Startseite » Allgemein »

Polymerteile mit Nord- und Südpolen

Kunststoffgebundene Magnete fallen aus der Spritzgießmaschine
Polymerteile mit Nord- und Südpolen

Wer zum ersten Mal ein Muster in der Hand hat, bringt es kaum mit einem Magneten in Verbindung: Kunststoffgebundene Magnete sehen wie Kunststoffteile aus, unterscheiden sich aber im Gewicht und vor allem in der magnetischen Wirkung.

Dr. Martin Grönefeld ist Geschäftsführer der Magnetfabrik Bonn GmbH

Bei der Herstellung wird ein pulverisierter; dauermagnetischer Werkstoff mit Polymeren derart aufbereitet, dass er sich wie ein Kunststoff verarbeiten lässt. Und so entstehen Magnete durch Spritzgießen, Extrudieren, Kalandrieren oder Formpressen. Da der Prozess weitgehend automatisiert ist, eilt den kunststoffgebundenen Magneten der Ruf voraus, trotz teurer Rohmaterialien besonders kostengünstig zu sein.
Der enthaltene Kunststoff reduziert die magnetische Leistung entsprechend seinem Volumenanteil. Die Remanenzflussdichte ist daher um rund 30 % und das magnetische Energieprodukt um 50 % niedriger als beim reinen Magnetwerkstoff. Dieser Nachteil wird aber in vielen Anwendungen durch Vorteile kompensiert. Bedingt durch den Herstellprozess bieten kunststoffgebundene Magnete mechanische Genauigkeiten zwischen zehntel und hundertstel Millimetern, so dass mechanische Nacharbeit entfallen kann. Gerade diese Nacharbeit durch Schleifen ist bei den gesinterten Magneten aber sehr kostspielig, weil sie naturgemäß eine hohe Härte und Sprödigkeit aufweisen.
Das Spritzgussverfahren gestattet eine nahezu beliebig komplexe Formgebung. Mechanische Funktionen wie Aufnahmenasen, Abtriebsritzel oder Halterippen können direkt in den Magneten integriert werden. Diese Technik macht das Umspritzen oder Verkleben der Magnete mit Kunststoff- oder Metallteilen heute oft überflüssig.
Schließlich erhalten die Magnete durch den Kunststoffanteil eine Vielzahl von positiven Eigenschaften wie geringere Sprödigkeit, geringere elektrische Leitfähigkeit (maßgeblich für niedrige Wirbelstrom-Verluste in Motoren), geringeres Gewicht sowie hohe Flexibilität und Elastizität bei extrudierten und kalandrierten Versionen in Gummibindung. Die gefürchteten Splitter durch Abplatzungen an scharfen Kanten gehören der Vergangenheit an.
Als Magnetmaterialien kommen sowohl die kostengünstigen Hartferrite als auch für höhere Leistungen die Seltenerdwerkstoffe NdFeB und SmCo zum Einsatz. Die Wahl des Kunststoffes richtet sich nach dem Verarbeitungsverfahren: Elastomere finden Anwendung bei der Extrusion, Harze beim Formpressen. Beim Spritzgießen werden bevorzugt Polyamide verwendet, zunehmend aber auch PPS und neuerdings ein modifiziertes, temparaturbeständiges Polyamid.
Extrudierte Magnete haben ihr traditionelles Einsatzfeld im Low-Cost Bereich, beispielsweise für Dichtlippen am Kühlschrank oder als kalandrierte Folien für Magnettafeln, Werbe-Kleber und Spielzeug. Einen ungeahnten Boom verschafft die schnelle Entwicklung von Elekronik und Sensortechnik den Spritzgussmagneten. Sie sind überall dort gefragt, wo es auf höchste Präzision, Prozesssicherheit und Verlässlichkeit bei vertretbaren Kosten ankommt. In der Automobilfertigung, in der Automation und in Werkzeugmaschinen werden heute eine Vielzahl von Magneten eingesetzt, um magnetempfindliche Schalter anzusteuern. Positionserfassung, Winkel- oder Weglängenmessungen lassen sich magnetisch berührungslos und damit verschleißfrei durchführen. Der Nachteil der geringeren magnetischen Leistung von polymergebundenen Magneten – bei größeren Motoren ein Ausschlusskriterium – ist bei Sensoren oft ohne Bedeutung, weil die typischen Schaltpegel niedrig liegen.
Die Abbildung zeigt als typisches Beispiel einen spritzgegossenen Magneten auf einer Motorwelle, der am Außenumfang fünf Nord- und fünf Südpole aufweist. Der Sensor auf dem Elektronikchip nimmt pro Umdrehung zehn Signale auf und schickt sie weiterverarbeitet an die Steuerung. Auf der Welle befestigt wird der Magnet über eine Metallbuchse, die vor dem Spritzgießen automatisiert in die Form gelegt wird.
Die magnetische Positionserfassung konkurriert mit optischen und elektroinduktiven Methoden, ist aber ungeschlagen in Bezug auf Kosten und Verlässlichkeit. Solange dieser Trend anhält, werden kunststoffgebundene Magnete allein in der berührungslosen Sensorik weiter starke Zuwächse haben.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de