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Stromrechnung Null Euro

Energieautarkes Wohnen: HighTech im Einsatz
Stromrechnung Null Euro

Komfortabel leben ohne Stromanschluss: Das Ziel heißt energieautarkes Haus. Die TU Darmstadt hat gemeinsam mit Bosch Thermotechnik vorgemacht, wie’s funktionieren kann. Für den breiten Einsatz dieses Knowhows sind jedoch neue Technologien nötig.

„Eine Klasse für sich!“, urteilte die Jury, als sie das Werk der TU-Studenten begutachtete. Vergangenes Jahr gewann die TU Darmstadt mit 1024 von 1200 möglichen Punkten vor der Universität Maryland (999) den Solar Decathlon, einen international renommierten Wettbewerb in Washington D.C., der vom amerikanischen Energieministerium ausgeschrieben wurde.

Mit im Boot: Die Bosch-Sparte Thermotechnik, die das Projekt mit großem Engagement fördert. Dr.-Ing. Jürgen Sterlepper, Bereichsvorstand Entwicklung: „Ein Prototypenhaus, wie es die Darmstädter Studenten geschaffen haben, gibt uns wertvolle Hinweise für die Raum- und Klimatechnik von morgen.“
Der Fachbereich Architektur der TU hatte das spektakuläre Projekt entworfen: ein völlig energieautarkes Haus, das seine gesamte Energie aus der Nutzung der Sonne bezieht und gleichzeitig alle modernen Anforderungen an Ästhetik, Komfort und Behaglichkeit erfüllt. Klimatisierung, Warmwasserbereitung und Betrieb der üblichen Haushaltsgeräte erfolgen ausschließlich mit Solarenergie und ohne Anschluss an das elektrische Netz. Die TU hatte sich mit diesem Prototypen als eine von 20 Hochschulen – und einzige deutsche – qualifiziert.
Der Wettbewerb bestand aus zehn Disziplinen. Das Haus der TU war in den Bereichen Architektur, Beleuchtung und Engineering alleiniger Sieger. Auch in der Disziplin Energiebilanz erhielt es die volle Punktzahl, was besonders erfreulich ist, denn der Geschäftsbereich Thermotechnik, der mit seinen in den USA vertretenen Marken Bosch und Buderus auftrat, unterstützte das Projekt nicht nur finanziell, sondern beteiligte sich auch mit seiner langjährigen Erfahrung in der Solartechnologie. In einem technischen Beirat begleiteten die Fachleute die Prozesse, halfen auch dauerhaft mit Fachwissen und Schulungen, etwa bei der thermischen Solaranlage, der Wärmepumpe und der Regeltechnik.
„Wir engagieren uns damit für eine umweltfreundliche Spitzentechnologie“, verdeutlicht Bosch-Bereichsvorstand Sterlepper. Der Ansatz der Studenten, Energie hocheffizient zu nutzen und gleichzeitig Wohnkomfort zu erhalten oder zu steigern, entspreche genau den Vorstellungen von Bosch. Der Geschäftsbereich Thermotechnik unterstützt das Projekt auch deshalb, weil im Rahmen des Wettbewerbs die Marken Bosch und Buderus dem amerikanischen Fachpublikum präsentiert werden konnten. Europäisches Know-how, zum Beispiel bei Heizgeräten mit regenerativen Energien oder Brennwerttechnik, sei dort zunehmend gefragt.
Bis zu dem Erfolg in Washington war es ein langer Weg. Die Idee zu dem Solarhaus geht auf das Jahr 2004 zurück. An dem 70 m² großen Bungalow wurde seit April 2007 auf dem Campus der TU Darmstadt gebaut. Im Junkers Prüflabor in Wernau arbeiteten Experten drei Monate mit Studenten an der Konzeption und Dimensionierung des Warmwasserbereichs und der Heiztechnik und Klimatisierung. Gerade fertiggestellt, erhielt das Solarhaus im Rahmen der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“, deren Schirmherr der Bundespräsident ist, schon eine Auszeichnung als eine der innovativsten Ideen. Für den Wettbewerb wurde das Haus schließlich in Washington D.C. innerhalb weniger Tage wieder aufgebaut. Während des Wettbewerbs wurde das Solarhaus ganz normal bewohnt, um seine Praxistauglichkeit zu beweisen. Lange Schlangen bildeten sich vor dem Gebäude, um einen Blick in das Innere zu werfen.
