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Toroidal-Rollenlager gleichtSchiefstellungen bis 1° aus

Bauartvergleich: Zylinder- und Pendelrollenlager versus Carb-Lager
Toroidal-Rollenlager gleichtSchiefstellungen bis 1° aus

Bei Carb, einem Toroidal-Rollenlager, wurden wichtige Funktionen in einer einzigen Wälzlagerbauart integriert. Das macht die Lagerung betriebssicher. Ihre Vorteile entfaltet sie beispielsweise in Papiermaschinen.

Dipl.-Ing. Karl-Friedrich Kaschube ist Leiter der Techn. Beratung Papier-maschinen-Industrie der SKF GmbH in Schweinfurt

Unter schwierigen Betriebsbedingungen stoßen konventionelle Lagerungen nicht selten an ihre Grenzen. Sie sind überbeansprucht. Schäden entwickeln sich plötzlich und werden nicht rechtzeitig erkannt. Maschinenstillstände sind nicht mehr planbar. Das Toroidal-Rollenlager Carb toleriert Einsatzbedingungen, bei denen andere Lagerungen kapitulieren. Es erhöht die Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen und reduziert Maschinenstörungen durch Fehlfunktionen von Wälzlagerungen.
Zwei Drittel davon basieren auf der Anordnung Festlager – Loslager. Loslagerung heißt, Längendehnungen der Welle ohne Probleme zu gewährleisten. Konventionelle Lösungen genügen diesen Forderungen nur teilweise.
Nachfolgend werden Lagertypen vorgestellt, die überwiegend in Papiermaschinen eingesetzt werden. Ungeplante Stillstände der Produktionsanlagen durch Lagerschäden oder Defekte an Umbauteilen verursachen in diesem Anwendungsbereich erhebliche Produktionsausfallkosten. Die Lager müssen hier gleichzeitig Temperaturen bis zu 130 °C, axiale Verschiebungen bis zu 15 mm und eine Schiefstellung von bis zu 0,3° verkraften. Dazu sind sie häufig ungenügend geschmiert. Abgesehen von diesen Bedingungen fordern die Betreiber eine Lebensdauer von bis zu 200000 h, was erhebliche Anforderungen an die Lager-Konstruktion und Ausführung stellt. Insbesondere der Sicherheit der Loslagerfunktion kam daher in der Vergangenheit eine erhebliche Priorität zu.
Die konventionellen Lösungen umfassen verschie-dene Typen von Zylinderrollen- oder Pendellagern. Das Zylinderrollenlager hat keine Schwierigkeiten mit der Axialverschiebung, reagiert aber bei Schiefstellung sehr sensibel. Bei Standardausführungen mit logarithmischem Kontaktprofil auf den Wälzkörpern sind zulässige Fluchtungsfehler auf 3 bis 4’ (Winkelminuten) begrenzt. Papiermaschinenausführungen mit doppeltlogarithmischen Profilen lassen Schiefstellungen bis zu 7’ zu.
Größere Schiefstellungen infolge unzureichender Ausrichtung erzeugen Probleme. Die Lastverteilung über der Rollenlänge wird unsymmetrisch. An den Rollenenden entstehen Spannungsspitzen, die den Werkstoff überbeanspruchen. Dies führt bei drastisch verkürzter Laufzeit zu klassischer Ermüdung an den Rändern von Rollen und Laufbahnen.
Das sogenannte winkelbewegliche, zweireihige Zylinderrollenlager sollte den Schwachpunkt des Zylinderrollenlagers, die Empfindlichkeit gegenüber Schiefstellung, kompensieren. Erfahrungen aus Betrieb und Labormessungen zeigten jedoch, daß eine ausreichend reibungsarme Gelenklagerfunktion nur möglich ist, wenn Schmierstoff unter Druck in die Gleitfläche eingebracht wird. Fällt der Druck weg, verweilt das Fett nur bis zu 1 min zwischen den Gleitflächen. Bei Ölzuführung reduziert sich dieser Vorgang auf wenige Sekunden. Ändert sich die Schiefstellung auch nur geringfügig, müßte daher immer Schmierstoff zwischen die Gleitflächen eingepreßt werden. Dies läßt sich in der Praxis nicht realisieren.
Durch die Fehlfunktion der Gleitlagerkomponente kann im Extremfall die tatsächliche Lagerlebensdauer um eine Zehnerpotenz niedriger sein als erwartet. Hinzu kommt, daß dieses Produkt von allen Loslagerbau-arten die weitaus geringste dynamische Tragzahl bei gleichem Querschnitt hat.
Das bei kleineren Maschinen häufig verwendete Pendelrollenlager hat keine Schwierigkeiten mit der Winkeleinstellbarkeit. Fluchtungsfehler bis 1° bewältigt es problemlos. Die Schwachstelle dieses Lagers liegt in der Funktion der Loslagerverschiebung zwischen Außenring und Gehäuse. Beim Verschieben werden Reibungskräfte erzeugt, die Los- und Festlager zusätzlich axial belasten und dadurch die zu erwartende Lagerlebensdauer um bis zu 50 % senken. Bei größeren Maschinenbreiten können diese Kräfte Größenordnungen von einigen Tonnen erreichen.
Beim Austausch kaum Änderungen nötig
Ein Beschichten der Außenringe mit PTFE könnte die Situation verbessern. Das Verfahren wird aber in der Papierindustrie bisher nicht eingesetzt.
