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Raue Schale, wertvoller Kern

Die Analyse des Markenkerns bringt B2B-Unternehmen voran
Raue Schale, wertvoller Kern

Markenführung | Der Markenkern ist das Zusammenspiel aller originären Identifikationsmerkmale unternehmerischen Handelns zur Charakterisierung der Marke. Was sich nach akademischer Analyse anhört, ist bei richtiger Betrachtung die Basis für den Erfolg von Marketing und Kommunikation.

Thomas Krug Geschäftsleitung Strategie und Konzept, Traffic Agentur für Werbung / Kommunikation & Design, Winnenden

Damit es etwas verständlicher bleibt, sei hier die vereinfachte Darstellung von Markenkern und Unternehmenskern verziehen, da diese je nach Unternehmen auch deckungsgleich sein können. Zugegeben: „Markenkern“ hört sich noch etwas abstrakt an. Denn anscheinend ist er gar nicht so einfach zu definieren, wie die Praxis beweist. Ihn bei den täglichen unternehmerischen Abläufen anzuwenden oder wiederzufinden und dessen Einwirken auf das unternehmerische Vorgehen zu schaffen, bringt messbare Vorteile und wirtschaftliche Sicherheit.
Die primäre Frage bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), aber selbst bei Mittelständlern mit eigener oder starker Markendiversifikation, ist: Können wir denn überhaupt eine Marke darstellen? Bei Marken denken wir als Erstes an die Global Player. Allzu verständlich dieser Zweifel. Vor allem für Geschäftsführer von Unternehmen der KMU-Klasse. Dort müssen mannigfaltige Aufgaben bis hin zu Marketing und Werbung in Personalunion von der Leitung übernommen werden. Aber genau dort ist es wichtig, sich auf den Markenkern zu besinnen. Vereinfacht er doch die Beurteilung der Marketingaktivitäten. Und er schafft – das, was in Zweifel gestellt wird – bei konsequenter Anwendung eine echte und charakterstarke Marke.
Je nach Größe und Existenzdauer des Unternehmens kann der Markenkern aus verschiedenen Perspektiven „erforscht“, wiederentdeckt oder idealerweise betrachtet und hinterfragt werden. Erst dann lässt sich auf ihn aufbauen. Denn erfahrungsgemäß wird der Markenkern im Lauf der Zeit von den täglich anfallenden Marketing-Sedimenten verschüttet und unsichtbar für Unternehmer und Marketing-/Kommunikationsver- antwortliche. Beliebte Diagnose: Betriebsblindheit.
Ein Beispiel aus der Praxis: Wenn wir als Agentur für Marketing, Kommunikation und Design von Unternehmern oder M/K-Verantwortlichen eingeladen werden und nach einer Kurzzusammenfassung der Attribute des Unternehmens fragen, erhalten wir – was Ihnen sicher auch schon selbst des Öfteren so ergangen ist – die einfache Zusammenfassung in drei „Kernaussagen“: Seriös, nachhaltig, zuverlässig. Getoppt wird das nur noch durch das Ergänzen von „innovativ“. Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau. Ich kann Sie beruhigen, das waren auch die Schlagworte bei einer von mir und Kollegen besuchten Fachveranstaltung. Geäußert von Werbeprofis aus Agenturen und Kommunikationsabteilungen global agierender Mittelständler. Ernüchternd! Doch wie diese unnötig reduzierte Verallgemeinerung auflösen und an den Markenkern gelangen?
Die Big Bang Theory
Wie wurde das Unternehmen gegründet? Was war der Antrieb? Dort stecken die Werte. Denn keines der Unternehmen hat sich auf der Basis „seriös, nachhaltig und zuverlässig“ gegründet. Hinter der Gründung steckt immer eine Idee. Ja gut, Geld verdienen. Netter Einwurf. Nein, in Wirklichkeit wird ein Bedarf erkannt, der noch nicht gedeckt ist oder etwas, was man besser machen kann. Das gilt übrigens genauso für Produktmarken wie für Dienstleistungsmarken und ist unabhängig von der Frage nach B2B oder B2C.
