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Aufbruch im Expresstempo

Systematische Marktpotenzialanalyse als Instrument der Marketing- und Vertriebsplanung
Aufbruch im Expresstempo

Künftige Absatzmärkte lassen sich mit einer systematischen Potenzialanalyse relativ schnell bewerten. Per dreistufigem Vorgehen identifizieren Maschinenbauer jene Märkte, in denen Investitionen rentabel erscheinen.

Laut zahlreichen Experten befinden wir uns mitten in einer grundlegenden Verschiebung des weltweiten Wirtschaftswachstums von eher gesättigten Industrieländern hin zu Schwellenländern. Unter dem Kürzel BRIC sind Brasilien, Russland, Indien und China zum Inbegriff aufstrebender Wachstumsmärkte geworden. Diese Regionen stehen aus diesem Grund besonders im Fokus von Unternehmen des exportorientierten deutschen Maschinenbaus. Vor einer erfolgreichen Marktbearbeitung stellt sich allerdings die Frage, welche (Teil-)Märkte mittelfristig das größte Potenzial aufweisen. Dieser Beitrag soll eine Orientierungshilfe geben, wie eine Marktpotenzialanalyse systematisch aufgebaut werden kann, um die notwendigen strategischen Entscheidungen rechtzeitig treffen und die verfügbaren Ressourcen für die Erschließung sinnvoll einsetzenzu können.

