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Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen

Integrationsmanagement richtig steuern
Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen

Personalführung | Fusionen und Übernahmen sind an der Tagesordnung. Was gilt es dabei vorrangig zu beachten? Vor allem, wenn aus unterschiedlichen Unternehmenskulturen eine effiziente neue Einheit zu formen ist.

Hartmut Volk Freier Publizist in Bad Harzburg

Die technologischen Entwicklungen krempeln die Wirtschaft um. Gewohnte Verfahren und Verhaltensweisen verlieren ihre Tragkraft. Bis tief hinein in mittlere und kleine Unternehmen stellt sich die Frage: Allein weiterkämpfen oder durch einen Zusammenschluss im neuen Verbund effizienter und stärker werden? „Doch mit einem anderen Unternehmen auf dem Papier zu fusionieren oder es zu kaufen, ist eine Sache. Eine andere, aus unterschiedlichen Unternehmenskulturen eine effiziente neue Einheit zu formen“, sagt Dr. Markus Braun, Leiter Business Development und Dozent an der ZHAW School of Management and Law in Winterthur.
Was ist dabei erfolgsentscheidend? „Das Vorhaben von Anfang an richtig aufzugleisen“, sagt Braun und meint damit: Den Ablauf der Integration bereits vor dem Vertragsabschluss sorgfältig vorzuzeichnen, um das Ineinandergreifen der Ablaufschritte zu gewährleisten. Zentraler Aspekt dieses Prozesses sei die Überführung von einem zumeist hoch vertraulichen, von einem kleinen Team vorangetriebenen Akquisitionsprojekt in die breit abzustützende Integrationsphase. Die Phasen der Vertraulichkeit müssten nahtlos in ein offenlegendes, sorgfältig und konsequent durchgeführtes Informationsprojekt übergehen.
„Die Informationsgestaltung muss darauf abzielen, die Vision und den erwarteten Mehrwert der Fusion den Belegschaften, den Kunden und Lieferanten einleuchtend, glaubwürdig und nachvollziehbar nahezubringen. Rasch nach allen Seiten Transparenz zu schaffen, ist das Gebot der Stunde“, rät Braun. Basis dafür ist „der vorbereitete Plan, wie das Integrationsprojekt aufgesetzt werden und ablaufen soll und wie die Verantwortungsträger in den operativen Schlüsselpositionen bestimmt werden“. Würden doch bereits in dieser frühen Phase schon in schneller Abfolge in der fusionierten neuen Unternehmenseinheit bis hinab auf tiefe operative Ebenen strategische personelle Entscheidungen getroffen.
Zum Zeitpunkt der Due Diligence, der Buchprüfung, „also vor dem Fusionszeitpunkt muss deshalb der Personalaspekt schon eingehend beleuchtet werden“, meint Markus Braun. Die Erfahrung lehre zwei Dinge. Erstens müssen operative Schlüsselpersonen in beide Unternehmen entsandt werden, um Vertrauen zu erarbeiteten und Brücken zwischen den oft unterschiedlichen Firmenkulturen zu schlagen. Zweitens muss die Integrationsverantwortung ganz oben verankert werden, um Irrwege in ablenkenden und abnützungsreichen Grabenkämpfen zu verhindern.
Damit heißt für Braun der Schlüsselsatz für ein gelingendes Integrationsmanagement: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.“ Von Anfang an überlegte Sorgfalt investiert in konsequente Schritte verhindere zwar nicht, dass auch mal etwas schief laufe, reduziere die Wahrscheinlichkeit dafür aber beträchtlich. Braun: „Geben sich Firmen mit einem bloßen ‚Zusammenschmeißen‘ zufrieden, verzichten sie darauf, die Integration von der Idee an mit Bedacht und zielorientierter Konsequenz entlang der für das neue Unternehmen entwickelten Unternehmensstrategie einzufädeln, wird es aller Erfahrung nach schwierig bis unmöglich, die angestrebten Fusionssynergien zu realisieren.“
Der Augenblick der Veränderung ist laut Braun der definitive erfolgskritische Zeitpunkt. Werde er nicht mit umfassender Überlegung genutzt, stehe das ganze Projekt auf tönernen Füßen. Auch deshalb wäre es im höchsten Maße erfolgskritisch, ein Integrationsprojekt nicht unverzüglich mit den fähigsten und loyalsten Personen zu steuern. Und ihn mit einem präzisen Integrations-Monitoring im Auge zu behalten, um den Gang der Dinge auf Kurs zu halten.
