Startseite » Allgemein »

Mit Application Service Providing wird Software aus der Steckdose zur Realität

ASP: Software mieten statt kaufen bringt Kostentransparenz
Mit Application Service Providing wird Software aus der Steckdose zur Realität

Application Service Providing ist die neueste Idee der IT-Industrie. Sie kombiniert die Idee des Software-Outsourcings in Kombination mit E-Services und Internet. Der Anwender hat damit seine Kosten im Griff.

Achim Scharf arbeitet als freier Fachjournalist in München, Werner Möller ist Mitglied der Redaktion Industrieanzeiger

Software geleast und Maschine gekauft, so könnte man den neuesten Outsourcing-Ansatz Application Service Providing beschreiben. „Wir haben mit ASP bisher gute Erfahrungen gemacht“, stellt auch Axel Fernholz, Leiter der Arbeitsvorbereitung bei der Rasche Umformtechnik GmbH& Co KG im Sauerländischen Plettenberg fest. Dieses neue Business-Modell hat IT-Hersteller, Dienstleister und Anwender in nur kurzer Zeit mit großer Hoffnung erfüllt. ASP, also das Angebot von Software zur Miete oder zum Leasing aus dem Internet, eröffnet neue Perspektiven: „Software aus der Steckdose“ soll Kosten senken, zu höherer Flexibilität im täglichen Geschäft beitragen und nicht zuletzt das IT-Personalproblem überwinden.
Doch in Sachen Praxistauglichkeit sind sich die Akteure nicht einig: Dieser Ansatz ist mehr als nur ein Modewort, sagen die einen, während die anderen das Mieten von Software erst im Blick auf das Ende des Jahres als ernsthafte Alternative ansehen. Das ändert jedoch nichts an der Absicht der ASP-Dienstleister, Anwendern einen Zugang zu Software-Applikationen zu bieten, die in einem leistungsfähigen, sicheren und hoch verfügbaren Rechenzentrum abgelegt sind. Im Gegensatz zu herkömmlichen Unternehmen verkaufen sie Anwendungen wie Office-Pakete oder Betriebssysteme nicht, sondern vermieten ihre Produkte.
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen konnten sich bisher nicht viele umfangreiche Software-Lösungen leisten. Erst durch das Anmieten verschiedenster Anwendungen könnte diese Zielgruppe von den Programmen profitieren, auf die sie von jedem ans Internet angeschlossenen PC zugreifen kann. Dazu kommt, dass die Applikationen ausgelagert laufen und so die benötigten eigenen Personal- und Rechnerkosten deutlich geringer sind. Derzeit wird eine stark zunehmende Anzahl webfähiger Ready-to-Run-Lösungen von Office-Paketen bis SAP R/3 ASP-fähig gemacht. Gehostet werden können außerdem Websites, E-Commerce-Anwendungen im B2B- oder B2C-Bereich sowie komplexe CRM- (Customer-Relationship-Management)-Applikationen.
Das neue Modell hat aber nicht nur gravierende Auswirkungen bei den Anwendern, sondern auch bei den Herstellern von Software. „Das ASP-Modell führt dazu, dass sich die Software-Industrie weg von der Fokussierung auf Produkte hin zur Bereitstellung von Software-Services bewegen muss“, sagt Katy Ring. „Software-Anbieter müssen sich zu E-Service-Providern entwickeln, und bereits existierende Service-Unternehmen müssen kräftig in E-Services investieren, um dem Anspruch ihrer Kunden gerecht werden zu können“, meint die Analystin von der britischen Unternehmensberatung Ovum.
Dies bestätigt auch die Essener Thyssen-Krupp Information Systems GmbH (TKIS), ein ASP-Dienstleister, der bereits seit 1999 aktiv ist. Sie ist mit über 450 betriebenen Systemen wohl einer der größten SAP R/3-Dienstleister Europas. Bereits 1994 hat der Düsseldorfer Thyssen-Konzern den Bereich Informatik ausgegliedert und mit der Fusion Krupp und Thyssen wurde die TKIS gegründet. „Der Trend geht auch in der Old Economy eindeutig in Richtung Dienstleistungen, besonders im Ruhrgebiet“, stellt dazu Ton J. Deutz, Direktor Computing & Telemanagement bei TKIS, fest.
