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Mitarbeiterführung: Managementtool bringt Schleiftechnikhersteller voran

Mitarbeiterführung
Managementtool bringt Schleiftechnikhersteller voran

Seinen Erfolg verdankt der Maschinenbauer Kopp einer „Temp“ genannten Methode. Das einfache System optimiert ein Unternehmen Schritt für Schritt und macht Mitarbeiter zu Mit-Unternehmern.

Jens Gieseler, Freier Journalist in München

Kopp Schleiftechnik hat seinen Umsatz in den vergangenen zehn Jahren von 3,2 auf 6,5 Mio. Euro verdoppelt. Grund dafür: Das südhessische Unternehmen mit Sitz in Lindenfels hat sich auf Sonderlösungen spezialisiert und produziert hochkomplexe Bohr- und Schleifmaschinen in einer Losgröße zwischen eins bis tausend. Während früher allein die Produkte ein ausreichend interessantes Angebot waren, bietet Kopp inzwischen von der Wartung über die Reparatur bis zur speziellen Verpackung einen breiten Service.

„Die Wünsche der Kunden werden einerseits technisch immer spezieller, andererseits entwickeln sie sich in Richtung zusätzlicher Dienstleistungen“, erklärt Geschäftsführer Achim Kopp, warum das Unternehmen sich so erfolgreich an seinen etwa 500 Stammkunden ausrichtet. Zusätzlich beliefern die Hessen mehr Branchen als vor zehn Jahren und sind deshalb weniger von einzelnen Marktschwankungen abhängig: Vor allem Luftfahrt, Dentaltechnik, Automotive, Energie und Maschinenbau nutzen die Fräs- und Bohrwerkzeuge, die auf tausendstel Millimeter genau gearbeitet sind, für Metallwerkstoffe, Kunststoffe sowie Glas- und Kohlefasern.

Hintergrund für die sprunghafte Unternehmensentwicklung ist die sogenannte Temp-Methode, die der 55-jährige Feinmechaniker seit 1999 im Betrieb umsetzt. Unterteilt in die vier Themen Teamchef, Erwartungen des Kunden, Mitarbeiter und Prozesse mit jeweils sieben Arbeitsfeldern ist die Methode zunächst ein Analyse-Tool. Es hilft, anhand von Schulnoten den aktuellen Status zu bestimmen sowie Stärken und Schwächen der Firma festzustellen. Der Unternehmensberater Jörg Knoblauch aus Giengen hat die Methode im eigenen metallverarbeitenden Betrieb entwickelt. Gegenwärtig arbeiten deutschlandweit 3500 Firmen mit diesem einfachen und messbaren System für Mittelständler. „Wir lagen im Jahr 2000 im Durchschnitt bei 4,1“, erzählt Kopp, „zwölf Jahre später hatten wir einen Notenschnitt von 1,8 erreicht.“

Die Achse Chef-Mitarbeiter erzielt den größten Effekt

Den größten Effekt erzielt das Unternehmen auf der Achse Chef und Mitarbeiter. Offene Kommunikation zeigt sich nicht nur strukturell in regelmäßigen Mitarbeiterbesprechungen, einer Firmenzeitung oder Mitarbeitergesprächen. Vielmehr macht die Unternehmensleitung die wichtigsten Kennzahlen transparent, so dass jeder der gegenwärtig 42 Mitarbeiter über Forecast, Produktion oder Reklamationen informiert ist. Dadurch werden sie sich ihrer Verantwortung für ihren eigenen Arbeitsbereich bewusst. Läuft es für das Unternehmen gut, dann bekommen sie eine Erfolgsprämie, die für 2016 zwischen 1500 und 2500 Euro lag.

