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Mit Weitsicht den Betrieb auf den Tag X vorbereiten

Rechtsform verändern und die Rechtsnachfolge regeln
Mit Weitsicht den Betrieb auf den Tag X vorbereiten

Mit Weitsicht den Betrieb auf den Tag X vorbereiten
Rechtsanwalt Wieland Schnürch aus München kennt die rechtlichen Knackpunkte, die mit der Nachfolgeregelung in Unternehmen und der damit oftmals notwendigen Änderung der Rechtsform verbunden sind
Bei Änderungen der betrieblichen Umstände oder der Lebenssituation lohnt es sich bisweilen, die ursprüngliche Wahl der Gesellschaftsform zu überprüfen. Die Regelung der Unternehmensnachfolge ist eine gute Gelegenheit dazu.

Umwandlungen der Rechtsform eines Unternehmens können nicht willkürlich, sondern nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erfolgen. In der Praxis kommen Umwandlungen häufig vor. Damit wird angestrebt, die Kredit- und Kapitalbasis eines Unternehmens zu vergrößern, Formvorschriften zu umgehen, durch neue Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung das finanzielle Risiko zu mindern oder steuerliche Belastungen zu senken.

Doch der Begriff der Umwandlung im rechtlichen Sinne ist weiter als der des Formenwechsels, bei welchem die wirtschaftliche Kontinuität eines Unternehmens vollständig gewahrt bleibt.
Nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) bildet die Umwandlung den Oberbegriff für die Verschmelzung, die Spaltung und den Formenwechsel. Eine weitere Erscheinungsform der Umwandlung im Sinne des Gesetzes ist die Übertragung. Sie findet nur zwischen Versicherungsunternehmen und Trägern der öffentlichen Hand statt und soll deshalb nicht vertieft werden. Verschmelzung: Davon spricht das Gesetz, wenn bei der Vereinigung von zwei Firmenvermögen eine Firma die andere aufnimmt. Um die Interessen der beteiligten Betriebe unter einen Hut zu bringen, kann es sich alternativ auch anbieten, gemeinsam einen neuen Rechtsträger, das heißt eine neue Gesellschaft, zu gründen. Auch dann handelt es sich um eine Verschmelzung im Sinne des UmwG.
Spaltung: Hier bleibt die alte Gesellschaft bestehen. Nach Abspaltung eines Teiles des vorhandenen Firmenvermögens (beispielsweise einer Personengesellschaft) wird zusätzlich ein neuer Rechtsträger (zum Beispiel eine GmbH) gegründet, um den abgespaltenen Teil auf die neugegründete Gesellschaft (hier: GmbH) zu übertragen. Das Ziel einer Spaltung ist meist die Schaffung von Untermarken, die Verlegung von Produktionszweigen ins Ausland oder eine Risikostreuung. Formenwechsel: Darunter versteht das UmwG die Änderung der Rechtsform einer bestehenden Gesellschaft, wenn gleichzeitig Anteilsinhaber, Anteilsverhältnisse und Vermögensbestand gewahrt bleiben.
Die Form zu wechseln, ist nicht immer möglich
Der bloße Formenwechsel ist nach dem UmwG jedoch nicht immer möglich. Bei einer Überprüfung der ursprünglichen Formenwahl ist deshalb stets für den Einzelfall abzuklären, ob der Umstieg auf den ins Auge gefaßten neuen Rechtsträger nach dem Umwandlungsgesetz erlaubt oder eine möglicherweise aufwendige Neugründung erforderlich ist. Versierte Rechtsanwälte, Notare und die örtliche Handelskammer helfen im Zweifel weiter.