Integrationsmanagement, erinnert Braun, „ist nun einmal ein Entwicklungsprozess im Werden und auch bei Fusionen steckt der Teufel im Detail und sorgt dafür, dass sich die Dinge auf einmal vollkommen anders entwickeln als gedacht und geplant“. Eine Fusion sei ein außerordentlich komplexes, von mannigfachen Unwägbarkeiten begleitetes Unterfangen. Überraschungen aller Schattierungen gehörten einfach dazu. „Ein professionelles, auf keinen Fall aber stur-verbissenes Projektmanagement ist deshalb eine unverzichtbare Steuerungsmaßnahme.“ Sein diesbezüglicher Rat: Projektphasen definieren, Zwischenziele setzen und anpassungsbereit sein, gleichwohl aber zügig in der Sache voranschreiten.
Und um das zu gewährleisten, seien bestimmte ,Stellschrauben’ fest im Auge zu behalten, um Fehlentwicklungen rasch gegensteuern zu können. Braun nennt die erste Stellschraube Vision: Was wollen wir und wie wollen wir was? Genauer: Welche Ziele sollen angesteuert werden? Welche Wettbewerbspositionen sollen erreicht werden? In welchen und gegebenenfalls auch neuen Märkten wollen oder könnten wir uns etablieren? Auf welche Widerstände könnten wir dabei stoßen? Wie wären sie zu überwinden? Für Braun „ist sie das Gleis, auf dem der Integrationszug sicher fahren muss.“
Wirkungsvollste Unruhebremse
Stellschraube zwei ist der Auswahlprozess des Personals für die Schlüsselpositionen. Die einerseits faire und rasche Etablierung dieses Personenkreises und der andererseits respektvolle Umgang mit den zwangsläufigen Verlierern der Neuorganisation sei die wirkungsvollste Unruhebremse in den Belegschaften, aber auch die Voraussetzung, die Vision an die Wirklichkeit heranzuführen. In diesem Zusammenhang regt Braun an, das personelle Integrationsmanagement für eine Performance-Transformation im neuen Unternehmen durch die Berufung von Nachwuchsmanagern in wichtige Positionen zu nutzen.
Dritte Stellschraube ist der Umgang mit doppelt vorhandenen Positionen und damit der Frage: Wer geht, wer bleibt? Welche Kriterien müssen hier greifen? „Fachliches Können, integrative Fähigkeiten und menschliche Loyalität – das sind die drei entscheidenden Größen, allen voran für die neuen Führungskräfte im fusionierten Unternehmen“, sagt Braun. Besonders auffällige Lautsprecher seien mit Vorsicht zu betrachten. Sich in den Vordergrund spielen zu können, verweise nicht automatisch auf Qualität in der Sache. Die zeige sich doch mehr in analytischen Fähigkeiten, einem gewissen strategischen wie auch taktischen Weitblick, mitnehmender Schaffenskraft, der Bereitschaft, zuzuhören und sich auch beraten zu lassen. Das seien die Eigenschaften, auf die es im hoch komplexen Geschehen einer Fusion in sachlicher wie menschlicher Hinsicht bis hinab in die unteren Führungsränge ankomme.
Um diese Qualitäten sicherzustellen, rät Braun von einem Auswahlverfahren mit Doppelbesetzung in Schlüsselpositionen dringend ab. Ein solches Duell weise erfahrungsgemäß weniger die wirklich Besten als die besten Selbstdarsteller aus. Eine direkte Konkurrenzsituation von Führungskräften in der gleichen Organisationsbox befördere weit mehr den individuellen Positionsbezug als das wirkungsvolle und integrative Handeln zu Gunsten des werdenden neuen Ganzen. „Und wenn etwas bei der heutigen Arbeitsbelastung und Wettbewerbssituation vor allem anderen gefragt ist, so Braun, „dann sind es Könner mit Selbstdistanz, Augenmaß und Fingerspitzengefühl und keine Experten für Schaumschlägerei.“

Zum Weiterlesen
M&A: Erfolg dank Integrationsmanagement, Stephan Bergamin, Markus Braun,
Verlag Neue Zürcher Zeitung (NZZ Lib-ro), Zürich 2015, 135 Seiten
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