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Mit dem Laserstrahl auf Punktefang

Laser Tracker: Messtechnik für große Objekte
Mit dem Laserstrahl auf Punktefang

Das Messen mit Laserlicht ist ein aufsteigender Zweig in der Mess- und Prüfbranche. Besonders Anwender, die großvolumige Bauteile zu vermessen haben, profitieren von der Technik.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger uwe.boettger@konradin.de

Ob in Europa, Afrika, Asien oder Amerika – überall dort, wo der Volkswagenkonzern Autos produziert, kommt die Laser-Messtechnik zum Einsatz. Speziell die mobile Messtechnik-Truppe des Vorrichtungsbaus von VW profitiert von der neuen Technik. Peter Jaschke, Meister Vorrichtungsbau im VW-Werk in Wolfsburg: „Ohne diese Technik ließe sich der Zeit- und Kostendruck, den wir zu spüren bekommen, nicht mehr bewältigen.“
Bei VW ist der so genannte Laser Tracker des Herstellers Faro Europe GmbH, Stuttgart, im Einsatz. Bei dem Produkt handelt es sich um eine hochgenaue, portable Koordinaten-Messmaschine, die auf Laserbasis arbeitet (siehe Kasten). Die entscheidenden Vorteile im Vergleich zu konventionellen Messmaschinen liegen auf der Hand. Erstes: Der Laser Tracker ist leicht zu transportieren. Vorbei sind die Zeiten, als der Anwender großvolumige und schwer zu transportierende Messobjekte durch die Hallen zur Messmaschine karren musste. Heute ist der Messtechniker flexibel und fährt mit der Messmaschine zum Objekt. Zweitens: Der Laser Tracker von Faro besitzt einen Messradius von rund 35 m. Dadurch lassen sich auch extrem große Objekte am Stück vermessen. Hierzu zählen beispielsweise große Vorrichtungen, die früher nur modulweise auf einer Koordinaten-Messmaschine geprüft werden konnten.
Bei VW wird der Laser Tracker seit rund zwei Jahren für unterschiedliche Aufgaben genutzt. So werden Vorrichtungen und jegliche Art von Betriebsmitteln gemessen. Aber auch zum Prüfen von Blechteilen eignet sich das Faro-Produkt. In der Regel wird dabei gegen die CAD-Daten gemessen. So weiß der Techniker sofort, ob die konstruktiven Vorgaben richtig umgesetzt wurden. Im Fahrzeug selbst gibt es ein Koordinatennetz, in dem jeder Punkt und jede Kurve durch CAD-Daten beschrieben ist. „Wir müssen sicherstellen, dass die einzelnen Punkte mit den Vorgaben übereinstimmen“, beschreibt Jaschke die Aufgabenstellung. Der Laser Tracker übernimmt dabei die Aufgabe der klassischen Lehre. Nur arbeitet das Laser-Mess-System digital ist dadurch hochflexibel.
Ohne Laser Tracker wäre so manche Aufgabe im Vorrichtungsbau gar nicht mehr zu lösen. So etwa das Einmessen der so genannten Laser-Geo´s, von denen bisher zwölf Exemplare weltweit gebaut wurden. In diesen 8 m langen und 6 m breiten Vorrichtungen werden die Fahrzeugkarossen geschweißt. Beim Einmessen wird der Tracker in der Anlage plaziert und der Techniker prüft die strategischen Messpunkte um sich herum.
Im Vergleich zu einem früher eingesetzten, konventionellen System hat sich nach eigenen Angaben der Aufwand für den Aufbau halbiert. Auch der Messvorgang selbst konnte durch den Laser Tracker um rund 15 % beschleunigt werden. Wenn man mit berücksichtigt, dass das frühere Mess-System nicht selten mehrmals umgebaut werden musste, dann wird der Zeitunterschied noch gravierender. Für Hans Weigert, Leiter Vertrieb und Marketing bei Faro, ist ein derartiges Umfeld wie geschaffen für den Laser Tracker: „Der Tracker hat einen Mess-Radius von 30 bis 35 Meter und innerhalb dieses Messvolumens erreicht der Anwender eine Genauigkeit von 30 Mikrometer Mit konventionellen Messmaschinen ist das nicht zu schaffen.“ Ein weiterer Vorteil für die VW-Techniker ist die Mobilität des Systems. Weigert: „Der Laser Tracker wiegt rund 25 kg und kann in zwei handlichen Koffern zum Messort transportiert und aufgebaut werden. Nach dem Messen packt der Anwender wieder alles zusammen und begibt sich zum nächsten Messobjekt. So etwas ist nur mit dem Tracker möglich.“
Das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITEZ) in Rüsselsheim ist verantwortlich für die Planung, Entwicklung und Konstruktion der Schweißstraßen für neue Fahrzeug-Modelle der Adam Opel AG. Die Zentrale Qualitätssicherung (ZQS) ist Bestandteil des ITEZ und prüft die Qualität der Anlagen, bevor sie in den Produktionswerken endgültig aufgebaut werden.
Eine wichtige Aufgabe der ZQS ist die Messung und Kontrolle kompletter Schweißstraßen. Diese Aufgabe lösen die Rüsselsheimer ebenfalls mit der Lasermesstechnik. Im Einsatz ist ein mobiler Laser Tracker des Herstellers Leica Geosystems, München. Bei den unbeweglichen und bis zu 12 m langen Schweißstraßen gibt es gar keine andere Möglichkeit, als mit der Messmaschine direkt vor Ort zu prüfen. Dabei werden die Referenzpunkte in den Schweißstraßen, auf die sich alle weiteren Prüfungen beziehen, mit dem Laser Tracker lagemäßig festgelegt.
Das bei Opel eingesetzte Modell LTD-500 verfügt über eine Zusatzeinrichtung mit der Bezeichung Nivel-20. Damit lassen sich so genannte horizontierte Messungen durchführen, die sich gerade bei den Schweißanlagen als vorteilhaft erweisen.
Durch die ständige Belastung der Anlagen im Zwei- und Dreischichtbetrieb kann es im Laufe der Jahre passieren, dass eine Ecke der Rahmenkonstruktion unmerklich absackt. Lutz-Henning Steinbrecher, in der ZQS für den Einsatz neuer Messmittel zuständig, erläutert die Vorgehensweise: „Bevor bei einem Modellwechsel die neue Schweißstraße in den alten Rahmen eingebaut wird, müssen wir prüfen, ob die messtechnische Basis stimmt und sich alle Eckpunkte des Rahmens auf gleicher Höhe befinden. Dies geschieht mit dem Laser Tracker.“
Mit der Nivellierung werden der Rahmen überprüft und die Referenzpunkte entsprechend nachgesetzt. Dadurch werden alle relevanten Stellen auf ein einheitliches Niveau gebracht. Aus der Sicht des Trackers steht die Anlage dann perfekt – wie auf einer ruhenden Wasseroberfläche.
Steinbrecher ist zufrieden mit dem Laser Tracker: „Der LTD 500 arbeitet extrem präzise. Wenn ich die Zielweiten zwischen den einzelnen Kontrollpunkten möglichst kurz halte, dann lässt sich die Genauigkeit sogar noch weiter steigern. Für diese großen Volumen ist der Tracker das Genaueste, was es meines Wissens derzeit auf dem Markt gibt.“
Für Simon Moser, Sales Manager bei Leica Geosystems in München, befindet sich der Laser Tracker in einer permanenten Weiterentwicklung: „Die Anwendungen des Produkts werden kontinuierlich erweitert. Unser Ziel ist, mit dem Laser Tracker sechs Freiheitsgrade zu erfassen – also nicht nur die Position eines Punktes im Raum, sondern auch dessen Orientierung. Dadurch entstehen neue Applikationsmöglichkeiten wie beispielsweise die Steuerung eines Roboters.“
Neueste Erweiterung der Münchner ist die so genannte T-Probe, mit der der Anwender auch tieferliegende Bohrungen oder verdeckte Punkte an einem Messobjekt erfassen kann. Hier hatte der Laser Tracker in der Vergangenheit ein Defizit, denn der Laserstrahl kann nicht um die Ecke geführt werden. Es musste stets eine geradlinige Verbindung zwischen Tracker und Messpunkt bestehen. Die mit einem Messtaster ausgestattete T-Probe führt der Anwender in der Hand und kann so seine Messpunkte bequem aufnehmen. Dank einer so genannten T-Cam, die auf dem Kopf des Laser Trackers montiert ist, ist die Position der T-Probe im Raum dem System immer bekannt.
Laser Tracker ersetzt mechanische Lehren
Schweißstraßen mit dem Laser Tracker vermessen

