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Rapid Manufacturing ist Realität geworden

Euromold: Hohe Standzeiten von RP-Werkzeugeinsätzen
Rapid Manufacturing ist Realität geworden

Rund 54 000 Besucher an vier Messetagen bedeuteten erneut einen Rekord für die siebte Euromold in Frankfurt/M. Im Bereich Rapid Prototyping zeigten die Aussteller neben neuen Anlagen auch neue Werkstoffe, um die Produktentwicklung noch weiter zu verkürzen.

Von unserem Redaktionsmitglied Norbert Berger

Die Standzeit der Formeinsätze aus unserem neuen Werkstoff Laser Form ST-100 liegt bei gut 100 000 Teilen“, wusste Sandra Seitz von der Hildener DTM GmbH zu berichten. Dabei bezog sie sich auf gespritzte Teile aus ungefüllten Kunststoffen. „Ist Glasfaser enthalten, wurden schon bis zu 25 000 Stück gefertigt. Weiter ging der Test nicht.“ Diese Zahlen untermauern, dass Rapid Manufacturing zur Realität geworden ist. Der angesprochene Verbundwerkstoff, der sich aus Cr-Ni-Stahl und Bronze im Verhältnis 60:40 zusammen setzt, soll sich vor allem durch eine verbesserte Oberflächenqualität auszeichnen. Die Toleranzen betragen bei Formeinsätzen ±0,125 bis 0,250 mm und bei Fertigteilen ±0,5 mm. Die Lasersinter-Spezialisten sehen die Anwendungsbereiche neben Prototypen-Formeinsätze auch in Funktionsprototypen. „Obwohl die Funktionalitäten in vielerlei Hinsicht mit denen von Stahl vergleichbar sind, ist Laser Form ST 100 kein Serienwerkstoff“, betont sie. Ein weiterer Vorteil des neuen Werkstoffs zeigt sich im Infiltrationsprozess. Nur noch ein statt bisher zwei Ofenzyklen ist vonnöten.
Ein gutes Beispiel für Rapid Production sieht Branchenkenner Terry Wohlers in der neuen Eosint P700 von der EOS GmbH, Planegg. Mit einer Bauraumdiagonale von 1 m und dem Einsatz von zwei Lasern kann die Anlage nicht nur große, sondern auch sehr viele kleine Teile auf einmal bauen. Ihre Schnelligkeit verdeutlicht Produktmanager Volker Junior am Beispiel eines zweiteiligen Dosiermechanismus einer Waschmaschine: „Der Break-Even-Point liegt zwischen 6000 bis 8000 Teile, erst dann ist die konventionelle Fertigung schneller.“
Ein Beispiel für große Teile aus Polyamid präsentierte Jürgen Blöcher, Geschäftsführer der FKM Sintertechnik GmbH aus Biedenkopf-Breitenstein. Die Herstellung eines voll funktionsfähigen Pkw-Tanks in den Abmaßen 607 mm x 330 mm x 491 mm dauerte 33 h, die Lieferzeit lag zwischen drei und vier Tagen. „Damit sparen wir 75 Prozent an Zeit und 25 Prozent an Kosten gegenüber der Fertigung mit Hilfe eines Laminierwerkzeugs ein“, weiß er zu berichten. FKM war Vorserienkunde der P700 und machte positive Erfahrungen mit der Maschine. „Unsere Hoffnungen und Wünsche sind erfüllt worden“, erklärt Blöcher.
