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Wer sich an CFK wagt, schneidet schneller

Wellen aus Faserverbundwerkstoffen schwingen weniger
Wer sich an CFK wagt, schneidet schneller

Wer sich an CFK wagt, schneidet schneller
Die Auswahl der Fasern und ihre Anordnung beeinflussen die Eigenschaften des Bauteils. Eine Welle mit Fasern im 45°-Winkel überträgt die größten Momente (Bilder: Xperion)
Wer schnellere und präzisere Maschinen bauen will, ist mit Antriebselementen aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen auf einem guten Weg. Beispiele aus dem allgemeinen Maschinenbau zeigen, wo sich der Wechsel lohnen könnte.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Bis an die Grenzen der Dynamik wollte der Anwender einer Laserschneidmaschine gehen und stieß auf ein Problem: Schwingungen an der Antriebswelle machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Er wandte sich an den betroffenen Maschinenbauer mit der Bitte, den Missstand zu beheben. Der setzte anstelle einer Stahwelle ein Bauteil aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) ein und bekam damit die Schwingungen in den Griff.
Die Prototypen dafür berechneten und lieferten Spezialisten der Xperion FS Composites GmbH & Co. KG in Laudenbach.Das Unternehmen ist eine Tochter der Herforder Xperion-Gruppe, in der sich im Jahr 2001 die Faserverbundwerkstoff-Geschäftsbereiche mehrerer Großkonzerne zusammenschlossen, darunter Freudenberg, Dornier, Daimler-Chrysler und AEG. Die Gruppe ist auf rotaionssymmetrische Teile aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) sowie glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) spezialisiert, wobei am Standort Laudenbach vor allem Walzen und Wellen gefertigt werden.
Solche Wellen sowie auch andere Konstruktionselemente aus faserverstärkten Kunststoffen werden in Schiffen, Kühltürmen oder der Windkraftbranche schon länger eingesetzt. So kann die rund 12 m lange CFK-Antriebswelle einer Schnellfähre mit einem Durchmesser von rund 700 mm um rund 1,5 t leichter ausfallen als ihr Pendant aus Stahl. Eine elektrisch isolierende Kupplung aus GFK wiederum schützt den Generator einer Windkraftanlage vor den Folgen eines Blitzeinschlages im Rotor.
„Ganz so speziell sind die Anforderungen meist nicht, wenn sich ein Anwender aus dem allgemeinen Maschinenbau an uns wendet“, sagt Thomas Henß, Prokurist bei den Laudenbacher Werkstoffexperten. Da fallen eher auch Aufträge im „Röhrchen“-Format an, mit vielleicht 50 mm Durchmesser und unter 1 m Länge. Die optimale Lösung mit CFK müssen die Laudenbacher trotzdem errechnen.
Um das Schwingungsproblem in der Laserschneidmaschine zu lösen, sollten sie mit CFK die Torsionssteifigkeit einer Stahlwelle erreichen, aber eine höhere Biegeeigenfrequenz bieten. Stahl mit seiner Dichte von 8 g/cm³ und einem E-Modul von 220 GPa lässt da relativ wenige Designfreiheiten, wenn die Abmessungen einmal festliegen. Wer hingegen CFK einsetzt, rechnet mit einer Dichte von rund 1,55 g/cm³, aber einem axialen E-Modul irgendwo zwischen 13 und 280 GPa. Welcher Wert aus dieser Spanne es sein soll, entscheidet der Ingenieur, in dem er die Faser auswählt und den Wicklungsaufbau bestimmt. Das ist sein Spielraum, um für eine Anwendung sowohl dem technischen als auch dem ökonomischen Optimum möglichst nahe zu kommen.
Dafür, dass sich dieser Aufwand auch im Maschinenbau lohnt, ist die Laserschneidmaschine denn auch nicht das einzige Beispiel. Weil er seine Bogendruckmaschine schneller mit Papier füttern wollte, musste ein Maschinenbauer den zugehörigen Antriebsstrang variieren. Seine Limits kamen laut Henß aus der Elektrik: Um die Masse einer Stahlwelle auf Touren zu bringen, hätte er die Motoren kühlen und erheblich dickere Leitungen einsetzen müssen. „Unsere Berechnungen zeigen, dass sich die Investition in eine CFK-Welle hier auf jeden Fall lohnt, weil der Maschinenbauer bei der Gesamtkonstruktion viel Aufwand sparen könnte“, erläutert Henß.
Und auch um ein weiteres Beispiel ist er nicht verlegen: In der Textilindustrie ließe sich das Wickeln von Kunststofffasern beschleunigen. Wie eine Berechnung der Laudenbacher zeigt, würde in manchen Anwedungen eine CFK-Welle heute nur zu etwa 45 % ihres Potenzials genutzt. „Eine solche Konstruktion“, sagt der Prokurist, „lässt auch noch Spielraum für die Zukunft.“
Eines muss allerdings auch Henß zugeben. Die CFK-Lösungen unterscheiden sich nicht nur in ihren technischen Eigenschaften vom Stahl, sondern auch bei den Kosten – und das lässt mitunter die Zuneigung des Anwenders zum Spezialwerkstoff schrumpfen.
Dabei könnten Anwendungen günstiger ausfallen, als sie es in der Praxis oftmals tun. „Die Laserschneidmaschine ist ein gutes Beispiel dafür, dass mit CFK erst im Nachhinein ein Problem gelöst werden sollte“, erläutert der Laudenbacher. In so einem Fall müssen die Materialexperten die Kunststoff-Welle in eine Konstruktion einpassen, deren Umfeld eigentlich für die Stahllösung ausgelegt war. „Besser wäre es, nicht nur den Werkstoff auszutauschen, sondern die Gesamtkonstruktion auf das neue Material abzustimmen. Dann kann die Welle unter Umständen erheblich günstiger ausfallen.“
Beratung auf diesem Sektor bieten die Laudenbacher bereits an, ebenso wie ein Berechnungstool, mit dem ein Konstrukteur selbst abschätzen kann, was CFK in seiner Anwendung leistet und kostet. Und das Interesse wächst, sagt Henß, spätestens seit Mountain-Bikes und CFK-Zierteile an Porsche & Co. das Plastik-Image des High-Tech-Materials schwinden lassen. Was der Prokurist kommentiert mit: „CFK ist heute halt sexy.“
Mehr Informationen: www.xperion.de
CFK statt Motorkühlung und dicker Leitungen