Oft ist Anlaß für eine Umwandlung die Regelung der Rechtsnachfolge. Will sich ein Unternehmer beispielsweise zu Lebzeiten aus seiner Firma zurückziehen, dann sollte – wie vor jeder Firmenübertragung – überlegt werden, ob sich durch Änderung der Rechtsform ein höherer Kaufpreis erzielen oder die Aufgabe an den Nachfolger dadurch einfacher gestalten läßt. So kann beispielsweise der Umstieg von einer Personengesellschaft auf eine GmbH die Übertragung erleichtern, weil bei der GmbH jeder Anteil für sich veräußert oder vererbt wird. Bei Personengesellschaften dagegen ist die Übergabe an den Nachfolger nur im Wege der komplizierten und aufwendigen Einzelrechtsnachfolge möglich. Diese erfordert unter anderem, daß sämtliche bestehenden Verträge wie beispielsweise Darlehens-, Miet- oder Leasingverträge einzeln mit dem jeweiligen Vertragspartner abgestimmt werden müssen. Aus finanziellen Gründen zahlt sich die Umwandlung einer Personengesellschaft oder GmbH in eine kleine AG aus, wenn dadurch die Kapitalkraft des Unternehmens steigt.
Bei vorausschauender Planung bietet sich auch eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten an, das Unternehmen schrittweise auf den Nachfolger zu übertragen. Gute Gründe dafür gibt es viele: Ein Firmengründer will sich nicht von heute auf morgen von seinem Lebenswerk verabschieden. Der künftige Erbe soll nach und nach in das Familienunternehmen hineinwachsen. Oder er muß sich erst bewähren, bevor der Patriarch die Zügel aus der Hand gibt. In solchen Fällen kann der Firmenboss in spe zum Beispiel vom Mitarbeiter zum Geschaftsführer aufsteigen, um schließlich als Gesellschafter an der Firma beteiligt zu werden. Seine Beteiligung führt bei einer Einzeluntenehmung automatisch dazu, daß diese sich in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwandelt. Die Aufnahme des Nachfolgers in das Unternehmen bietet sich je nach Bedarf auch als Gelegenheit an, mit diesem eine OHG, KG oder Kapitalgesellschaft zu bilden. Wenn ein Rechtsnachfolger noch nicht nach außen auftreten soll oder umgekehrt der Firmeninhaber künftig nur noch nach innen tätig sein will, kann eine stille Gesellschaft die passende Rechtsform sein. Ist bei einer Personengesellschaft die Übertragung einzelner Unternehmensanteile beabsichtigt, so muß diese zuvor in eine GmbH umgewandelt werden. Wer als Firmeninhaber zunächst nur die Leitung des Tagesgeschäftes abgeben will, findet im Aufsichtsrat oder Beirat einer GmbH die geeigneten Instrumente, seine Mitgestaltungsrechte zu bewahren. Bestehen solche Gremien nicht, so können sie auch nachträglich durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages installiert werden.
Besonders für kleinere Unternehmen erweist sich die Vorsorge für den Tag X oft als schwierig. Sie haben zwar Produktions-, Finanz-, Investitions- und Personalpolitik im Auge, aber die Nachfolgeplanung wird gern auf die lange Bank geschoben.
Bei Familienbetrieben besteht zusätzlich die Gefahr, daß Generationskonflikte und das Festhalten an Traditionen den Blick für eine pragmatische Regelung der Rechtsnachfolge trüben. Der Fortbestand einer Firma ist aber nur gesichert, wenn die Übergabe rechtzeitig geregelt und strategisch geplant wird. Idealerweise ist das Firmengerüst, also auch die Rechtsform, auf die Nachfolger zugeschnitten – andernfalls können die Erben später das gesamte Unternehmen schnell in eine Krise stürzen. Der Gang zum Notar für die Abfassung eines notariellen Testaments läßt sich für die Erörterung dieser Problematik nutzen.
Gerade wenn ein Patriarch nicht daran denkt, zu Lebzeiten auszusteigen, muß ein vernünftiges Testament abrufbereit vorliegen. Denn hat er seinen letzten Willen nicht formuliert, so gilt für den Firmennachlaß genau wie bei privaten Vermögenswerten die gesetzliche Erbfolge. Die Folgen können fatal sein: Pflichtteilansprüche entstehen, Familienzwist entwickelt sich, manchmal erdrückt die (Erb-)Steuerlast die Finanzkraft einer Firma. Oft droht Unternehmen die Zerschlagung, sobald die Verteilung des Nachlasses von einzelnen Erben verlangt wird, die am Fortbestehen der Firma kein Interesse haben.