Ein direktes Beispiel: Unsere Agentur haben wir mit der Idee begonnen, auf jeden Fall den B2B-Bereich durch Einflüsse aus B2C zu bereichern. (Schon vor 25 Jahren hatte man entdeckt: der technisch-orientierte Entscheider ist auch Mensch und Konsument. Dass die Fakten stimmen mussten, war und ist selbstverständlich.) Die Kampagnen sollten über lange Zeiträume hinweg laufen und das Thema spannend, ungewöhnlich, aufmerksamkeitsstark kommunizieren, gut erinnerbar sein und Erfolg haben; idealerweise messbaren. So hat sich aus noch weiteren „Elementarteilchen“, sprich Ansätzen und Soft Skills, der Markenkern der Agentur gebildet. Versuchen wir das an folgenden Begriffen
  • Herkunft (Ursache),
  • Realität (echte, konkrete Bestandteile, wie Leistung/Produkte),
  • Bestimmung,
  • Marktrelevanz,
  • Spezifikation (Substanz),
  • Effektivität und
  • Bedeutung
fest- und verständlicher zu machen, erhalten wir kombiniert mit der Basisfrage: welches ist unsere (hier die vorangegangenen Begriffe einsetzen), schon die ersten Antworten. Ähnlich dem aktuellen Standardmodell der Teilchenphysik bilden sich die Elemente des Kerns aus stabilisierenden Teilen, dynamischen Teilen und verbindenden Teilen. Wer jetzt will, kann diese Elementarteilchen subatomisiert betrachten, als einen zu einer höheren Ebene zusammengefügten „Kern“. Sozusagen Protonen und Neutronen, in unserem Fall „Stabilisierungs-“ und „Flexibilisierungscluster“. Und kommt als Verallgemeinerung bei den obengenannten, drei oder vier ungeliebten Allerweltsbegriffen an. Er wird aber entdecken, dass diese jetzt auf einmal lebendig wirken und Bilder abgeben und, sagen wir mal, eine „energetische Ladung“ haben.
Ergo steht am Anfang der Markenkern-Erkundung die Frage nach dem „Woher“, der Motivation und der, nennen wir es, Grundidee. Das faszinierende am Markenkern ist, dass viele Unternehmensgründer diese Werte fühlen und leben.
Dieses „Historien-Modell“ lässt sich ebenso für eine nichtlineare Betrachtung einsetzen, um den Markenkern zu finden. Unternehmen mit Mehrgenerationen-Historie können nicht immer einfach solche Rückblicke machen. Im besten Fall gibt es historische Aufzeichnungen. Aber oft haben sich Unternehmen so stark weiterentwickelt, dass es schwierig wird, sich auf einen Gründungsmarkenkern zu fokussieren. Die Transformation des „Historien-Modells“ auf Unternehmensmarken folgt letztendlich dem gleichen Prinzip. In diesem Fall gilt es, den Markenkern aus dem Ist-Zeitpunkt zu ergründen oder sich einen Fixpunkt als Ausgangsbasis zu suchen. An dieser Stelle beginnt die spannende und ernergieaufwendige Arbeit: die Vermessung des Markenkerns und seiner Energieträger. Dafür wird man belohnt. Die Marke wird greifbar. Sie erhält einen Grundwert. Ist dieser verstanden, kann die strategische Entwicklung beginnen.
Der Wert der Grundlagenforschung
Einer unserer markantesten Kunden hat sich mit einer „Kern“-Aussage in unser Gedächtnis gebrannt, die immer auf den Halbsatz endete „ … was bringt‘s?“ Berechtigte Frage. Erfolg und dadurch Messbarkeit. Und Messbarkeit, ja, benötigt eine Skala, besser gesagt Skalen.