„Das Software-Tool zeigt Konstrukteuren, was CFK können und kosten“

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nachgefragt

Spezialwissen zu CFK-Antriebswellen hat Xperion in einer Software gebündelt. Laut Thomas Henß zeigt sie dem Konstrukteur schnell, ob sich der Abschied vom Metall lohnt.
Welche Möglichkeiten bieten CFK?
Maschinenbauer sollen schnellere und genauere Maschinen konstruieren. Mit Faserverbundwerkstoffen ist das möglich. Selbst die Temperaturausdehnung des Bauteiles ist innerhalb bestimmter Grenzen einstellbar. Sogar eine Null-Ausdehnung ist zu erreichen.
Was ändert sich beim Konstruieren mit CFK?
Im Vergleich zu Metallen kommt bei der Auslegung sozusagen eine Dimension dazu. Beim Faserverbundwerkstoff lässt sich zum Beispiel der E-Modul in ver- schiedenen Koordinaten eines Bauteils variieren, je nachdem, welche Fasern oder welche Art des Wickelaufbaus man wählt. Die Formeln für die zusätzlichen Berechnungen sind aber nicht überall bekannt. Um die Flexibilität des Werkstoffs nut- zen zu können, braucht ein Konstrukteur also eigene Erfahrung oder Unterstüt- zung, um die richtige Entscheidung zu treffen.
Wie kann Ihr Software-Tool die Entscheidung für ein Material vereinfachen?
In unser Tool trägt der Konstrukteur die Parameter seiner Anwendung wie Drehmoment, Drehzahl, Länge oder Durchmesser ein. Das Programm berechnet ihm dann die technischen Daten für mehrere Lösungsvarianten mit CFK: Drei Fasern und vier Wickelaufbauten werden verglichen, die sich in der axialen Steifigkeit und der Verdrehsteifigkeit unterscheiden. Auch die Preise sowie die technischen Daten für Alu und Stahl werden gezeigt, so dass der Anwender die klassische Lösung und die möglichen Alternativen bewerten kann.
Ist das Tool für jeden zugänglich?
Kunden können sich im Internet einloggen. Für andere Interessenten erheben wir eine Gebühr, die wir mit dem ersten bei uns gekauften Produkt verrechnen. op

Faserverbundwerkstoffe im Antriebsstrang
Automobilbau:
An Prüfständen für den Automobilbau werden Bauteile aus CFK ebenso eingesetzt wie bei Turbinenprüfständen, die Drehzahlen von bis zu 28 000 min-1 erreichen. Im Jahr 2008 will ein deutscher Automobilbauer eine CFK-Längswelle auf die Straße bringen. Die Prototypen dafür baut Xperion derzeit. Schiffbau: CFK-Wellen werden im Schiffbau eingesetzt. Wenn große Drehmomente übertragen werden sollen, lassen sich Verbindungen über Bolzen herstellen. Weil CFK-Wellen über eine hohe Eigenfrequenz verfügen, brauchen selbst lange Wellen keine Zwischenlagerung. Mit ihrer Dichte von 1,55 g/cm³ sind sie relativ leicht. Windkraftanlagen: Damit ein Blitzschlag im Rotor nicht den Generator der Anlage schädigt, sind beide durch eine Kupplung aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) elektrisch voneinander isoliert. Die mechanischen Eigenschaften von GFK ähneln denen von Aluminium. In Windrädern übertragen sie Nenndrehmomente von bis zu 30 kNm.
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