Laser Tracker: Trendsetter in der Messtechnik

Herzstück des Laser Tracker ist ein Laserinterferometer, das senkrecht in das System eingebaut ist. Der erzeugte Laserstrahl verlässt den Tracker am Kopfstück und wird über Planspiegel so umgelenkt, dass er stets in das Zentrum eines so genannten Reflektors trifft, den der Benutzer in der Hand hält. Egal, wie sich der Anwender bewegt, der Strahl folgt immer dem Reflektor. Gleichzeitig wird der Laserstrahl in sich zurückgeworfen und kann so im System ausgewertet werden.
Der Benutzer legt den Reflektor auf die zu vermessenden Punkte des Objekts und löst eine Messung aus. Im gleichen Moment sind die Koordinaten des erfassten Raumpunktes im System abgelegt. Der Tracker arbeitet mit einem Polar-Koordinatensystem. Die Koordinatentripel der Messpunkte bestehen aus zwei Winkeln (Kopfstück des Trackers) und der Entfernung zwischen Tracker und Reflektor. Genauigkeit ist eine der herausragenden Eigenschaften des Laser Trackers. Diese liegt bei rund 30 µm innerhalb eines Messradius von 35 m. Wegen dieser großen Reichweite ist die Technologie für großvolumige Messobjekte wie geschaffen.
Industrieanzeiger
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