Selbst wenn weit und breit keine geeigneten Erben aus der Familie in Sicht sind, können sich befriedigende Lösungen finden lassen. Bei einer GmbH ist beispielsweise die Übertragung an einen geeigneten Manager manchmal ein sinnvoller Ausweg. Vor dem Verkauf des Betriebes kann der Inhaber eine Mitarbeiterbeteiligung prüfen (Management-Buy-in) oder die Übertragung an externe Unternehmerpersönlichkeiten in Erwägung ziehen (Management-Buy-out). Auf diese Weise ist zumindest der Bestand des Unternehmens gesichert.
Die Nachfolge schon zu Lebzeiten regeln
Allerdings kann der Blick in den Gesellschaftsvertrag vor Abfassung eines Testaments entscheidend sein. Denn dieser spielt oft eine wichtige Rolle. So sieht das Gesetz für GbR, OHG und KG beim Tod eines Anteilsinhabers die Auflösung der Gesellschaft vor – sofern der Gesellschaftsvertrag keine Fortführungsklausel enthält. Aus den Klauseln des Gesellschaftsvertrages ist auch ersichtlich, ob alle Erben (einfache Nachfolgeklausel) oder nur bestimmte Erben (qualifizierte Nachfolgeklausel) an der Gesellschaft beteiligt werden dürfen. Hier wird deutlich, wie sinnvoll es ist, bereits bei Gründung oder Umwandlung einer Gesellschaft Nachfolgelösungen zu berücksichtigen und entsprechende Regelungen in den Gesellschaftsvertrag von Anfang an aufzunehmen. Denn völlig freie Hand hat der Erblasser sonst meistens nur beim Einzelunternehmen – oder als Aktionär über seine Anteile.
Die Kontinuität sichern: Fünf Tips von Rechtsanwalt Wieland Schnürch
  • 1. Auch wenn der Gedanke an das eigene Ableben gern verdrängt wird: Beim Unternehmer steht oft die Kontinuität seines Lebenswerkes auf dem Spiel. Ein Testament mit grundsätzlichen Erbregelungen kann von jedem selbst (handschriftlich!) erstellt werden und erfordert keinen großen Aufwand. Damit lassen sich zumindest die Weichen für den Fortbestand des Unternehmens für den Fall der Fälle stellen.
  • 2. Eine gute Gelegenheit Vorsorge zu treffen, bietet bereits der Abschluß des Gesellschaftsvertrages. Ob Neugründung oder Umwandlung des Unternehmens – Rechtsanwalt oder Notar beraten schon bei der Gründung über die Aufnahme erbrechtlicher Regelungen in den Gesellschaftsvertrag.
  • 3. Betreiben mehrere Partner ein Unternehmen, so sollte durch vorausschauende Regelungen dafür gesorgt werden, daß beim überraschenden Ausscheiden eines Partners durch Unfall o. ä. dessen Anteile nicht auf betriebsfremde Personen übergehen können. Hier bietet sich das Vorgriffsrecht der verbleibenden Gesellschafter und/oder ein Verbot der freien Verfügbarkeit über einzelne Geschäftsteile an.
  • 4. Auch wenn keine bestimmte Person als Erbe in Betracht kommt, bietet das Gesellschaftsrecht viele Möglichkeiten. Zum Beispiel setzt die Aktiengesellschaft an die Stelle des Firmeneigners den (leicht austauschbaren) Aktienbesitzer. Beteiligungen verdienter Mitarbeiter oder sogar einer ganzen Belegschaft lassen sich auf diese Weise regeln. Wenn nur das Kapital des Unternehmens im Sinne seines Gründers weiterwirken soll, kommt auch die Umwandlung in eine Stiftung in Betracht.
  • 5. Unternehmensverschmelzungen, Betriebsaufspaltungen oder Änderungen der Rechtsform sind im Umwandlungsgesetz geregelt. Es sind vielerlei Kombinationen denkbar und möglich, einige jedoch sind durch Gesetz ausgeschlossen. Wenn die Ideallösung für den eigenen Betrieb gefunden werden soll, müssen Rechtsexperten und Steuerberater konsultiert werden.
Gesellschaftsrecht für Nicht-Juristen
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Teil 1: Personegesellschaften ist am 22. Juni in Ausgabe 26 erschienen
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