Warum also ist ein Markenkern so elementar? Der fundamental ergründete Markenkern schafft in Unternehmen ein echtes Wertemodell. Wir verstehen daraus die Motivationen. Das Unternehmen, die Ideen, die Produkte und die Leistungen werden greifbar, intern und extern. Das „Intern“ wird dann umso wichtiger, wenn Unternehmen wachsen und der vom Unternehmer gefühlte und gelebte Markenkern auf andere Verantwortliche übertragen werden soll, unter anderem auch beim Generationswechsel. So können Strukturen für Marketing und Kommunikation weitergeführt und entwickelt werden und sichere Leitlinien und Orientierungen für kontinuierliche Handlungsstränge bilden sich aus. Dass sich der Markenkern sukzessive weiterentwickelt, ergibt sich aus den Forderungen eines aktiven Marketings. Allerdings ist die Aufgabe des Kerns ein dauerhaftes Hinterfragen schnelllebiger Einflüsse. So gesehen zeichnet er sich durch eine lange Halbwertszeit aus und bildet die Grundskala, an der alle Aktivitäten des Unternehmens gemessen werden.
Interessanterweise erfolgt die „Messung“ in der Realität nicht am Markenkern selbst, sondern am „Element“ der Marke. Nur sein Erscheinungsbild wird bewertet – und das von drei Personengruppen: den Mitarbeitern und Zulieferern sowie den Kunden. Vorausgesetzt, die internen Unternehmensvertreter schaffen es, den Markenkern ihren unternehmensexternen Resonanzgruppen authentisch zu vermitteln. Vulgo: Der Käufer/Nutzer/Anwender hat verstanden, welchen Wert er erwerben kann. Die Zulieferer haben partnerschaftlich verstanden, welchen Wert ihr eigener Markenkern für das belieferte Unternehmen und dessen Markenkern hat. Die Mitarbeiter verstehen in der Wechselwirkung intern/extern ihren eigenen Unternehmenswert. Wobei sich der „Wert“ als solcher aus vielen Faktoren zusammensetzt. Den Markenkern anwenden, ist schon der Weg in Richtung Unternehmenskultur. Diese leistet sich zwar aktiv nicht jeder. Aber jedes Unternehmen sendet Unternehmenskultur-Botschaften an seine Resonanzgruppen.
Ein wenig fühlt sich das noch nach nicht materiellen, unternehmensphilosophischen Welten an. Und vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen werden sich Entscheider fragen: „Wie kann ich das nutzen, wenn ich mir die Mühe gemacht habe, diesen Markenkern aus Werten, Ideen und Kompetenzen zu definieren? Wie kann ich mit dem Markenkern direkt arbeiten und wie kann ich ihn anwenden? Wie ist er mir bei der Beurteilung meiner Produkte, meiner Preisgestaltung, des Vertriebs und meiner Unternehmenskommunikation eine Skala? Wie hilft er mir?“
Der Markenkern prägt Unternehmen
Durch die Definition des Markenkerns erhalten Unternehmen ihre echte und unverkennbare Identifikation. Er fixiert die „Grundbausteine“ des gesamten Markenerscheinungsbildes – Hardfacts wie Produkteigenschaften bis hin zu Soft Skills (Wahrnehmung der Marke). Die visuelle Verdichtung des Markenkerns erfolgt, bei zugegeben idealisierter Betrachtung, bereits im Markenzeichen. Er beeinflusst das Produktdesign. (Alle B2Bler, die jetzt beim Thema Produktdesign stöhnen, mögen gleich in die „Produktion“ gehen – hinterfragen sie es.)
Der Kern Ihrer Marke ist die Grundsubstanz in der Unternehmensmarkenwelt. Also ganz praktisch: Welche Bildmotive repräsentieren das Unternehmen in der Kommunikation (Thema Kundenansprache). Der Markenkern beantwortet, wenn aus ihm heraus Fragen gestellt werden, die Do‘s and Don’ts der Markenkommunikation. Er schafft das Unternehmensselbstverständnis, das über den Benchmark „Gewinnmaximierung“ hinausgeht und das Verständnis für die Pluralität des Marktes und seinen Angeboten ermöglicht. Mit ihm als Skala werden Unsicherheiten bei den Entscheidungen zur Markenführung ausgeräumt, da er hilft, stabile Werte und dynamische Einflüsse zu strukturieren.
Zugegeben, die Selbstbetrachtung des Markenkerns ist nicht ganz einfach. Ein guter Weg, ihn zu analysieren und zu beleben, ist, dies in einem Workshop zu beginnen, moderiert und gemeinsam erarbeitet mit einem externen beratenden Partner aus dem Bereich Kommunikation und Werbung. •
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