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Tauschen oder laden?

Battery Swapping ist bei Elektrobussen schon Praxis
Tauschen oder laden?

Bei „konventionellen“ E-Mobilen wird die Batterie im Fahrzeug bei Bedarf mittels Gleich- oder Wechselstrom aufgeladen. Beim „Battery Swapping“ hingegen werden die leer gefahrenen Batterien durch frisch aufgeladene ersetzt. In der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao nutzen Elektrobusse dieses Verfahren.

Auch in China bringt die Elektromobilität neuen Schwung in die Fahrzeug-, Elektro- und Energie-Industrie. Knapper und teurer werdende Ölreserven und Klimawandel auf der einen Seite, Umweltprobleme in den Megastädten und die ansteigenden Mobilisierungsquoten auf der anderen Seite treiben das Thema voran. Bis 2015 soll es in China bereits 1 Mio. Elektrofahrzeuge und 220 000 Ladepunkte geben. 2020 sollen bereits 5 Mio. Elektrofahrzeuge im Land verkehren.

Bei den gegenwärtigen Diskussionen um die Akzeptanz des Elektromobils spielt neben dem Anschaffungspreis vor allem die Alltagstauglichkeit eine Rolle. Batteriekapazität und Aktionsradius sollen nicht zu knapp bemessen sein, und das Ladesystem muss für den elektrotechnischen Laien problem- und gefahrlos handhabbar sein. Ganz anders sehen die Anforderungen bei Nutzfahrzeugen aus – bei Flurförderfahrzeugen, bei Fahrzeugen auf dem Flughafenvorfeld oder eben im öffentlichen Personennahverkehr. Dort ist auch ein Batteriewechsel ein gangbarer Weg.
Die Vorteile des Battery Swapping bei Nutzfahrzeugen liegen vor allem darin, dass diese Fahrzeuge zumeist vordefinierte Routen fahren. Denn Busse, die im Stadt- oder Nahverkehr eingesetzt werden, fahren keine Fernstrecken. Die Reichweiten-Problematik kommt hier nicht zum tragen. Für das Battery Swapping sprechen auch die kurzen Stillstandszeiten der Busse – die Ladezeiten spielen auch keine Rolle, weil der Bus mit Austauschbatterien fährt, während die Batterien im Depot geladen werden.
Die 1947 als staatliches Unternehmen gegründete XJ Group Corporation zählt zu den führenden Unternehmen der Elektroindustrie in China. Das Unternehmen gehört zur State Grid Corporation of China (SGCC) – einer der größten Staatsfirmen im Land. Für die Batterie-Einheiten der Elektrobusflotte im Personennahverkehr der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao suchte die XJ Group als Betreiber eine geeignete Steckverbinder-Lösung. Die größte Herausforderung lag darin, eine Ladestation in weniger als sechs Monaten auf die grüne Wiese zu stellen.
Für das Projekt in Qingdao sollten die Stillstandszeiten der Busse beim Laden so gering wie möglich gehalten werden. Daher entschieden sich die Planer für das Wechselbatterie-Konzept. In den Wechselstationen werden in einer beidseitig mit Robotern bestückten Gasse die leeren Batterien vollautomatisch gegen aufgeladene ausgetauscht (siehe Bild oben). In rund 7 min sind die Batterieeinheiten komplett getauscht und der Bus nimmt „vollgetankt“ wieder Fahrt auf.
Das gesamte System wird von der Steuerzentrale in der Ladestation aus überwacht. Jede Batterie (siehe Bild unten) ist jederzeit über ihre Kennung mit ihren aktuellen Betriebsdaten zugänglich, auch die Batterien in den fahrenden Bussen werden über Telemetrie und Internet überwacht. Jeder Bus hat seine eigenen Batterien und Ladeplätze.
Möglich wird der schnelle Batteriewechsel erst durch ein robustes und zuverlässiges Stecksystem, das Phoenix Contact speziell für Elektronutzfahrzeuge im Dauereinsatz entwickelt hat. Da die Batterien durch das mehrfache Laden und Entladen pro Tag einer hohen Belastung ausgesetzt sind, muss das Laden schonend, aber zügig ablaufen. Wichtige Anforderung an die Steckverbinder-Lösung war daher auch eine integrierte Ausgleichsmechanik, die ein maschinelles Stecken unter definierten Abweichungen überhaupt erst ermöglicht (siehe Bild oben rechts).
Durch ein integriertes Datenmodul kann neben dem gezielten Management und der Überwachung des Ladevorgangs die Temperatur überwacht werden, um mögliche Überhitzungen zu vermeiden. Das Datenmodul sichert die Stromversorgung und die Kommunikation des Battery-Management-Systems über einen CAN-Bus.
Das Stecksystem ist aufgrund seiner Dimensionierung und Materialbeschaffenheit für Ströme bis 400 A und Spannungen bis 750 V ausgelegt. Jeden Tag werden die Batterien von rund 200 Bussen zwei bis drei Mal an der Wechselstation getauscht. Zu jedem Bus gehören 18 Batterien – neun, die fahren, und neun, die laden. Die Reichweite der Busse beträgt etwa 120 km. Im Busdepot werden nach einer Tour sämtliche Batterien in 7 min ausgetauscht.
Die Busse fahren seit Juni 2011 – nach einem kurzen Versuchsbetrieb – im öffentlichen Verkehrsnetz. Inzwischen wurden über 6000 Steckerpaare nach China geliefert. Produziert werden sie zurzeit in Blomberg, aber schon bald auch in Nanjing. Die Batterien selbst kommen aus China, dort werden auch die Steckverbinder eingebaut.
So kamen bisher mehrere 100 000 Batteriewechsel zustande – über 2 Mio. km wurden inzwischen mit diesem System zurückgelegt. Die Steckverbinder von Phoenix Contact haben ihre Aufgabe bis jetzt störungsfrei erfüllt.
Elektromobilität ist zurzeit ein großes Versuchslabor, erste Anwendungen müssen sich derzeit in Praxistests und ersten Echtbetriebs-Applikationen bewähren. In Qingdao sind weitere Ladestationen in Planung oder sogar schon in Bau, denn Ende 2013 sollen bereits 1500 Elektrobusse dort fahren. Auch in anderen Städten Chinas entstehen zurzeit Ladestationen. Dort ist Phoenix Contact in weiteren Projekten dieser Art involviert, und auch in Europa besteht großes Interesse an Lösungen mit Battery Swapping im Nutzverkehr.
Stefan Grimm B.A. Berni Lörwald Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg
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