Boomender Markt für Software-Outsourcing
Mit Umsätzen von über 800 Mio. DM mit mehr als 3000 Mitarbeitern bietet die TKIS, die bereits mehr als 60 % des Umsatzes mit externen Kunden macht, ein Full-Service-Angebot für IT-Dienstleistungen in vier Sparten: Thyssen-Krupp Information Systems und die Tochter HiServ für industrielle Märkte, Xtend für den Bereich Neue Medien, Thyssen-Krupp Health Care Services für den Gesundheitsmarkt und Krupp Timtec Telematik für den Logistik-Markt. „Wir sind traditionell stark im medizinischen und chemischen Bereich, weiterhin haben wir viel Erfahrung im Betrieb von SAP R/3“, so Deutz. Das Unternehmen kann auf eigene Großrechenzentren in Dortmund, Frankfurt und Krefeld, New Jersey sowie Singapur zurückgreifen, die hoch verfügbar sowie redundant ausgelegt sind und einen globalen 24-h-Betrieb an jedem Tag bieten.
„Wir sehen in ASP und Webhotels eine große Chance, auch den Mittelstand zu erreichen“, bekräftigt der TKIS-Direktor seinen Ansatz. „R/3 im ASP-Modus wird schon in Vorstandsetagen diskutiert und Oracle wird seine Financial-Anwendungen auf diesem Weg anbieten, so dass auch kleinere Unternehmen diese mächtigen Softwarepakete nutzen können“, meint Deutz.
Der Startschuss für das erste ASP-Projekt fiel 1997 im Auftrag des Kunden Thyssen Aufzüge. Verteilt über ganz Deutschland sollten 600 Nutzer via ASP auf die Programme Windows Office und SAP-Anwendungen zugreifen können. Da das ASP-Angebot konzernintern sehr gut genutzt wurde und die Nachfrage weiter stieg, wurden die Ressourcen Zug um Zug ausgebaut. Zu den Standard-Applikationen, die das Unternehmen heute anbietet, gehören MS Office-Produkte, Novell Groupwise, ERP-Systeme wie SAP und Baan (jeweils über Graphical User Interface) sowie das Dokumenten-Management-System Documentum. Als Datenbanken stehen Oracle, Informix, DB2 und RDBMA zur Verfügung. Die Kunden können auch selbst entwickelte Programme Multi-User-fähig installieren.
Die Abrechnung erfolgt über unterschiedliche Modelle und nach abgestuften Service Level Agreements. Üblich sind monatliche Pauschalpreise pro Nutzer oder eine nutzungsabhängige Erfassung. Der wirtschaftliche Reiz liegt in erster Linie in der Ersparnis von Infrastruktur und Personal, was auch die derzeit sechs Kunden mit rund 3000 Arbeitsplätzen für ein APS motiviert hat.
Auch die Weilerbacher Proalpha Software AG hat für mittelständische Unternehmen eine betriebswirtschaftliche Komplettlösung entwickelt, die bereits bei 500 Unternehmen eingesetzt wird. „Alle zentralen Module für Produktion, Logistik und Rechnungswesen stammen aus eigener Entwicklung und es ist daher ein integriertes System aus einem Guss“, sagt Stefan Wache. „Gleichwohl ist das System als Componentware konzipiert, so dass der Kunde nur die Module erhält, die er benötigt“, so der Marketingleiter. Individuelle Anpassungen seien bei Wahrung der Releasefähigkeit leicht möglich. Die ERP-Lösung deckt neben den klassischen PPS-Funktionen auch die Bereiche Warenwirtschaft, Finanzwesen, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Personalwesen ab. Ein Informations- und Controllingsystem sorgt für Transparenz und Überblick beim Management. Die Online-Kopplung zu allen gängigen CAD-Systemen sowie ein integriertes Dokumentenverwaltungssystem oder die Einbindung von E-Business-Funktionen runden den Funktionsumfang ab.
