch 63 mm Ø
– Wechsel-Wiederholgenauigkeit ± 2 µm
– Klemmkraft (selbsthemmend) 7 kN
– Arbeitsraum 175 mm x 250 mm
– Teileformat 150 mm x 150 mm x 150 mm,je nach Form eine Länge auch größer
Teil/Schwenktisch (B-/C-Achse)
– Tangenzialmoment ungeklemmt 50 Nm
– Tangenzialmoment geklemmt 250 Nm
– 90° C-Achse 650 ms/90° B-Achse 900 ms
Achsen
– 8 m/s² Beschleunigung
– Verfahrweg in X 570 mm, in Y 320 mm,in Z 265 mm
– Rotation in C 360°, in B +120°/-120°
Antriebe
– alle Achsmotoren Indramat
– absolute Positionserfassung (keineReferenzfahrt erforderlich)
– Kommunikation über Sercos-Interface
Arbeitsspindeln
– selbstschmierende Hybridlager
– innere Kühlschmierstoff-Zufuhr
– Spindelabstand 200 mm
– Leistung max. 8 kW
Wirtschaftlich auch in der lila Pause
Nach Angaben des Schweizer Herstellers Mikron ist die Multistep im Vergleich zu Anlagen wie Standard- Bearbeitungszentren rund 47 % produktiver.
Diese Mehrproduktion wird in erster Linie erreicht durch Automation und Werkstückspeicherung.
So wurden in einem Wirtschaftlichkeitsvergleich jährlich 1400 zusätzliche Produktionsstunden erzielt. Sie setzten sich zusammen aus:- Messen parallel zur Produktion- Spreizschicht (einem Versatz -zwischen erster und zweiter Schicht)- zwei Stunden mannloser Schicht pro Tag,- dem höheren Nutzungsgrad sowien Pausenüberbrückung.
Auch Kleinserien lassen sich profitabel fertigen. Denn obwohl sie fast so produktiv wie eine Transfermaschine arbeitet, lässt sich die Multistep in kürzerer Zeit als diese umrüsten: Anders als bei Rundtaktmaschinen sind die Bearbeitungsmodule linear angeordnet und auch von außen ausgesprochen gut zugänglich.
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