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„Für einen Verkauf gibt es oft gute Gründe“

Indus-CEO Jürgen Abromeit peilt einen Umsatz der Mittelstandsholding von 1,3 Mrd. Euro an
„Für einen Verkauf gibt es oft gute Gründe“

Jedes Jahr investiert die Indus Holding AG rund 50 Mio. Euro in neue Unternehmen. Vorstandschef Jürgen Abromeit erläutert, wie er erfolgreiche deutsche industrielle Mittelständler in der heute 43 Unternehmen umfassenden Gruppe mit 8500 Mitarbeitern vereint. ❧ Das Interview führte Dietmar Kieser

Laut der Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young will mehr als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland zukaufen. Wie beurteilen Sie diese Lage für Indus, die jährlich bis zu fünf Firmen übernimmt?

Dass derzeit die Kaufwilligen überwiegen, liegt auf der Hand. Zwar verkauft keiner gern seine Firma, und angesichts von Nullzinsen hat er ja noch Probleme, sein Geld anzulegen. Aber derzeit kommen viele Unternehmen leicht an frisches Kapital und das auch noch zu äußerst günstigen Konditionen. Plötzlich finden selbst Konzerne Mittelstand sexy. Die Geldmenge wird durch den Billiggeldkurs der Zentralbanken künstlich aufgeblasen, eine Politik, die ich äußerst befremdlich finde.
Und die treibt damit die Preise nach oben?
Ja, die Preise steigen, was uns aber nicht interessiert, da wir nicht am Markt kaufen. Wir sprechen Unternehmer direkt an und bewegen uns da in einer eigenen Welt. Auch Indus orientiert sich an marktüblichen Preisen. Aber um einen aus unserer Sicht gerechten Preis zu ermitteln, schauen wir uns Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Unternehmens genau an. Daraus erhalten wir ein nachhaltiges operatives Ergebnis. Auf dieser Grundlage bewerten wir. Nur wenn alles passt, kaufen wir.
Wie viele Unternehmen sind für Sie als Übernahmeziel relevant?
In Deutschland kommen rund 100 000 mittelständische Familienunternehmen für uns in Frage. 30 000 von ihnen haben Probleme bei der Nachfolge. Ein Weg für viele ist der Verkauf. Dabei stellt sich die Frage, an wen. Soll es ein Bieterverfahren geben, eine Auktion, wird gar weltweit ausgeschrieben? Oder wählt er die führende Mittelstandsholding Europas und sein Unternehmen kann sich in Ruhe weiterentwickeln.
Und wie viele Unternehmen haben Sie pro Jahr im Fokus?
Zwischen 100 und 150. Bei unserer ersten Sichtung fallen dann rund 50 durchs Raster. Dabei legen wir etwa zehn entscheidende Kriterien an wie etwa die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsfeldes oder die Wachstumsnische. Ein einziges Nein bedeutet den Ausschluss.
Wie kommen Sie mit passenden Unternehmen in Kontakt?
Prinzipiell verfolgen wir drei Richtungen. Wir suchen selbst zielgerichtet in einer unserer Kernbranchen. Dem geht ein Screening voraus, das die passenden Unternehmen herausfiltert. Auf diese Kandidaten gehen wir dann direkt zu. Ein Drittel der Projekte schieben wir pro Jahr so an. Ein weiteres Drittel klopft bei uns an aufgrund einer Empfehlung des Steuerberaters, der Hausbank oder Sparkasse. Das nimmt immer mehr zu. Und drittens agieren für uns exklusiv beauftragte Persönlichkeiten, zum Beispiel ehemalige Vorstände, die ihre Erfahrungen für uns einsetzen.
Bieterverfahren oder Auktionen sind für Sie tabu?
An diesen Verfahren beteiligen wir uns nicht. Was passiert, wenn Sie ein Bieterverfahren gewonnen haben? Man gratuliert Ihnen zum Kauf. Ich meine, man müsste Ihnen eher Beileid aussprechen. In einem Bieterverfahren wird vielfach zu teuer eingekauft. Wir wollen preisgerecht kaufen, nie zu teuer. Nicht zuletzt deshalb machen wir uns auch nach Jahren keinerlei Sorgen um unsere Beteiligungsbuchwerte.
Wagemut gehört also nicht zu Ihrem Geschäft…
