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Glühende Hauben für Stahl und Draht

Ein Unternehmen aus dem Siegerland baut seit 90 Jahren Industrieöfen
Glühende Hauben für Stahl und Draht

Industrieofenbau | Grünewald baut Industrieöfen verschiedenster Art und verfügt über eine eigene Lohnglüherei mit H2-Haubenöfen. Beim 40-Mann-Unternehmen ist jeder Ofen ein Unikat. §

Autor: Alexander Gölz

Dem Gründer der Grünewald Industrieofenbau GmbH & Co., Heinrich Grünewald, gelang 1924 das Blankglühen unter Fernhaltung des Luftsauerstoffs. Durch dieses Verfahren wurde es möglich, metallische Werkstoffe mit einer oxid- und zunderfreien Oberfläche zu glühen. Wesentliches technisches Merkmal dieser Erfindung war der gasdichte Abschluss des Chargenraumes eines Glühofens mit Hilfe einer wassergekühlten, elastischen Dichtung. Dieses Konstruktionselement dient auch noch heutzutage als Sicherheitsbauteil gegen den Einfluss des Luftsauerstoffs im Bau von Blankglühanlagen. Heute wird das Hilchenbacher Unternehmen in dritter Generation von Heidemarie Grünewald geführt.

Ein Schwerpunkt im Bauartportfolio des Ofenbauers sind Haubenöfen in Hochkonvektionsausführung bei denen reiner Wasserstoff (H2), Stickstoff (N2) oder Formiergas als Schutzgasatmosphäre zum Einsatz kommt. Abnehmer von Haubenofenanlagen sind größtenteils Kaltwalzwerke für Band aus Stahl und NE-Metallen, Hersteller von Walzdraht und gezogenem Draht aus unterschiedlichen Werkstoffen aber auch Betriebe der Umformtechnik. „Die Produkte unserer Kunden kommen in der Auto- und Elektroindustrie, bei der Herstellung von Schrauben, geschweißten Rohren, Beschlägen- und Kugellagern, in der Blech- und Metallverarbeitung und anderen Industriezweigen zum Einsatz“, erklärt Geschäftsführerin Grünewald. Sie finden sich in zahlreichen Gegenständen unseres täglichen Lebens wieder, wie beispielsweise Radio, Fernseher, Elektronik, Schneidwaren und Haushaltsgeräten.
Mit Haubenglühanlagen werden verschiedene Glühverfahren praktiziert, um Halbzeugen oder Werkstücken durch Anwärmen, Durchwärmen und Abkühlen definierte Werkstoffeigenschaften zu verleihen. Beispielsweise kann das Glühgut durch „Spannungsarmglühen“ konditioniert werden, um Spannungen zu minimieren, die durch mechanische Verformung oder Bearbeitung eingebracht wurden. Das Kristallgitter von umgeformtem Material lässt sich durch „Rekristallisationsglühen“ wieder in geordnete Bahnen bringen. Auch das Ausgangsmaterial von Geldmünzen erhält durch Glühen die zum Stanzen und Prägen erforderliche Weichheit.
Je nach Zweck der Glühung, Verformungsgrad, Zusammensetzung und Geometrie des zu glühenden Werkstoffs läuft der Prozess nach spezifischen, frei wählbaren Glühprogrammen ab. Das Glühmaterial wird auf eine bestimmte Temperatur erwärmt. Um im Material einen Temperaturausgleich und eine Gleichgewichtseinstellung chemischer und physikalischer Vorgänge zu erzielen, wird es konstant auf dieser Temperatur gehalten, um nachfolgend entsprechend der Vorgabe wieder auf Umgebungstemperatur abgekühlt zu werden. Ein SPS-Controller wacht über die exakte Einhaltung von Zeiten, Temperaturen, Mengen, Drücken und Drehzahlen für die verschiedenen Glühprozesse. Bedienung und Prozessvisualisierung erfolgen abhängig von der jeweiligen Aufgabenstellung mit der Software Win CC Flexible oder dem SCADA-System Win CC. Bedienerfreundliche Oberflächen, die die Ofenkomponenten schematisch darstellen, machen für den Bediener alle benötigten Prozessdaten ersichtlich. Qualitätsrelevante Prozessdaten können übersichtlich dokumentiert werden. Durch Einbindung eines Fernwartungsmoduls lassen sich zeit- und kostenintensive Serviceeinsätze auf ein Minimum reduzieren.
Zur Auflage des Glühgutes dienen Glühsockel, die mit gasdichten Hochleistungsumwälzventilatoren mit Flügelrad eigener Bauart und direkt angetriebenem, wassergekühltem Drehstrommotor ausgerüstet sind. Gemeinsam mit dem strömungsgünstig konstruierten Schutzgasleitapparat des Sockels und der hohen Umwälzleistung ist eine Maximierung der konvektiven Wärmeübertragung auf das zu behandelnde Glühgut und eine gleichmäßige Wärmeverteilung im Glühgutstapel mit geringsten Temperaturunterschieden möglich. In der Schaltanlage installierte Frequenzumrichter ermöglichen eine stufenlose Regelung und Anpassung der Drehzahl entsprechend der Gasdichte und Temperatur.
In Verbindung mit dem Glühsockel bildet eine über das Glühmaterial positionierte Schutzhaube aus hitzebeständigem Material den eigentlichen Chargenraum. Dieser wird durch ein hydraulisch betätigtes Haubenspannsystem eigener Bauart sicher und automatisch abgedichtet. Das Aufheizen des Glühgutes erfolgt mittels einer über Sockel und Schutzhaube gelagerten Ofenhaube. Die feuerfeste Auskleidung der Haube in Leichtbauweise mit keramischen Fasermodulen und getaktete Brenner mit angeschlossenem Rekuperatorsystem zur Wärmerückgewinnung durch Erwärmen der Brennerluft ermöglichen die Einsparung von Energie. Alternativ ist eine elektrische Beheizung der Ofenhaube möglich. Schutzgasmengensteuerungen, H2-Sicherheitstechnik und automatische Kupplung von Energie und Schutzgas gewährleisten einen störungsfreien und wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen.
„Alle unsere Ofenanlagen sind individuell auf den Bedarf unserer Kunden zugeschnitten. Projektierung, Konstruktion und Fertigung erfolgen durch uns“, erklärt Heidemarie Grünewald. Im Portfolio der Hilchenbacher ist auch die Modernisierung vorhandener Anlagen, inklusive Fremdfabrikaten, inbegriffen. •
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