Startseite » Management » Einkauf »

Transparenz bleibt der Schlüssel

Vielen Unternehmen fehlt noch immer ein systematisches Kostenmanagement
Transparenz bleibt der Schlüssel

Der große Bedarf der Wachstumsregionen und immer knappere Ressourcen verschärfen die Herausforderungen an den internationalen Rohstoffmärkten. Doch laut einer aktuellen Studie verfügen nur wenige Unternehmen über Spezialisten für Risikomanagement im Rohstoffeinkauf.

Rohstoffe sind ein wesentlicher Bestandteil sowohl von Hightech-Produkten als auch von Produkten des täglichen Gebrauchs. Nach einem jüngst veröffentlichten Bericht einer Expertengruppe unter dem Vorsitz der EU-Kommission treten bei der Versorgung mit Rohstoffen jedoch zunehmend Engpässe auf. Die Bestandsaufnahme stuft 14 der 41 analysierten Mineralien und Metalle als kritisch ein. Die Nachfrage nach Rohstoffen steige durch das Wachstum der Schwellenländer und durch das Aufkommen neuer Zukunftstechnologien weiter an, heißt es. „Der Bericht enthält wertvolle Informationen, die uns helfen, Unternehmen den ungehinderten Zugang zu Rohstoffen zu sichern“, sagt Antonio Tajani, Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für Unternehmen und Industrie. „Wir wollen erreichen, dass die europäische Industrie weiterhin eine führende Rolle bei neuen Technologien und Innovationen spielen kann und müssen sicherstellen, dass wir über die nötigen Grundstoffe verfügen.“

Auch für viele deutsche Unternehmen stehen Rohstoffkosten nach der kurzen Verschnaufpause Anfang 2009 wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Das zeigt die hohe Beteiligung an der Rohstoffstudie 2010 der Einkaufsberatung Inverto zwischen April und Mai dieses Jahres. Mehr als 220 Vorstände, Geschäftsführer und Einkaufsleiter deutscher Unternehmen wurden befragt.
Kapazitäten und professionelle Lösungen fehlen: Nur 19 % der befragten Unternehmen verfügen über interne Spezialisten, die sich mit Preisabsicherung und Risikomanagement im Rohstoffeinkauf beschäftigen. Zwar erfolgen Abstimmungen mit den Abteilungen Finanzen/Controlling, Vertrieb und Produktion, eher selten spricht der Einkauf in Rohstofffragen jedoch mit Konstruktion und Entwicklung (17 %). „Dies ist erstaunlich“, findet Sebastian Mayer, Leiter des Excellence Centers Industrierohstoffe bei Inverto, „werden doch dort oft die Weichen für den Rohstoffeinsatz bei Produkten gestellt.“
Knapp die Hälfte der Entscheider sagt, dass die hohen Rohstoffpreise der Vergangenheit ihr Ergebnis negativ beeinflussten. Zugleich rechnen mehr als 70 % der Studienteilnehmer mit steigenden Rohstoffpreisen. Und der Anteil der Rohstoffkosten an den Gesamtausgaben ist hoch: Bei knapp zwei Dritteln der Teilnehmer beträgt er sogar mehr als 40 %. Das vorausschauende Management der Rohstoffkosten ist daher eine unternehmerische Notwendigkeit.
Um volatile Rohstoffpreise zu managen, setzen die Unternehmen maßgeblich auf zwei Instrumente: 61 % der Befragten verhandeln langfristige Verträge, weitere 59 % bauen auf die Weitergabe von Preiserhöhungen an Kunden. Nur 37 % haben Erfahrungen mit Hedging-Instrumenten, wovon der überwiegende Teil diese bei der Beschaffung von Energie einsetzt. Hedging ist ein Finanzgeschäft, um eine Transaktion gegen Risiken wie Wechselkursschwankungen oder Veränderungen in den Rohstoffpreisen abzusichern.
Jedes neunte Unternehmen nutzt gar keine spezifischen Instrumente. „Die Unternehmen sollten nicht nur eingleisig fahren“, rät Rohstoffexperte Mayer. „Für die Streuung des Risikos sind etwa die Beschaffung der Rohstoffe aus mehreren Ländern, eine harmonisierte Preisbildung zwischen Einkauf und Verkauf und die Änderung des Materialeinsatzes bei Produkten geeignet.“
Um den Rohstoffeinkauf optimal aufzustellen, ist zudem systematisches Benchmarking hilfreich. Allerdings kann nahezu jedes zweite Unternehmen keine eindeutige Aussage treffen, ob es den Rohstoffeinkauf professioneller organisiert hat als der Wettbewerb.
85 % der befragten Unternehmen beobachten Marktpreisentwicklungen über Branchendienste. Allerdings setzt nur etwa jedes fünfte Unternehmen statistische Prognosemodelle ein. Gerade einmal 23 % nutzen Software-Lösungen, um die Märkte effizient und transparent zu beobachten. Dabei können IT-Tools und statistische Modelle helfen, beim Management von Rohstoffkosten einen Informationsvorsprung zu generieren. „Preissteigerungen und -schwankungen sind keine unvorhersehbaren Schicksalsschläge“, erklärt Jan Müller-Gödeke, Leiter des Inverto Excellence Centers Agrarrohstoffe. „Das Einrichten von IT-Tools lohnt sich, bedeutet aber zunächst Arbeitsaufwand. Dies sei jedoch weniger der Anpassung an produktspezifische Eigenheiten geschuldet, sondern fehlender Transparenz. So geben 46 % der befragten Unternehmen an, nur teilweise oder überhaupt keine Transparenz über ihre direkten und indirekten Rohstoffausgaben für Vorprodukte und Maschinen zu haben.
Bei den Verhandlungen mit den Rohstofflieferanten schließlich zahlt sich ein professionelles Management aus, um langfristig die Versorgung zu sichern. Dies ist notwendig, denn etwa jeder dritte Befragte gibt an, dass seine Lieferanten gesunkene Rohstoffpreise nicht ohne weitere Verhandlungen von sich aus weitergeben. Nur rund die Hälfte der befragten Unternehmen schätzt, dass sie die gesunkenen Rohstoffpreise der vergangenen zwei Jahre vollständig ausschöpfen konnten. „Einige Unternehmen sind inzwischen ausschließlich auf die Abwehr von Preiserhöhungen fokussiert. Bleiben die Preise konstant, wird dies nicht selten bereits als Erfolg gefeiert, selbst wenn eigentlich deutliche Preissenkungen angemessen wären“, sagt Müller-Gödeke. „Einsparerfolge sind häufig mit überschaubarem Aufwand möglich, wenn die Unternehmen ihr Rohstoffkosten-Management weiter professionalisieren.“ jk
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de