Diese ERP-Lösung wird vom Iserlohner Dienstleister Proheris GmbH derzeit an vier Kunden vermietet. Im Laufe des Jahres 1999 löste Proheris bei den mittelständischen Unternehmen Altsysteme ab und führte Proalpha ein. Allerdings ist das ERP-System nicht bei den Kunden installiert, sie sind an die Proheris-Servicezentren in Hagen, Iserlohn und Plettenberg angebunden, in denen die Software läuft. Damit ist die gesamte Infrastruktur einschließlich Servern, Backup-Systemen und die ERP-Software außer Haus installiert. Beim Kunden bleiben lediglich PC oder Terminals als Arbeitsstationen. „Wir berechnen unsere Dienstleistung nicht nach belegter Speicherkapazität, Nutzungszeit oder Transaktionsvolumen, sondern zu einem vereinbarten Festpreis pro Arbeitsplatz“, erklärt Proheris-Geschäftsführer Reiner Herbertz. „Wir stellen jedoch nicht nur eine Software zur Verfügung, sondern bieten einen Rundum-Service mit Backup, Administration, Datenbankpflege, Schulung und Hotline.“
Testinstallationen sollen Schwächen aufzeigen
Die Verbindung zwischen Kunde und ASP-Provider erfolgt über Stand- oder Wählleitung. Selbst bei intensiver Nutzung reicht deren Kapazität für mehr als 20 aktive User aus. Bei Bedarf lassen sich weitere Leitungen zuschalten. Auch die Anbindung per virtuellem privatem Netz (VPN) im Internet ist möglich. Diese Lösung ist vor allem bei der Anbindung von Niederlassungen im Ausland oder von Außendienstlern sinnvoll.
Anders als bei einfacher Bürosoftware verlangt laut Herbertz das Betreiben eines ERP-Systems über ASP beim Dienstleister intensive Kenntnisse betrieblicher Abläufe: „Die haben wir in den letzten zehn Jahren aus einer Reihe von Beratungsprojekten zur Kostensenkung in produzierenden Unternehmen gewonnen.“ Bei allen Kunden wurden vor Einführung von Proalpha die Geschäftsprozesse optimiert. Mit möglichst weitgehender Standardisierung von Abläufen wurden nicht nur kurze Einführungszeiten erreicht, sondern auch eine organisatorische Optimierung. Und gerade letzterer Punkt erforderte einige Feinarbeit. „Wir haben unsere Kunden auch mit deren Kunden über EDI angebunden. Rechnungen, Lieferscheine oder Teileabrufe laufen nur noch elektronisch und inzwischen sehr stabil, so dass wir Referenzen nachweisen können“, freut sich Herbertz.
Einer der Anwender ist die Firma Rasche Umformtechnik in Plettenberg, ein typischer mittelständischer Automobil-Zulieferer mit 150 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 30 Mio. DM. Das Unternehmen beliefert unter anderem Audi, BMW und VW. „Wir hatten bisher ein System der mittleren Datentechnik und standen zwei Jahre lang in einer Auswahlphase nach einem für uns geeigneten PPS-System, denn das Jahr-2000-Problem zwang uns zum Handeln.“
Mit 22 Arbeitsplätzen ist das Unternehmen heute über eine Standleitung an das Plettenberger Proheris-Rechenzentrum angebunden. „Wir konnten zwar den Lernprozess mit der Anwendung nicht vollends umgehen, aber viele andere Probleme auf den Provider abwälzen“, stellt Fernholz heute zufrieden fest.
Kommentar: ASP – die Kirche im Dorf lassen
„Programme zum Pachten“ hört sich zunächst nach einer genial einfachen Idee an. Ist es aber (noch) nicht. Unternehmensrelevante Applikationen müssen nämlich für dieses Verfahren vorbereitet und ständig verfügbar sein. Anbieter müssen ständig dem Kunden zur Verfügung stehen und genügend Rechnerkapazität vorhalten. Das geht heute zwar in Nischen, wie die Beispiele zeigen, aber noch nicht in der Breite. Die Anbieter von Produktionssteuerungssystemen wie ERP oder MES können sich die Investitionen als regionale Internet-Service-Provider in der Regel nicht leisten. Dazu kommt noch, dass die Auslagerung von Unternehmensdaten eine solide Vertrauensbasis erfordert.
Doch es fließt viel Geld in den gerade entstehenden Markt. Und die Anwender dürften eine Vielzahl von Software und IT-Dienstleistungen via Netz angeboten bekommen. Gelingt es den Anbietern, diese Services zu etablieren, dann können sie sich über einen kontinuierlichen Umsatzfluss freuen. Anders als beim Software-Lizenzverkauf und -Servicegeschäft fallen hier Monat für Monat Gebühren an. Deshalb investieren vor allem Telekommunikationsunternehmen, die über die notwendige Infrastruktur verfügen, in ASP.