Auch bei EOS gehört Rapid Manufacturing im Metallbereich zum Stand der Technik. Die Planegger hatten ein neues Material für das Direkte Metall-Laser-Sintern (DMLS) von Metallteilen und -formeinsätzen dabei. Das stahlbasierte Pulver Direct Steel 20-V1 ermöglicht den Bau mit Schichtstärken von 20 µm. Dadurch sollen sich Detailauflösung, Maßhaltigkeit und Oberflächenqualität deutlich verbessern lassen. „Der Finishaufwand im Werkzeugbau wird deutlich geringer, Entformbarkeit ist bereits ohne manuelles Finish gegeben“, behauptet Junior. Nach Angaben von EOS reichen die bisherigen Erfahrungen bis zu Losgrößen von mehreren 10 000 Stück. „Die eingesetzten Werkzeuge zeigten gar keine oder nur so geringen Verschleiß, dass auch bei abrasiven Werkstoffen von einer Stückzahl bis zu mehreren 100 000 ausgegangen werden kann“, betont Junior.
Die 3D Systems GmbH aus Darmstadt hatte im Bereich Rapid Manufacturing keine neuen Werkstoffe dabei. Dafür berichtete Manfred Daas von der Moeller GmbH aus Bonn über das bestehende Verfahren 3D-Keltool von 3D Systems. „Nach 55 000 Schuss war der Werkzeugeinsatz bei einem 50 Prozent mit Glasfaser gefülltem Polyamid verschlissen. Inzwischen haben wir den zuvor ungehärteten Werkzeugeinsatz mit einer Härte von 48 HRC versehen. Zuvor lag sie bei 38 HRC. Derzeit liegen wir bei 60 000 Teilen, ohne jeden erkennbaren Verschleiß“, erläutert der Leiter des Prototypbaus und der Arbeitsvorbereitung. Seiner Ansicht nach erhält man bei einem extremen Werkstoff eine gute Oberfläche derzeit nur mit 3D Keltlool.
Für ihre Stereolithographie(SL)-Anlagen präsentierte 3D Systems den Werkstoff SL 7540. Der Werkstoff soll sich hoch belasten lassen und gute thermische Eigenschaften aufweisen. Feinste Oberflächenstrukturen können ohne Verzug oder Krümmung abgebildet werden. Zudem weist der Werkstoff nach Angaben der Darmstädter eine verbesserte Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuchtigkeit auf.
Mit dem neuen High Precision Modeler 700 lassen sich Wachsmodelle aus CAD-Daten erstellen. Diese RP-Anlage der Buss Modeling Technology GmbH (BMT) aus Koblenz findet Anwendung für verlorene Formen im Feingussbereich. Der Modeler hat eine Bauraumgröße von 450 mm x 300 mm x 300 mm. Seine Schichtstärken reichen von 0,012 mm bis 0,125 mm bei einer minimalen Wandstärke von 0,1 mm. Mehrere Düsen tragen bis zu 7000 Wachstropfen pro Sekunde auf der Bauplattform auf. Nach jeder Schicht wird die Plattform abgesenkt und durch einen integrierten Fräser auf die exakte Schichtdicke gebracht. Danach überprüft das System die Düsen auf ihre Funktionsfähigkeit. Nach dem Bauprozess wird das Stützmaterial in einem Lösungsmittel ohne Nachbearbeitung entfernt.
Nachfolger für LOM-Hersteller Helisys auf dem Markt
Ein wichtiges Thema auf der Messe war die Auflösung der Firma Helisys Inc. aus Torrance/USA. Wie im Gespräch mit BMT-Geschäftsführer Hans-Jürg Buss deutlich und später von Terry Wohlers bestätigt wurde, existiert der LOM(Layer Object Manufacturing)-Pionier Helisys nicht mehr. Das operative Geschäft wurde zum 30 Oktober beendet. Als Nachfolgegesellschaft hat Helisys-Gründer Michael Feygin die Cubic Technologies Inc. gegründet. Im neuen Unternehmen sollen die RP-Maschinen weiter entwickelt und verkauft werden. Die Amerikaner wollen mit dem deutschen Distributor, der BMT, die mit Helisys bestandene Kooperation weiter fortführen. „Wir bieten den Kunden den technischen Support auf jeden Fall weiter an“, betont Buss. In Zusammenarbeit mit einem deutschen Hersteller hat BMT ein neues Papier für das LOM-Verfahren hergestellt. Vario Paper plus zeichnet sich nach Angaben der Koblenzer durch seine verbesserten Temperaturbeständigkeit und Infiltriereigenschaften gegenüber dem Vorgängermodell aus.