Das würde ich nicht sagen. Wir gehen schon Risiken ein – ohne Risiken gibt’s schließlich keine Chancen. Aber wir haben die Risiken genau im Blick und nehmen unternehmerische Chancen wahr. Wir sind prokonservativ: beim Kaufen, aber auch als Gesellschafter beim Management des Portfolios aus 43 Unternehmen. 18 größere und kleinere Transaktionen in drei Jahren zeigen, dass wir wachsen wollen und auch können.
Sie übernehmen ausschließlich kerngesunde Unternehmen?
Sanierung interessiert uns nicht. Wir engagieren uns bei deutschen Familienunternehmen, erfolgreichen Hidden Champions. Mit unserem Fokus auf den deutschsprachigen Mittelstand verfolgen wir die klare Strategie, diese Unternehmen langfristig weiterzuentwickeln, zu internationalisieren und zu weiterem Erfolg zu führen. Dieses Geschäftsmodell betreiben wir seit 30 Jahren sehr erfolgreich.
Erfolgreiche Familienunternehmen wollen doch eher nicht übernommen werden.
Für einen Verkauf gibt es oft gute Gründe, etwa das weitere Wachstum, das finanziert werden muss. So manch älteren Inhaber schreckt eine längerfristige Kreditlinie samt persönlicher Bürgschaft ab. Sucht er sich hingegen für diesen nächsten Wachstumsschritt einen Partner, der einsteigt und die Finanzierung stemmt und zugleich die Internationalisierung treibt, entscheidet er sich oft für die Indus-Familie.
Wie weit mischen Sie sich ein, wenn ein Alteigentümer die Geschäfte weiterführt?
Wir spielen überhaupt keine dominierende Rolle. Unser Führungsstil ist kooperativ, denn wir vertrauen unseren Unternehmern vor Ort. Wir besitzen 43 wunderbare, erfolgreiche, eigenständige Unternehmen. Operativ brauchen die uns nicht. Natürlich gehen wir unseren Gesellschafterpflichten nach, reden über Investitionen, Internationalisierung sowie Strategie und entwickeln diese weiter. Wir verstehen uns als Coach und stellen unser Wissen und unser Netzwerk zur Verfügung. Und wir führen ein Controlling durch, um unser Kapital zu sichern und berichten transparent über die Geschäftsentwicklung der Gruppe – schließlich sind wir börsennotiert. Aber wir greifen niemals in das operative Geschäft ein.
Bei strategischen Neuausrichtungen oder Investitionen sind Sie aber mit im Boot?
Ein Gesellschafter muss elementare geschäftspolitische Entscheidungen diskutieren, kontrollieren und auch mitentscheiden. Das ist der Fall, wenn wir Investitionen in Millionenhöhe durchführen. Diesen strategischen Fit müssen wir diskutieren. Da sind wir mit am Tisch und helfen auch. Das hat aber nichts mit operativem Geschäft zu tun.
Welche Bedeutung hat bei Indus das Auslandsgeschäft?
Indus ist heute auf fünf Kontinenten in 25 Ländern mit etwa 50 Gesellschaften vertreten. Der Anteil des Auslandsgeschäftes liegt bei 50 Prozent. Dieser Anteil wird weiter wachsen. Unsere Beteiligungen gründen Auslandsniederlassungen und Vertriebsgesellschaften weltweit. Wir wollen den erfolgreichen deutschen Mittelstand weiterentwickeln zu einem internationalen deutschen Mittelstand. Aber direkt im Ausland werden wir nicht akquirieren. Deutschland bleibt für uns die starke Heimatbasis.
Wie finanziert sich Indus?
Alle unsere Tochterunternehmen finanzieren sich aus ihrem operativen Geschäft. Bankkredite haben sie nicht nötig. Wer mit seinem Cashflow nicht auskommt, für den ist Indus Mutter und Bank zugleich. Dann stellen wir weiteres Eigenkapital oder ein Gesellschafterdarlehen bereit. Das ist unsere Rolle als Gesellschafter. Indus als Holding finanziert sich über den Kapitalmarkt. So haben wir in den letzten fünf Jahren drei Kapitalerhöhungen durchgeführt und dadurch 150 Millionen Euro Eigenkapital aufgenommen.
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