Der Prozess der systematischen Ermittlung von Marktpotenzialen lässt sich in drei Phasen unterteilen: Zunächst ist das Marktmodell auf- und die Berechnungslogik festzulegen. Sodann müssen die notwendigen Daten erhoben und aufbereitet werden. In der letzten Phase werden dann Handlungsoptionen quantifiziert und abgeleitet. Insgesamt ist für den Gesamtprozess, je nach Umfang, ein Zeitbedarf von einem bis drei Monaten anzusetzen. Um Licht in das etwas abstrakte Dunkel zu bringen, wird nun ein ausführlicher Blick auf die einzelnen Phasen geworfen.
Phase 1: Marktmodell und
Berechnungslogik aufstellen
Während dieser Phase werden die relevanten Dimensionen der Untersuchung festgelegt. Dort wird auch entschieden, welche Kennzahl die Analyse beleuchten soll, welche Produkte im Fokus der Marktpotenzialabschätzung stehen oder welche Märkte oder Länder für die Betrachtung analysiert werden sollen.
Nachdem diese Rahmenbedingungen definiert worden sind, erfolgt die Auswahl der geeignetsten Analyseart. Je nach Datenverfügbarkeit und -qualität sowie den bereitgestellten Ressourcen sollte die Analyseart aus den Typen strukturorientierter Bottom-up- oder Top-down- oder dem wettbewerbsorientierten Ansatz ausgewählt werden. Ferner kann eine Selektion ebenso an einer Orientierung an Komplementen und Substituten erfolgen.
Beim strukturorientierten Bottom-up-Ansatz wird zunächst ein Marktmodell aufgestellt, das die Wirkungszusammenhänge zur Berechnung des Potenzials aufzeigt. Die Stufen des Modells werden anschließend „von unten nach oben“ durchlaufen, das heißt, man beginnt bei der kleinsten Einheit im Modell, die als Basis für die weitere Hochrechnung dient. Am Ende lässt sich auf diese Weise eine realistische Schätzung des Umsatzpotenzials treffen. Der Top-down-Ansatz funktioniert hingegen in die umgekehrte Richtung, da dieser das Potenzial eines Zielmarkts aufbauend von einer Top-Zahl bestimmt.
Dieser wettbewerbsorientierte Ansatz basiert auf Wettbewerbsinformationen sowie Geschäftsmodellanalysen und eignet sich speziell für die Abschätzung von Marktpotenzialen für Neuprodukte. Bei diesem Verfahren können Informationen des VDMA und Eurostat (statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften) bei der Identifizierung der gewichtigsten Wettbewerber innerhalb einer Branche hilfreich sein. Unter Einbeziehung der Marktanteile in den jeweiligen Produkt- beziehungsweise Marktsegmenten sowie der Exportquoten lassen sichSchlüsse auf gegenwärtige und zukünftige Marktpotenziale ziehen.
Bei dem Ansatz der Orientierung an Komplementen oder Substituten wird die Berechnungslogik auf Basis der Beziehung zwischen den Gütern entwickelt. Bei den Komplementen bedingt die Verwendung eines bestimmten Produktes die Nachfrage eines anderen (beispielsweise wird die Anzahl potenzieller Nachfrager nach Tinte durch die Anzahl der Drucker bestimmt). Bei den Substitutionsgütern hingegen liegt eine funktionale Austauschbarkeit zwischen zwei Gütern vor (etwa Ersatz von kraftstoffbetriebenen Autos durch Elektrofahrzeuge). Grundsätzlich gilt, dass sich die Anwendung von mindestens zwei dieser vier Ansätze empfiehlt, um die Ergebnisse der Marktpotenzialabschätzung absichern zu können.
Phase 2: Daten erheben und aufbereiten
Der Zeitrahmen für die Datenerhebung ist je nach Projektumfang mit bis zu sechs Wochen veranschlagt. In dieser Zeit erfolgt die Programmierung der Fragebogen für die computergestützten Telefoninterviews. Gleichzeitig erhalten die Interviewer alle notwendigen Hintergrundinformationen über den Klienten und das Projekt sowie Einsicht in den Fragenkatalog. Im Anschluss an das Interviewerbriefing werden die Befragungen mit Kunden- oder Wettbewerbsunternehmen oder internen beziehungsweise externen Marktexperten durchgeführt. Durch die kontinuierliche Kontrolle und Steuerung des Erhebungsprozesses sowie durch regelmäßiges Reporting an den Auftraggeber wird den hohen Anforderungen an Methodenkompetenz und Datenqualität Rechnung getragen.
Ergebnis der Erhebung ist ein Datenpool, aus dem die Quantifizierung des Marktpotenzials vorgenommen wird. Anhand der generierten Datengrundlage lassen sich bereits erste Rückschlüsse auf die absolute Größenordnung des Marktpotenzials ziehen.
Phase 3: Handlungsoptionen
quantifizieren und ableiten
In der letzten Projektphase werden die erhobenen Daten in das „Market Potential Tool“ eingefügt und die produkt-/länder- oder kundenspezifischen Marktpotenziale simuliert. Vor der Präsentation dieser Ergebnisse muss jedoch ihre Belastbarkeit (Verifizierbarkeit oder Falsifizierbarkeit) mit Hilfe einer Validitätsuntersuchung geprüft werden. Die Validierung erfolgt regelmäßig auf Basis von Experteneinschätzungen und durch den Abgleich mit vorhandenen Sekundärdaten (etwa Universitäten, Branchenstatistiken, Handelskammern, Marktforschungsuntersuchungen). Dabei werden die von dem „Market Potential Tool“ für spezifische Branchen generierten Umsatz- oder Absatzprognosen regelmäßig einer Top-Zahl gegenübergestellt. Stellt das Resultat dieses Abgleichs eine Diskrepanz zu Prognosewert und Top-Zahl dar, so ist der Schätzwert infrage zu stellen respektive müssen die Ursachen für diese Abweichung plausibel erläutert werden. Zumeist basieren solche Differenzen allerdings lediglich auf unterschiedlich getroffenen Annahmen oder sich unterscheidenden Stichprobenumfängen. Im Anschluss an die Validierung werden die Marktpotenziale sowie die Maßnahmen zur Hebung dieser Marktpotenziale segmentspezifisch aufbereitet und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Diese dreistufige Vorgehensweise der Marktpotenzialanalyse ermöglicht es, den Markt systematisch und relativ schnell zu bewerten. Sie ist für alle Unternehmen – unabhängig in welchem Markt sie sich befinden oder welchen neuen Markt sie gerade anvisieren – höchst relevant. Denn sie ermöglicht es, sich strategisch im Wettbewerbsumfeld zu positionieren und die richtigen Markt- und Produktentscheidungen zu treffen. Allerdings setzen solche Analysen eine gewisse Methodenkenntnis voraus, so dass diese insbesondere bei mittelständischen Firmen aufgrund mangelnder Ressourcen nur unzureichend oder gar nicht zur Durchführung kommen. Dies kann im Einzelfall eine bedrohliche Fehleinschätzung nach sich ziehen. Daher empfiehlt es sich, diese Fragestellungen in der internen Wahrnehmung entsprechend zu sensibilisieren und systematisch mit der notwendigen Methodik zu bearbeiten.
Mark Schröder, Vitali Kasmil Homburg & Partner, Mannheim www.homburg-partner.com
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