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Erste Hilfe für in Schieflage geratene Projekte

Projektstatus-Assessment: So deckt man Schwachstellen blitzschnell auf
Erste Hilfe für in Schieflage geratene Projekte

Prominente Beispiele für Projekte in Schieflage gibt es viele. Neben Berliner Flughafen, Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 gelangen immer wieder auch Projekte aus dem Bereich der Produktentwicklung in die Schlagzeilen. Ein Super-Gau kommt auch in kleinen und mittleren Unternehmen häufiger vor. Dabei lässt sich dies in vielen Fällen verhindern.

530 Mio. Euro sollen es sein, die laut Medienberichten in Form von 16 nicht ausgelieferten ICE-Zügen noch immer im Prüf- und Testcenter von Siemens auf Halde stehen. Eigentlich sollten sie schon längst für die Deutsche Bahn im Einsatz sein, doch wegen Problemen mit der Steuerungssoftware verzögert sich die Auslieferung. Ähnliche Probleme gibt es beim Eurostar, der das europäische Festland mit Großbritannien verbinden soll. Hier gibt es Probleme mit dem Wechsel von einer nationalen Signaltechnik auf die andere – denn immerhin durchfährt der Zug gleich vier Länder. Die Folge: Ärger mit dem Kunden Deutsche Bahn und ein nicht unbeträchtlicher Imageverlust in der breiten, sogar internationalen Öffentlichkeit.

Wer meint, dass dieses Szenario nur Großkonzerne trifft, der irrt. Auch mittelständische Betriebe sind betroffen. Dabei geben sie bis zu 8 % ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Dementsprechend wichtig ist es, für den Worst Case einen Rettungsplan für in Schieflage geratene Projekte an der Hand zu haben. Ein echter Feuerwehrmann unter erprobten Lösungsansätzen ist das Projektstatus-Assessment. Es erlaubt dem Projektmanagement, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen und damit langfristige Image- und wirtschaftliche Schäden vom Unternehmen abzuwenden. Notbremse, weil Schräglagen häufig über längere Zeit hinweg unbemerkt bleiben – sei es, weil das Controlling versagt hat, Eskalation nicht funktioniert oder das Berichtswesen insgesamt zu intransparent ist. Die Folge: Das Problem kommt beim Topmanagement nicht an, so dass lange Zeit gar nicht gehandelt wird.
Ist das Kind erst einmal richtig tief in den Brunnen gefallen und hat zumindest der Projektleiter das Problem erkannt, steht er vor der schwierigen Aufgabe, die Geschäftsleitung über den unerfreulichen Projektstand zu informieren. Eine Herausforderung – vor allem in neu gegründeten Unternehmen oder solchen, die erst wenige Jahre am Markt aktiv und häufig noch inhabergeführt sind. Anders in etablierten Organisationen. Hier reagiert das Topmanagement zumeist professionell und systematisch. Im Normalfall existiert für solche Fälle ein fest definiertes Vorgehen.
Allein: Selbst dem professionellsten Vorgesetzten kann bei einer Hiobsbotschaft die Hutschnur reißen. In diesem Fall heißt es Ruhe bewahren und wie folgt reagieren:
  • Bei Wutausbruch: Falls der Vorgesetzte dafür bekannt ist, am besten eine schriftliche Stellungnahme zur Besprechung mitnehmen und falls nötig, auf das Dokument deuten mit dem Hinweis, dass es um die Sache an sich geht – und nicht um anwesende Personen – und dass die „Schuldfrage“ nicht zur Problemlösung beiträgt.
  • Bei Verweiflung sowie abwartendem Verhalten: Im Idealfall einen ersten konkreten Lösungsvorschlag machen, wie zum Beispiel die Durchführung eines Projektstatus-Assessments, um so schnell und in angemessener Weise Maßnahmen ergreifen zu können, um zu retten, was zu retten ist.
  • Bei Androhung von Sanktionen: Ein guter Projektmanager ist darauf vorbereitet und hat dokumentiert, wer an welchen Punkten welche Entscheidungen getroffen hat. So kann er sich sofort auf eine sachliche Diskussionsebene begeben.
Hat man die Chefetage wieder auf seiner Seite, kann an die Rettung des Krisenprojekts gegangen werden. Ein schneller und unkomplizierter erster Lösungsansatz ist das Projektstatus-Assessment. Dabei wird in nur zwei Tagen Folgendes aufgezeigt:
  • Der aktuelle Projektstand
  • Handlungsszenarien zur Behebung der Schräglage
  • Bewertung der aufgedeckten Ansatzpunkte im Hinblick auf ihre Effektivität
Eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Assessment ist die Bennennung von – idealerweise zwei externen – Assessoren mit viel Erfahrung im Management von erfolgreichen und nicht erfolgreichen Projekten sowie einem guten Maß an Fingerspitzengefühl und Diplomatie im Umgang mit Projektbeteiligten und Stakeholdern. Gerade diese Softskills sind beim Krisenprojekt-Assessment von zentraler Bedeutung, da dabei häufig Fehler Einzelner aufgedeckt werden, die unter Umständen personenbezogene Konsequenzen nach sich ziehen. Warum zwei Assessoren? Ein Duo hat den Vorteil, dass sich die Assessoren beim Moderieren und Dokumentieren abwechseln und sich gegenseitig unterstützen können.
Ein bewährtes Projektassessment-Modell ist das „Projektstatus-Assessment“. Seine besondere Stärke liegt in der Geschwindigkeit: Nach nur zwei Tagen werden auf Basis der geführten Erhebungen Empfehlungen erarbeitet und das Ergebnis den Beteiligten vorgestellt (siehe Kasten). Im Anschluss an das Projektstatus-Assessment trifft der Projektverantwortliche die Entscheidung, ob und wie die Empfehlungen dieses Assessments umgesetzt werden.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass durch die Fokussierung auf maximal zwei wesentliche Maßnahmen eine große und gleichzeitig schnelle Wirkung erzielt werden kann. Etwa im Fall eines Maschinenbauers, der ein bestelltes Gerät nicht zum vereinbarten Liefertermin, sondern voraussichtlich nur mit einer sechsmonatigen Verzögerung entwickeln und ausliefern kann. Ihm drohten gewaltige Pönalen, da der Kunde auf Basis des vereinbarten Liefertermins bereits die geplante Produktionsmenge mit verbindlichem Liefertermin verkauft hatte. Das Projektstatus-Assessment deckte die größte Schwachstelle im projektkoordinierenden Bereich auf, der Maschinenbauer folgte der Empfehlung der Assessoren und konnte das Gerät mit nur dreimonatiger Verzögerung ausliefern. Bei einem monatlichen Gewinnausfall von über 100 000 Euro monatlich auf Kundenseite eine erhebliche Entschärfung der Situation. Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis eines Projektstatus-Assessments ist also unbestritten.
Dr. Michael Homberg Official Training Partner der IAPM International Association of Project Managers, Frankfurt/Main