Begleitend zu einer gleichzeitig stattfindenden Bauausstellung bereitete die deutsche Botschaft ein Symposium zum Thema Energieeffizienz vor, an dem sich Bosch Thermotechnology North America mit Fachvorträgen zu den Themen Solarthermie, Wärmepumpe und Brennwerttechnik beteiligte. Dr. Thomas Volz, Leiter der Produktgruppe Solarthermie des Geschäftsbereichs Thermotechnik: „Mit dem Sieg des Solarhauses der TU konnte überzeugend gezeigt werden, welche Möglichkeiten mit energieeffizienter und komfortabler Gebäudetechnik zu verwirklichen sind.“
Erster Schritt zum energieautarken Wohnen ist die Umwandlung der Sonnenenergie. Dort steht die Branche vor einem Technologiesprung. Bosch ist Gründungsmitglied einer Technologie-Initiative der Bundesregierung zur Organischen Photovoltaik. BASF und der Stuttgarter Konzern kooperieren auf diesem Zukunftsgebiet, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vorangetrieben wird. Durch die Zusammenarbeit soll die Herstellung von Solarzellen deutlich kostengünstiger und die Zahl der Anwendungsgebiete gleichzeitig größer werden – Voraussetzung dafür, dass die Vision vom energieautarken Wohnen irgendwann einmal Wirklichkeit wird.
Als Organische Photovoltaik werden Solarzellen auf Basis organischer Halbleitermaterialien bezeichnet, die aus Licht Strom erzeugen können. Das heute verwendete Silizium könnte damit zukünftig ersetzt werden. Durch neue Materialien, Produktionsverfahren und Installationstechnologien sollen die organischen Solarzellen langfristig effizienter und kostengünstiger werden. So eröffnet die Technologie den Weg für eine nachhaltige Energieerzeugung.
Organische Solarzellen sind biegsam und so dünn wie eine Klarsichthülle. Sie sind leicht sowie variabel im Farbton. Das Hauptanwendungsgebiet wird voraussichtlich von 2015 an in der Bauindustrie gesehen, wo die Zellen als dünne Kunststoffschicht auf Dächern, Fenstern oder Fassaden zum Einsatz kommen werden.
Gemeinsames Ziel der Forscher ist es, organische Solarzellen zu entwickeln, die mindestens 10 % des einfallenden Lichts in elektrische Energie umwandeln und eine Lebensdauer von mehr als 20 Jahren erreichen.
Im Rahmen der gestarteten Initiative wird sich die Bosch-Gruppe mit den Fragen der industriellen Herstellung beschäftigen. „Über Organische Photovoltaik wollen wir die Sonnenenergie kostengünstig verfügbar machen“, erklärte Dr. Siegfried Dais, Stellvertretender Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung und verantwortlich für die Forschung und Vorausentwicklung. „Dies geht nur mit effizienter Massenproduktion“, verdeutlicht er. Bosch wolle hierzu die entsprechenden Verfahren entwickeln. Müssen derzeit je Quadratmeter Solarmodul 350 Euro aufgewendet werden, könnte der Preis unter 100 Euro pro Quadratmeter sinken. Dais: „Gleichzeitig wollen wir so unserer Vision des energieautarken Hauses einen weiteren Schritt näher kommen.“
Im vergangenen Jahr betrug das Marktvolumen von Photovoltaik-Modulen 8 Mrd. Euro weltweit. Bis 2020 wird ein Wachstum von jährlich mehr als 20 % erwartet, schätzt die Branche. Um diesen Markt zu erschließen, stellt das BMBF insgesamt 60 Mio. Euro für die Forschung zur Verfügung. Die bisher an dieser Initiative beteiligten Unternehmen – neben BASF und Bosch sind das auch Merck aus Darmstadt und der Glasspezialist Schott aus Mainz – planen Aufwendungen von bis zu 300 Millionen Euro. tv

Organische Photovoltaik
Unter Photovoltaik versteht man die direkte Umwandlung von Strahlungsenergie in elektrische Energie. Photovoltaik auf Basis von Solarzellen aus organischen Kunststoffen wird als Organische Photovoltaik bezeichnet. Der Wirkungsgrad und die Haltbarkeit der verfügbaren Materialien liegen noch deutlich hinter denen vergleichbarer Zellen auf Siliziumbasis. Jedoch lassen sich aus organischen Materialien bei deutlich geringeren Produktionskosten Solarzellen herstellen, die transparent, biegsam und dünn wie Kunststoff-Folien sind und daher wesentlich vielfältiger und breiter einsetzbar wären. So könnten beispielsweise Fenster vollständig mit organischen Solarzellen beschichtet werden.
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