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Vorsprung durch Technik

Änderungen beim Markenschutz für Werbeslogans
Vorsprung durch Technik

Vorsprung durch Technik
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die bisher restriktive Praxis hinsichtlich der Registrierung von Werbeslogans als Marken des Deutschen Patent- und Markenamtes sowie des für europäische Marken zuständigen Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt revidiert. Mit der Schutzfähigkeit von Zusätzen wie „Vorsprung durch Technik“, die eine Markenanmeldung der Audi AG betraf, ergeben sich für Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre häufig aufwändig geschaffenen „Claims“ zu monopolisieren und gegenüber einer Verwässerung durch Wettbewerber zu schützen.

Im juristischen Sinne handelt es sich bei einer Marke um ein Zeichen, das die Funktion hat, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Mit Inkrafttreten des Markengesetzes im Jahre 1995 wurden der Marke neben dieser sogenannten Herkunftsunterscheidungsfunktion weitere Funktionen zuerkannt.

Dies gilt insbesondere auch für die Werbefunktion der Marke. Waren zur Zeit des Warenzeichengesetzes nur solche Werbeslogans als Warenzeichen schutzfähig, die zusätzlich noch den Namen des Herstellers enthielten, wie beispielsweise bei dem damals bereits schutzfähigen Slogan „Lass dir raten, trinke Spaten“ oder solche Slogans, die außerdem den Namen des Produktes enthielten, wie beispielsweise bei dem Slogan „Genießer trinken Doornkaat“, so konnten diese Maßstäbe nun nicht mehr gelten.
Gleichwohl wurde ein Großteil der Markenanmeldungen, die einen Werbeslogan zum Gegenstand hatten, mit der Begründung als schutzunfähig zurückgewiesen, der Slogan weise nicht die für die Eintragung als Marke erforderliche sogenannte Unterscheidungskraft auf. Es würde sich nämlich nur um eine werbeübliche Anpreisung handeln, in der die relevanten Verkehrskreise, beispielsweise die Verbraucher, keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sehen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt und die übergeordnete Instanz, das Bundespatentgericht, hat deshalb stets gefordert, ein Werbeslogan müsse einen fantasievollen Überschuss aufweisen und von besonderer Originalität sein, einen Überraschungs- und Merkeffekt auslösen, um als Marke schutzfähig zu sein. Im Ergebnis wurden beispielsweise Werbeslogans wie „Du darfst“ für Halbfettmargarine oder „The Spirit of Nature“ für Seifen und Pflegeprodukte als schutzfähig betrachtet, nicht aber Werbeslogans wie ’Den Mobilen gehört die Welt’ für Kraftfahrzeuge oder „Is egal“ für Getränke.
Diese restriktive Eintragungspraxis wurde auch vom Europäischen Gerichtshof über Jahre mit kleineren Korrekturen mit der Begründung gebilligt, der Verkehr sehe gewöhnlich keinen betrieblichen Herkunftshinweis in einem Werbeslogan, also erkenne darin keine Marke.
Im Jahre 2003 hat die Audi AG den Werbeslogan „Vorsprung durch Technik“ für eine Vielzahl von im Wesentlichen technikbezogenen Waren und Dienstleistungen als Gemeinschaftsmarke, das heißt europäische Marke, beim hierfür zuständigen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt angemeldet. Für die Waren Kraftfahrzeuge wurde der Werbeslogan als Marke unmittelbar eingetragen, da das Markengesetz die Eintragung auch von ursprünglich nicht unterscheidungskräftigen Zeichen vorsieht, wenn diese bei den relevanten Verkehrskreisen eine überragende Bekanntheit genießen und „verkehrsdurchgesetzt“ sind.
Dies wurde für den in Rede stehenden Werbeslogan für die Waren Kraftfahrzeuge angenommen. Für alle übrigen Waren und Dienstleistungen wurde der Werbeslogan mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich lediglich um eine Sachaussage, die nur als werbende Beschreibung oder lobende Anpreisung aufgefasst werde. Der Verkehr könne darin die Botschaft erkennen, die Lieferung und Herstellung besserer Waren und Dienstleistungen werde durch technische Überlegenheit herbeigeschafft. Ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, das heißt eine Marke, können nicht erkannt werden.
Die Audi AG hat daraufhin sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft. Schlussendlich hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, der Werbeslogan „Vorsprung durch Technik“ weise auch für die übrigen Waren und Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet wurde, die erforderliche Unterscheidungskraft auf und ist deshalb als Marke schutzfähig. Zur Begründung führt der Europäische Gerichtshof aus, dass Werbeslogans naturgemäß in mehr oder weniger großem Umfang eine Sachaussage enthalten, die jedoch allein der Unterscheidungskraft nicht entgegensteht. Ferner üben Werbeslogans naturgemäß eine Werbefunktion aus. Dabei kann die erforderliche Unterscheidungskraft selbst dann vorliegen, wenn die Werbefunktion des Slogans im Vordergrund steht.
Der Europäische Gerichtshof hat dankenswerterweise einige Indizien genannt, die darauf hindeuten, dass ein als Marke angemeldeter Werbeslogan die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist. Demnach darf ein Slogan nicht für die Waren und Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet wurde, einen beschreibenden Inhalt aufweisen. Es darf sich außerdem nicht um eine gewöhnliche Werbemitteilung handeln. Stattdessen sollte der Werbeslogan eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, leicht merkfähig sein und beim Verkehr einen Denkprozess auslösen bzw. ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern.
Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes auf die Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamtes in Bezug auf Werbeslogans haben wird. Insbesondere sollte das Amt den Anmeldern verdeutlichen, in welchen Fällen die vom Europäischen Gerichtshof genannten Indizien für das Vorliegen von Unterscheidungskraft gegeben sind. Insofern muss die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes durch die Praxis des Deutschen Patent- und Markenamtes noch ein wenig mit Leben erfüllt werden.
Klar ist jedoch, dass auch in der Welt der Juristen angekommen zu sein scheint, dass ein Werbeslogan oder „Claim“ grundsätzlich als Marke fungieren kann und deshalb ein schützenswertes Gut darstellt. So ist der Verkehr mittlerweile daran gewöhnt, einen Werbeslogan als betrieblichen Herkunftshinweis aufzufassen.
Ein Großteil der Indukom-Leser wird zweifelsohne hinter den Aussagen „Driving the world“ und „work. don’t play.“ die Unternehmen SEW-Eurodrive und Metabo erkennen. Ganz offensichtlich ist nun die Eignung von Claims und Slogans als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt. Prominente Beispiele sind: „Nichts ist unmöglich“, „Gute Preise, gute Besserung“ oder aber auch „Geiz ist geil“, hinter denen nicht nur der von den Gerichten so gern zitierte „Durchschnittsverbraucher“ ein bestimmtes Unternehmen erkennt, sondern auch die häufig etwas realitätsfern erscheinenden Prüfer der Markenbehörden.
In diesem Sinne bleibt festzustellen: „Es gibt viel zu tun – melden wir es an.“
Dr. rer. nat. Marco Findeisen
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