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Energieeffizienz im Bündnis: Gemeinsam stark

Immer mehr Unternehmen kämpfen gegen überflüssige Kilowattstunden
Energieeffizienz im Bündnis: Gemeinsam stark

Energieeffizienz im Bündnis: Gemeinsam stark
Seit kurzem tragen die Blasfolienanlagen Isoliermanschetten – eine einfache Lösung, um Wärmeenergie nicht verpuffen zu lassen Bild: Perga Plastic
Sie sind bekennende Ideentauscher: Die Wittenberger Polymer-Technik Elbe nutzt die Praxis-Erfahrungen Anderer, um Energie zu sparen. Damit hat der Kautschukspezialist binnen drei Jahren seinen Stromverbrauch um eine halbe Million Kilowattstunden gesenkt. Und der süddeutsche Folienhersteller Perga Plastic konnte nach einem Jahr Arbeit im EnBW-Netzwerk Energieeffizienz seine Kosten für Gas und Strom bereits um 120 000 Euro verringern.

Beide Unternehmen engagieren sich in regionalen Gruppen von Unternehmern, die Strom, Gas und Druckluft effizienter einsetzen wollen. Bei den Netzwerktreffen steuert jeder Teilnehmer eigene Erfahrungen bei und lernt gleichzeitig von den Anderen. Hans-Jürgen Lehmann, Geschäftsführer der Polymer-Technik Elbe, schätzt diesen Austausch: „Alle Teilnehmer stellen ihre praktischen Lösungen vor – dazu gehört auch, dass man über negative Erfahrungen bei bestimmten Umsetzungen spricht. Diese Offenheit war für uns in der Praxis sehr wertvoll.“ Lehmann arbeitete drei Jahre im „EnBW Netzwerk Energieeffizienz Mitteldeutschland“ mit. Hier waren 13 Firmen zusammengeschlossen, darunter auch die Ortrander Eisenhütte in Brandenburg und Feinkostproduzent Astenhof aus Hainspitz in Thüringen. Ihre Gemeinsamkeit: Alle Unternehmer gehören zum energieintensiven Mittelstand mit jährlichen Energiekosten ab 150 000 Euro. Ansonsten aber stammen sie aus unterschiedlichen Branchen mit jeweils sehr spezifischen Produktionsprozessen. Nach diesem Prinzip arbeiten alle EnBW Netzwerke Energieeffizienz, es soll einen vertrauensvollen Umgang der Teilnehmer untereinander fördern. „Einen direkten Konkurrenten lässt man auch nicht so gerne in die eigenen Karten schauen“, sagt Lehmann.