In vier Schritten zur Korrektur

  • Projektdefinition Zunächst wird das betroffene Projekt von den Assessoren, dem zuständigen Projektleiter und dem Topmanagement gemeinsam genau definiert, um es gegen andere Projekte klar abzugrenzen.
  • Kickoff-Meeting Teilnehmer sind die Assessoren und die Projektbeteiligten (Projektleitung, wichtige Mitarbeiter, Projektauftraggeber und gegebenenfalls Lenkungskreis), Inhalte sind Vorstellung der Assessment-Methode, Berichterstattung über den aktuellen Projektstand und Formulierung von Erwartungen und Sorgen. Außerdem auf dem Programm: die Erarbeitung eines Zeitplans für die beiden Assessment-Tage, um benötigte personelle Ressourcen so wenig wie möglich zu beanspruchen.
  • Befund-Erhebung Die Assessoren gliedern das Projekt dazu zunächst in thematische Abschnitte, unter anderem Zielfindungsprozess, Ressourcen sowie Stakeholder-Einbindung. Für die Erhebung nehmen sie Einblick in die Projektdokumentation und führen persönliche Befragungen mit zuvor im Kickoff-Meeting festgelegten Gesprächspartnern durch. Parallel dazu werden Projektstatus und -zustand protokolliert. Bevor zum nächsten Themenblock übergegangen wird, werden die Befunde des abgeprüften Blocks von den Assessoren gemeinsam besprochen, abgestimmt und dokumentiert.
  • Finale Präsentation mit Handlungsfahrplan Wurden alle Themenblöcke von den Assessoren durchgearbeitet, präsentieren diese den aktuellen Projektbefund, zeigen mögliche Handlungsszenarien auf und geben eine Empfehlung für das weitere Vorgehen ab.
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