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Das Wissen der Worker wandert ins Web 2.0

Zusammenarbeit: Softwaretools sorgen für Schnelligkeit
Das Wissen der Worker wandert ins Web 2.0

Wikis, Blogs und soziale Netzwerke, längst etabliert im Internet, drängen in die Unternehmen. Richtig eingesetzt, versprechen Web-2.0-Technologien eine effektivere Zusammenarbeit von Kollegen über Abteilungsgrenzen hinweg.

Wenn Marcus Funke während eines Projekts beim Kunden wegen eines technischen Problems nicht mehr weiter weiß, telefoniert er nicht etwa mit seinen Kollegen im Büro oder bittet sie per E-Mail um Ratschlag. „Das war gestern“, sagt der Berater, der im Service-Arm des IT-Konzerns Hewlett-Packard Comp. (HP), Palo Alto/USA, einen Bereich im Wissensmanagement verantwortet. „Heute tausche ich mich in der virtuellen Welt in Foren mit den Kollegen aus. Das spart enorm viel Zeit, da es in der Regel jemanden in unserer weltweiten Organisation gibt, der schon einmal vor der gleichen oder einer ähnlichen Herausforderung gestanden hat. So muss ich das Rad nicht neu erfinden – das kommt letztlich auch dem Kunden zugute, da wir schneller und zudem günstiger eine Lösung finden.“

Zwei Drittel der rund 69 000 Service-Mitarbeiter bei HP nutzen die unzähligen Unternehmensforen mittlerweile für ihre Arbeit. Allein elf dieser virtuellen Versammlungsorte gibt es für SAP-Berater – jeweils mit unterschiedlichen Fachthemen. Damit die Hilferufe in den Foren nicht ungehört verhallen, werden diese nicht sich selbst überlassen, sondern von Verantwortlichen überwacht und gesteuert. So ist beispielsweise für ausgewählte Foren garantiert, dass ein Mitarbeiter innerhalb einer bestimmten Zeit eine Antwort erhält. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Wir haben durch Foren und zusätzliche Werkzeuge die Quote von wiederverwendbaren Projektinhalten um etwa 20 % gesteigert“, erzählt Funke.
Diskussionsforen sind innerhalb von Unternehmensnetzen nicht nur bei global agierenden Konzernen wie HP beliebt. Immerhin 40 % der deutschen Mittelständler nutzen sie, wie eine aktuelle Umfrage des Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., Berlin, unter 400 Unternehmen belegt. Foren stellen indes nur eine Form der Kommunikation und ein Werkzeug für die Zusammenarbeit dar, die nach Meinung von Experten den Arbeitsplatz der nächsten Generation bestimmen werden: Blogs und Wikis sowie soziale Netzwerke à la Xing halten derzeit Einzug in die Unternehmen. Sie werden unter dem Begriff Web 2.0 zusammenfasst. „Web 2.0 stellt die nächste Stufe der Kommunikation nach Telefon, Fax und E-Mail dar. Dem kann sich auf Dauer kein Unternehmen entziehen“, ist Michael Azoff überzeugt, Analyst beim britischen IT-Beratungsunternehmen Butler Group Ltd., London.
Der große Unterschied zu den bisherigen Kommunikationsmöglichkeiten besteht für ihn darin, dass Blogs und Foren durch die Mitarbeiter in die Unternehmen hineingetragen und von ihnen mit Leben gefüllt werden. „Vor allem die jungen Kollegen tummeln sich in ihrer Freizeit in Foren, tauschen Videos über Youtube aus oder knüpfen Netzwerke über Xing oder Facebook. Dieses Wissen wollen sie im Job nicht missen. Daher drängen sie mit Vehemenz darauf, die Werkzeuge auch im Unternehmen nutzen zu können“, bestätigt HP-Berater Funke.
Die Entwicklung aufzuhalten, ist laut Azoff nicht möglich. Rückblickend sei es schließlich auch völlig unverständlich, wie man einst ohne E-Mail oder Handy kommunizieren konnte. Vielmehr empfiehlt er den Unternehmen, ihre Mitarbeiter zur verantwortungsvollen Nutzung zu ermuntern: „Die kostengünstigen Investitionen in Web-2.0-Technologien lohnen sich, denn sie steigern die Effektivität und Leistung der Mitarbeiter.“
Die Werkzeuge seien geradezu prädestiniert für die heutigen Geschäftsanforderungen: Agilität, Geschwindigkeit, Innovation, Kundenservice und Marktchancen. Innerhalb eines Unternehmens eingesetzt, lösen sie nämlich die bestehenden Silos auf und fördern die Kommunikation über Abteilungsgrenzen hinweg.
„Die Mauern zwischen Entwicklung, Marketing und Vertrieb lassen sich mit Foren etwa eliminieren, indem alle Beteiligten über die Verbesserung von Produkten gemeinsam nachdenken“, weiß Funke. Bei HP waren die besagten Wände aufgrund der offenen Kommunikation nicht sehr hoch – und daher schnell einzureißen. „Für so manches Unternehmen kann dies aber einer kleinen Palastrevolution gleichkommen – insbesondere dann, wenn es hierarchisch organisiert ist“, warnt der Berater.
Er kennt ein Mittel dagegen: Das Management geht mit gutem Beispiel voran und signalisiert den Mitarbeitern, dass es die Chancen von Web 2.0 ernst nimmt. So bloggt etwa eine Chefin aus HPs Service-Bereich über erfolgreich abgeschlossene Projekte, indem sie die beteiligten Teams lobt. „Das motiviert die Mitarbeiter ungemein“, so Funke. Und Vyomesh Joshi, Chef der Druckersparte, nutzt sein Intranet-Blog, um mit seinen Mitarbeitern über strategische Entwicklungen im Konzern zu diskutieren. Dass er dabei auch mal Kritik einstecken muss, gehört zu den elementaren Spielregeln.
In Deutschland sind Blogs noch nicht weit verbreitet, so die Bitkom-Studie. Doch schlummert hier laut Funke noch großes Potenzial für die Unternehmen: Statt geschriebener Texte empfiehlt er Video- oder Audio-Beiträge, so genannten Podcasts. In einem Video könne man Kunden oder Kollegen beispielsweise kurz und prägnant die Funktionsweise eines Maschinenbauteils erklären.
Auch für Wikis sieht der HP-Experte gute Chancen. Laut Bitkom füllen immerhin schon 38 % der deutschen Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern solche elektronischen Nachschlagewerke mit Inhalt. Funke: „In Wikis lässt sich das geballte Wissen der Mitarbeiter hinterlegen – etwa über einen Entwicklungsprozess. Dabei lassen sich auch Dokumentationen speichern, die Mitarbeiter aus anderen Unternehmensbereichen abrufen können. Dadurch sind im Prinzip völlig neue Ablaufprozesse in der Entwicklung denkbar.“
Sabine Koll
Journalistin in Böblingen
Ein Leben ohne E-Mail ist heute kaum mehr denkbar