Aber was hat der Anwender davon? Versprochen wird ihm zumindest, dass er in Zukunft Software gebrauchsfertig mieten kann. Damit wäre ein Großteil der eigenen IT-Infrastruktur und -Mitarbeiter nicht mehr notwendig. Die Kosten, so zumindest wird suggeriert, lassen sich bei viel weniger Ärger besser überblicken.
Vorsichtige Anwender sollten ASP erstmal nur für neue Anwendungen ins Auge fassen und Modell und Anbieter testen. Die Kirche bleibt im Dorf und die Kernkompetenz im Haus.
ASP senkt Softwarekosten: Riesiger Markt in Sicht
Folgt man den Aussagen der Marktbeobachter von International Data Corp. (IDC) oder der Gartner Group, werden Anwender künftig ihre Software nicht mehr kaufen, sondern nur bei Bedarf über das Internet mieten. Für Anwender macht sich das gleich in mehrfacher Hinsicht bezahlt: Die Gesamtkosten über die Nutzungszeit eines Produktes, werden dramatisch gesenkt. Neue Applikationen können schnell und ohne Rücksicht auf unternehmensinterne Engpässe eingesetzt werden. Ausgaben für SW-Lizenzen und Updates halten sich in Grenzen. Der Aufwand zur Wartung von PC-Lösungen bis zu komplexen Standardsoftwareprogrammen entfällt.
Heinz Beilke, Telekom AG, Bonn: TK-Anbieter werden zu erfolgreichen IT-Carriern
Mit ein Grund für das Engagement der Telekom AG beim ASP sind gut ausgebaute ISDN-Netze und verfügbare Rechenzentren, die die Online-Nutzung der Software sichern. Gerade für kleinere Unternehmen sieht Heinz Beilke deshalb Vorteile beim Mieten von Software.
? Software mieten statt kaufen. Will sich die Deutsche Telekom auch als IT-Carrier positionieren?
!Ja, denn ASP liefert den nötigen Content, um sich als Dienstleister und Full-Sortimenter zu etablieren.
? Wieviel investieren Sie in die dazu erforderliche Infrastruktur, wie Rechenzentren?
! Die Deutsche Telekom AG verfügt mit ihren sieben Rechenzentren und ihrem 2,5 GBit/s-Internet-Backbone bereits heute über eines der modernsten und leistungsstärksten Netze und Data-Center. Zusätzliche Rechen- und Speicherkapazität wird nachfrage- und produktbezogen hinzugefügt.
? Was bieten Sie heute schon konkret an?
! Zur Zeit läuft mit Aspon bis zum April 2001 ein Feldtest mit Office-Applikationen. Hier kann der Kunde zwischen drei unterschiedlich geschnürten Office-Paketen und Zusatzprogrammen wählen. Informationen gibt es unter http://aspon.t-mart.de.
? Bieten Sie in Zukunft neben gebräuchlicher Standardsoftware auch Software vom Kaliber R3 an?
! Bei Erfolg des Feldtests wird das Applikationsspektrum erweitert, auch R3-Angebote werden getestet.
?Was tun Sie hinsichtlich der Verfügbarkeit und Datensicherheit oder Haftung durch Ausfall?
! Hinsichtlich Verfügbarkeit und Datensicherheit bieten wir dem Kunden alles, was dem Stand der Technik entspricht. Hinsichtlich Haftung durch Ausfall werden Regelungen in den AGB getroffen.
? Welche Rechner und welche Übertragung muss der Kunde haben?
! Selbst ausgediente 486 PC sind sehr gut für die ASP-Nutzung geeignet. Hier liegt ja gerade einer der Vorteile von ASP: Die nötige Rechenleistung wird vom Provider erbracht. Der Kunde benötigt lokal lediglich einen Web-Browser. Zur Übertragung genügt eine ISDN-Anbindung mit 64 kbit/s an das Internet.
? Welche Aktivitäten haben Sie weiterhin geplant?
! Neben der Bereitstellung von Applikationen wird die Telekom noch Quality of Service, Service & Support, Backup & Recovery Services, Datensicherheit, Virenschutz, Updates, Wartung und Dokumentenmanagement Services anbieten. wm
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de