Inzwischen muss sich der Chef nicht mehr um die Arbeitseinteilung kümmern, wenn Maschinen über Nacht oder am Wochenende laufen müssen. „Wir bieten einen Rahmen, in dem die Mitarbeiter viele Möglichkeiten nutzen können“, so Kopp, dessen Vater das Unternehmen 1970 gründete und dessen Bruder Jürgen die Technik und Produktion leitet. Jörg Knoblauch rät den Geschäftsführern, Veränderungen konsequent und behutsam anzugehen: „Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter spüren, es soll und wird sich wirklich etwas verändern.“

Allerdings führen Veränderungen eventuell zu einer Verunsicherung und manche Mitarbeiter reagieren ängstlich. Die Altgedienten sperren sich eventuell sogar, weil sie in ihrer Komfortzone verweilen wollen. Das Vertrauen, dass die Veränderung auch zu einer Verbesserung für die Mitarbeiter führt, muss sich die Führungsmannschaft regelrecht erarbeiten, so die Erfahrung des Unternehmer-Beraters.

Beispielsweise indem Mitarbeiter in Entscheidungen einbezogen werden. Als Kopp Schleiftechnik 2014 eine neue Produktionshalle auf der gegenüberliegenden Straßenseite plante, waren die Mitarbeiter über Workshops an der Planung beteiligt – schließlich wissen sie am besten, wie ihr optimaler Arbeitsplatz aussehen sollte. Rund 200 Ideen kamen zusammen, die zum größten Teil umgesetzt wurden. Mit dieser Wertschätzung für seine Mitarbeiter punktet das Unternehmen auch bei der Rekrutierung: Es gibt mehr Initiativbewerbungen als Stellen.

Schrittweise alle Bereiche entwickelt

Seit Oktober vergangenen Jahres steht die neue Halle, die mit 2800 m² mehr als doppelt so viel Platz bietet wie die alte Produktion. Doch vor allem steckt darin das gesamte Prozess-Know-how der Mitarbeiter: angefangen von markierten Wegen bis zur Neuordnung der etwa 50 Maschinen. Das führt zu einem großen Entwicklungssprung für die Produktionsprozesse. „Daran ist zu erkennen“, kommentiert Jörg Knoblauch, „dass sich alle vier Arbeitsbereiche gegenseitig beeinflussen“. Es bringt also nichts, einen Bereich gezielt zu verändern, sondern alle vier sollten gleichzeitig in kleinen Schritten entwickelt werden.

„Als Teamchef habe ich mich in meiner Persönlichkeit vielleicht am wenigsten verändert“, urteilt Achim Kopp über seine eigene Entwicklung. Aufgrund eines Persönlichkeitsprofils erkannte er frühzeitig als seine Stärken Struktur und Ordnung sowie Kontakt zu Menschen. Die klassische Führungskompetenz durch Dominanz ist bei ihm eher gering ausgeprägt. Seine Frage war deshalb zu Beginn, wie kann er ein Unternehmen und Menschen führen, ohne dominantes Verhalten zu zeigen. „Rückblickend kann ich sagen, dass ich den Betrieb im besten Sinne geprägt habe. Er trägt meine Handschrift“, so der Chef. Statt von oben herunter die Geschicke zu bestimmen, bündelt er – eben als Teamchef – das Wissen seiner Mitarbeiter und gibt dem „Schwarmwissen“ eine Richtung.

Nicht umsonst verbringt er täglich ein, zwei Stunden in der Produktion und spricht mit den Mitarbeitern. Doch dies nicht mehr als Fachkraft, obwohl er als Feinmechaniker genügend Wissen mitbringt, sondern als Führungskraft: „Das ist ein entscheidender Schritt, mich nicht mehr in Details zu verlieren, sondern mit meinem Bruder und meiner Frau die strategische Ausrichtung festzulegen.“ Dabei kommt ihm zugute, dass zu seinen Kernaufgaben Kundenkontakte und Verkauf gehören: Nicht nur, dass er damit verantwortlich für die Außendarstellung zeichnet. Die Kundenwünsche dienen als Leitfaden für künftige Entwicklungen.

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