„Der Kunde muss einen Mehrwert sehen“

Nachgefragt

Warum ist der Maschinenbau vergleichsweise zurückhaltend bei der Nutzung von Web 2.0?
Vertrauen und Sicherheit spielen eine Rolle. Manches Unternehmen befürchtet negative Äußerungen über sein Produkt, ohne die Diskussion beeinflussen zu können. Zudem schreckt die Branche davor zurück, ihr Know-how, das in der Produktentwicklung steckt, öffentlich zu machen. Wenn dieses Wissen in die falschen Hände gelangt, sind der Produktpiraterie Tür und Tor geöffnet.
Gibt es dennoch sichere Möglichkeiten, Blogs oder Wikis einzusetzen?
In der Branche bieten sich Technologien an, die das tägliche Geschäft hinsichtlich Beschaffung und Austausch von Informationen unterstützen. Wikis fördern den Austausch von Informationen zwischen den Mitarbeitern. Und in Blogs, die nicht jedermann frei zugänglich sind, kann man mit Geschäftspartnern und Kunden diskutieren. Diese können ihre Ideen etwa zur Produktverbesserung oder -entwicklung einbringen.
Seine Anregungen oder Wünsche kann der Kunde aber doch ebenso dem Vertriebsmitarbeiter im persönlichen Gespräch oder per E-Mail mitteilen. Was macht denn den Unterschied zu einem Blog aus?
Das Problem ist immer, die unterschiedlichen Kommunikationskanäle zusammenzuführen, damit Informationen nicht irgendwo verloren gehen. Wenn ein Vertriebsmitarbeiter eine E-Mail erhält, ist noch lange nicht sichergestellt, dass sie auch in der Produktentwicklung an der richtigen Stelle ankommt. Wenn aber ein Unternehmen ein Blog genau zu dem Zweck eröffnet, über ein bestimmtes Produkt zu diskutieren, dann hat es hier alle Anregungen kanalisiert.
Wie kann ich denn Mitarbeiter und Kunden zum Bloggen oder zur Teilnahme an Foren etwa motivieren?
Die Mitarbeiter sind relativ leicht dazu zu bewegen, weil sie erkennen, dass sie durch die neuen Kommunikationsmedien schneller an Informationen für ihre Arbeit gelangen. Für Kunden sollte die Teilnahme attraktiv gestaltet sein, indem man ihnen Know-how für ihre spezifischen Aufgabenstellungen liefert. Man kann ihnen detaillierte Datenblätter oder auch Tipps an die Hand geben, wie sie eine Maschine oder Anlage besser einsetzen können. Oder auch Informationen darüber, welche produktbegleitenden Services oder Zusatzmaschinen es gibt. Oder man beteiligt die Kunden aktiv an der Entwicklung eines neuen Produkts. Doch muss klar sein, dass der Kunde einen Mehrwert davon hat. Dann wird ein solcher Blog zum Selbstläufer.
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