Mit der RP-Anlage Maxum tauchte die Alphacam Fertigungssoftware GmbH auf der Euromold auf. Die FDM-Anlage (Fused Deposition Modeling) der Schorndorfer ermöglicht es, Funktionsprototypen aus ABS bis zu einer Größe von 600 mm x 500 mm x 600 mm herzustellen. Laut Michael Junghanß, Geschäftsführender Gesellschafter, erlaubt die neue Maschine „gegenüber dem Vorgängermodell Quantum einen erhöhten Durchsatz um mindestens 50 Prozent“. Weiterhin soll die Preprozessing-Software Insight den Anlagenbetrieb einfacher machen: Der Anwender übernimmt mit Drag & Drop den STL-Datensatz aus dem CAD-System und startet den automatischen Bauprozess. Als weiteren Vorteil nennt Junghanß die Anwendung von Water Works. Dabei wird das oft erforderliche Stützmaterial in einem wässrigen Lösungsmittel aufgelöst. Der Prototyp weist ohne Nacharbeit eine glatte Oberfläche auf.
Das Standardformat zur Übertragung von CAD-Daten an eine RP-Anlage ist STL. In häufigen Fällen sind STL-Daten aber fehlerhaft – nicht verbundene Kanten, Flächen oder Löcher müssen nachträglich aufwendig repariert werden. Als Lösung für dieses Problem stellte Marcam Engineering aus Bremen auf der Messe die Software VisCAM RP vor. Topologische Probleme und fehlerhafte Daten bei Flächen-, Dreickecks- und Schichtmodellen sollen sich damit automatisch oder auch interaktiv beheben lassen. Der Anwender kann die Module Surface, Solid und Slice entsprechend seiner Anforderungen miteinander kombinieren und flexibel für verschiedene RP-Anlagen einsetzen. „Es lassen sich mit unserem System wahlweise baufertige Daten oder auch nur reparierte Daten an eine RP-Maschine übergeben“, erläutert Geschäftsführer Marcus Joppe. So können beispielsweise bei einer EOS- oder F&S-Anlage die Stützkonstruktionen und Schraffuren vollständig in VisCAM RP festgelegt werden, die Erzeugung an der Maschine entfällt.
Am Stand der Frankfurter Solid Team GmbH konnten sich die Besucher über Neuigkeiten von Nika und Solid Works. informieren. Die Nika GmbH, Sottrum, zeigte den FloWorks Explorer. Dabei handelt es sich um ein Ergänzungstool zu FloWorks, einer CFD(Computanional Fluid Dynamics)-Software zum Simulieren von Strömungen. Der Explorer bereitet Modelle vor, visualisiert und wertet Ergebnisse aus. Die Software wurde für Windows NT konzipiert und richtet sich an Anwender des CAD-Systems Solid Works.
Solid Works konnte mit zwei Ergänzungstools aufwarten. Mit 3D PartStream.NET lassen sich 3D-Modelle in E-Commerce-Systeme und webbasierende Produktkataloge integrieren. Die Zeichnungen können im Internet gezoomt, gedreht und heruntergeladen werden. Auf das zweite Ergänzungs-tool weist der Vertiebsleiter von Solid Team, Lutz Feldmann, hin: „ 3D Instant Website visualisiert für die Kunden neue Produkte im Web.“ So lassen sich Entwürfe auf einer von Solid Works bereitgestellten Website oder lokal im Intranet veröffentlichen. Wie bei dem Werkzeug E-Drawing ist nur ein Mausklick nötig, um das Bauteil zu verschicken.