Moderiert werden die Treffen von der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, sie bringt die Teilnehmer auch mit externen Fachleuten zusammen. Unterschiedliche technische Maßnahmen werden im Plenum nach Effizienzgrad und Wirtschaftlichkeit bewertet und anschließend umgesetzt. Der Fokus liegt dabei auf Querschnittsbereichen wie Druckluft, Beleuchtung oder Wärmedämmung. Bei den Netzwerktreffen werden immer gleichzeitig die technische und die kaufmännische Sichtweise vertreten. So lässt sich der Investitionsaufwand besser abschätzen. „Für mich als Kaufmann war wichtig, dass wir uns dem Thema Energieeffizienz ganzheitlich genähert haben und alle wichtigen Bereiche angesprochen wurden. Freie Energieberater sind oft auf einen Komplex reduziert“, so Hans-Jürgen Lehmann.
Zusammenarbeit nutzen beide Seiten
Bei der EnBW sieht man den Charme der Netzwerk-Idee vor allem darin, dass sie allen nützt – auch dem Energieversorger. „Wir möchten mit unseren Kunden eine möglichst lange Partnerschaft eingehen. Dazu gehört, dass wir einen Mehrwert über die reine Stromversorgung hinaus bieten“, sagt Thomas Wagner, Produktmanager bei der EnBW Vertriebs- und Servicegesellschaft. „Unsere Energieeffizienz-Netzwerke nützen beiden Seiten: Unsere Kunden profitieren von sinkenden Kosten und besseren Arbeitsabläufen; wir stellen unser Know-how und eine Kundeorientierung unter Beweis.“
Die Polymer-Technik Elbe gehört zur kautschukverarbeitenden Industrie und stellt Halbfabrikate her. Die 250 Mitarbeiter fertigen die Gummimischungen an insgesamt sechs Mischerlinien. An diesen Mischerlinien werden Kautschuke und Chemikalien in einem Innenmischer mit großen Rotoren vermischt und über Walzformen homogenisiert in die vom Kunden gewünschte Lieferform gebracht. Die Kneter und Walzwerke sind nicht nur das Herzstück der Produktion, sondern auch deren Hauptenergieverbraucher. Zwei Anregungen aus dem Netzwerk brachten hier eine Ersparnis von rund 100 000 kWh. Zum einen schalten sich leerlaufende Maschinen nun automatisch nach zehn Minuten aus. Zum anderen gab es für jede Kneterlinie verschiedene Trafoebenen. Diese wurden durch den Einsatz neuer Stromrichter vereinheitlicht und die überflüssigen Trafos abgebaut.
Komplexer gestaltete sich da die Umrüstung des Leuchtsystems. In den Werkshallen werden mittlerweile Bewegungsmelder und Tageslichtsensoren kombiniert. Das Kunstlicht wird bei entsprechender Helligkeit abgeschaltet, und wo sich kein Mitarbeiter aufhält, erfolgt ebenfalls eine automatische Abschaltung. Leuchten, die direkt unter der Decke hingen, wurden durch tiefhängende Lichtquellen ersetzt, die nur die tatsächlichen Arbeitsbereiche beleuchten. Die Kosten für die energieeffizienteren Leuchtmittel beliefen sich auf circa 27 000 Euro, die Ersparnis beträgt rund 300 000 kWh. Innerhalb von anderthalb Jahren werden sich diese Ausgaben amortisieren. Und nicht nur das: Die besseren Lichtverhältnisse schonen auch das Auge. „Wir konnten in allen Arbeitsbereichen auch die Blendwirkung verringern. Insgesamt herrschen überall, wo wir energetisch optimiert haben, auch bessere Arbeitsbedingungen“, resümiert Lehmann. Dies galt auch bei der Umrüstung eines überdimensionierten Abluftventilators mittels eines Frequenzumrichters – die Anlage läuft leiser und produziert weniger Zugluft.
Neue Anforderungen für Einkäufer
Zur Zeit arbeitet man bei Polymer-Technik Elbe daran, alle Bereiche zu verlagern, die Druckluft benötigen. „Wir wollen das Leitungssystem verkürzen und den Druck direkt dort erzeugen, wo er gebraucht wird. Der unnötige Druckabfall und zusätzliche Leckagen produzieren hohe Kosten“, so Lehmann. Und wer einmal mit Effizienzprojekten anfängt, findet immer neue Aufgaben – Abwärmenutzung und Dämmmaßnahmen stehen als nächstes an. Einer weiteren Maßnahme misst Lehmann hohe Bedeutung bei: „Bei uns treffen nun die Techniker wichtige Einkaufsentscheidungen, da sie die technischen Parameter im laufenden Prozess beobachten. Nicht nur der Preis, sondern die Energieeffizienz sind zukünftig in der Anschaffung ausschlaggebend“, sagt Lehmann.
So verfährt man auch beim Walldürner Folienhersteller Perga Plastic. „Wir fragen mittlerweile gezielt nach der Energieeffizienz etwa von neuen Antrieben. Leider erhält man darauf selten eine befriedigende Antwort“, so der Geschäftsführer Martin Wilhelms. Er ist seit einem Jahr im „EnBW Netzwerk Energieeffizienz Heilbronn-Franken“ aktiv und hat seither seinen Strom- und Gasverbrauch um fast 7 % gesenkt. Perga Plastic bietet Industriefolien und Verpackungsprodukte für die Lebensmittelindustrie mit eigener Extrusion an. Die Extruder sind mit 70 % des insgesamt eingesetzten Stroms die größten Verbraucher im Unternehmen. Davon sind wiederum 30 % reine Heizenergie, die gebraucht wird, um das jeweilige Kunststoff-Granulat auf circa 200 °C zu erhitzen. Seit kurzem tragen die Blasfolienanlagen Isoliermanschetten – eine einfache Lösung, um Wärmeenergie nicht verpuffen zu lassen. „Bei einem geringen Mitteleinsatz spart uns diese simple Maßnahme künftig 36 000 Euro jährlich“, bilanziert Geschäftsführer Wilhelms.
Anspruchsvoller gestaltete sich die Energieoptimierung bei der katalytischen Abluftverbrennungsanlage. Sie verbrennt die lösemittelhaltige Abluft aus der eigenen Flexodruckerei. Diese Abluft benötigt beim Eintritt in die Anlage eine Temperatur von 270 °C. Allein im Stammwerk Walldürn-Altheim wurden dafür monatlich 24 000 Liter Propangas verwendet. Am Ende des Prozesses verpuffte allerdings das sehr warme gereinigte Abgas ins Freie. Dessen Temperatur wird nun mittels eines zusätzlichen Wärmetauschers abgesenkt und die gewonnene Wärme zur Vorwärmung der Druckereiabluft genutzt. Der optimierte Kreislauf hat den Brennstoffeinsatz halbiert. Die Investitionskosten hierfür hatten sich bereits nach acht Monaten amortisiert. Perga-Plastic will diese Maßnahmen nun auch bei den beiden anderen Werken in Worms und Bielefeld einsetzen. So gesehen haben sich die „EnBW Netzwerke Energieeffizienz“ als lokale lernende Gesprächsrunden schon nützlich gemacht. Vorteilhaft ist dabei, dass die teilnehmenden Betriebe quasi aus allen Branchen stammen. Es muss also nicht befürchtet werden, dass bei der Offenlegung der Energiebilanz eventuell Fertigungs-Know-how in unberechtigte Hände fällt. wm
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