Bei größeren Maschinen sind deshalb Pendelrollenlager in Lagergehäusen auf Stahlschneiden üblich. Hier nehmen die beweglichen Gehäuse die axialen Verschiebungen auf. Ein Schwachpunkt liegt in einem nicht in allen Fällen auszuschließenden Blockieren der Schneidenbewegung. Die daraus resultierenden Axialkräfte führen zu einer extrem kurzen Lebensdauer des Lagers. In manchen Fällen werden Scheibenlagerungen an die Gehäuse montiert. Gewicht und Seilzug machen deren Abstützungen instabil. Bei den stetig wachsenden Produktionsgeschwindigkeiten bis über 1600 m/min sind jedoch schwingungsstabile, massive Gehäuse ein Muß. Hier stößt die auf „drei Beinen“ abgestützte Schneidenlagerung an ihre Grenzen.
Das einreihige Carb-Lager hat sphärische Laufbahnen und Rollen, deren Radien wesentlich größer sind als bei Pendelrollenlagern. Seine Rollen sind selbstführend, und es besitzt keine Borde oder Führungsringe. Wie bei einem Rillenkugellager, das immer dort eingesetzt wird, wo es auf geringe Schwingungsanregung und Reibung ankommt, suchen die Wälzkörper permanent die Position im Lager, bei der die auf sie wirkenden Kräfte minimal sind. Dies ist immer dann der Fall, wenn die kleinen Achsen der Druckellipsen in den Wälzkontakten für Innen- und Außenringlaufbahn parallel verlaufen. Der zwangfreie Lauf der Wälzkörper schließt Schwingungserregung durch Schiefstellung wie etwa beim Zylinderrollenlager aus.
Da die Rollen in diesem Lager automatisch eine Posi-tion einnehmen, bei der die Last gleichmäßig über ihre Länge verteilt ist, wirken sich auch Montagefehler nicht durch erhöhte Schwingungserregung aus. Dies geschieht dagegen bei Pendelrollenlagern, wenn zum Beispiel der Innenring schief montiert ist.
Die zwangfreie Wälzkörperführung gleicht auch leichte Formfehler der Umbauteile, etwa Lagersitze mit kegeliger Zylindermantelform, folgenlos aus. Der Außenring kann eine feste Passung erhalten, da die Loslagerverschiebung innerhalb des Lagers erfolgt. Das Gehäuse ist massiv ausgeführt und direkt in der Stuhlung verschraubt. Dies führt zu einer sehr schwingungsarmen Lagerung.
Der neue Lagertyp verfügt daher über einige Vorteile. Bis zu einer Schiefstellung von maximal 1° ist es winkelbeweglich wie das Pendelrollenlager. Ausrichtfehler verlieren an Priorität.
Wie bei einem Zylinderrollenlager erfolgt die Axialverschiebung völlig reibungsfrei im Inneren des Bauteiles. Die Spannweite des axialen Verschiebungsweges beträgt circa ±10 % der Lagerbreite ohne Beeinträchtigung der Gebrauchsdauer, bei Zylinderrollenlagern liegt dieser Wert bei rund ± 8 %. Der Verschiebeweg hängt dabei nach einer Parabelfunktion von der Radialluft ab. Keine Wälzlagerbauart hat bei gleichem Querschnitt so hohe Tragzahlen wie das Carb-Lager, da seine gesamte Ringbreite ausgenutzt wird. Bei gleicher Lebensdauer können bis zu 30 % höhere Belastungen aufgenommen werden. Dies erhöht Betriebssicherheit und Leistungsreserven.
Seine Reibung ist niedriger als die eines Zylinder- oder Pendelrollenlagers. Damit werden höhere Drehzahlen denkbar oder die Lagertemperaturen bleiben niedriger. Messungen zeigen deutlich reduzierte Schwingungen gegenüber konventionellen Lagerungen. In einigen Fällen konnten Schwinggeschwindigkeitswerte um 85 % abgesenkt werden.
Der Austausch von Zylinderrollenlagern kann ohne Änderung an Gehäusen, Umbauteilen und der Schmierung erfolgen. Bei Substitu-tion winkelbeweglicher Zylinderrollenlager muß die Schmieröleingangsöffnung verlegt werden, bei Ersatz von Pendelrollenlagem sind zwei zusätzlich Festringe nötig. Gehäuse von Schneidenlagerungen werden fixiert. Was die Schmierung anbelangt, gelten für das Lager normale Anforderungen, etwa für Kappa-Wert und Schmierstoffreinheit. Es eignet sich gleichermaßen für Fett- und Ölschmierung.
Insgesamt gesehen, vereint die neue Lagerbauart die Vorteile von Pendel- und Zylinderrollenlagern, weist aber nicht deren Nachteile auf. Es ist bei gleichem Querschnitt von allen Wälzlagerbauarten das Tragfähigste. Gegenüber konventionellen Lagerungen ist sein Schwingungsniveau deutlich reduziert. Diese Vorteile können ohne Einschränkung in alle Anwendungsbereiche einfließen, beispielsweise in Ventilatoren oder Trockenzylinder. Der Nutzen für den Anwender liegt in der erhöhten Betriebssicherheit und in der längeren Gebrauchsdauer. In sensiblen Bereichen bieten die Toroidal-Rollenlager auch Vorteile im Bereich der Produktqualität.
Geschwindigkeitsrekord: Maschine produziert 1672 Meter Papier pro Minute
Im April 1997 stellte die Papierfabrik Braviken in Schweden einen neuen Weltrekord auf:
Über 24 h lief die Papiermaschine vom Typ PM 53 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 1672 m/min. Damit war sie um 28 m/min schneller als der alte Rekord, der von Sachsen Papier gehalten wurde.
Die Trockenpartie der PM 53 war dabei mit 31 Carb-Lagern ausgestattet. Messungen während der Erprobungsphase zeigten, daß die Schwingungen im Bereich der Welle dadurch um 85 % zurückgingen.
Industrieanzeiger
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