„Unsere Version 6 ist eine Kampfansage an die etablierten Unternehmen im MCAD-Bereich“, behauptet Joe Costello, Chairman und CEO von Think3. Das Highlight der neuen Version der Oberhachinger Think3 GmbH ist nach Firmenangaben die Sprachsteuerung. Anwender können die über direkt gesprochen Kommandos den Designprozess steuern – manuelle Kommandos und Menueoptionen werden nicht mehr benötigt. Die Spracheingabe wurde in Zusammenarbeit mit Microsoft entwickelt. Release 6 der CAD-Software beinhaltet zudem eine vollständige PDM-Lösung, die beliebig skalierbar sein soll.
Ludwig Bussmann stellte mit seinem Team von der Infoss Integral Software AG aus Berlin VolCAM vor. „Ein gutes CAM-System hat in allen Bereichen keine Mängel und muss deshalb zwangsläufig volumenorientiert sein“, kommentiert der Geschäftsführer sein Produkt. In der ersten Version ist die Fräsbearbeitung enthalten. Lösungen für Drehen, Drahterodieren oder Blechbearbeitung sollen folgen. VolCAM liest das Volumenmodell aus einem CAD-System ein und betrachtet dann das abzutragende Material. „Darin liegt der Unterschied zu anderen Systemen, die das Fertigteil betrachten“, behauptet Bussmann. „Wir zerlegen die Geometrie in Untergeometrien und können so besser überprüfen, ob sich das Bauteil auch bearbeiten lässt.“ Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise sei auch, dass sich Kollisionen vermeiden lassen. Derzeit kann das System direkt Daten aus Solid Works einlesen, demnächst auch aus Solid Edge. Ab April ist das erste Release der Software am Markt erhältlich.
Nachgefragt: „Metallteile mit wirklich guter Qualität herzustellen ist eine echte Herausforderung“
Andreas Daunderer ist Vorstand der Alphaform AG. Die Feldkirchener sind einer der größten deutschen Dienstleister im Bereich Rapid Prototyping (RP) und produzieren auf 17 RP-Anlagen
? Wie positioniert sich Alphaform gegenüber den Mitbewerbern?
! Der RP-Markt ist sehr fragmentiert. Viele Unternehmen bieten nur Teilbereiche von Dienstleistungen an. Der Kunde ist gezwungen, seine Teile entweder selbst herzustellen oder den Bedarf über mehrere Firmen zu decken. Wir können in den Bereichen Kfz-Interieur, Elektronik und Haushaltswaren eine komplette Dienstleistung anbieten.
? Mit welchen Problemen haben Sie zu kämpfen?
! Unser größtes Problem ist, dass der Kunde nicht weiß, was machbar ist. Oft werden einfach Äpfel mit Birnen verglichen. Das liegt auch an den fehlenden Standards. Wie soll der Kunde die Angebote oder Leistungen bewerten? Wie definiert sich ein gutes Metallteil? Uns bleibt nur, eine vertrauensvolle Basis zu schaffen.
? Mit welchen Anforderungen treten die Kunden an Sie heran?
!Die einen wünschen nur die Realisierung des Prototyps, die anderen beziehen uns in die Entwicklung mit ein. Sie erwarten von uns die Engineering-Dienstleistung, wie sich Teile herstellen oder fertigen lassen. Wir sind aber kein Wettbewerber von Konstruktionsfirmen, die Teile entwickeln. Alphaform setzt vielmehr auf bestehende Kunden-Daten auf.
? Sie haben die Eosint P700 schon der Markteinführung getestet. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Anlage gemacht?
! Wir verarbeiten in erster Linie Polystyrol für Feinguss-Applikationen. Mit den Vorgängermodellen P350 oder P 360 ließen sich viele Bauteile nur mehrfach geteilt darstellen. Mit der größeren P700 können größere Volumen dargestellt werden. Zudem ist ein Fortschritt in Richtung Genauigkeit und Schnelligkeit zu erkennen.
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