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Startrampe in den Markt von Anfang an richtig positionieren

Geschäftserfolg in Frankreich - Teil 1
Startrampe in den Markt von Anfang an richtig positionieren

Startrampe in den Markt von Anfang an richtig positionieren
Solide vorbereitet, läuft's auch im Frankreichgeschäft rund Bilder: Fotolia/Olly/Moonrun
Ohne frankreichgerechte Vorbereitung ist der Eintritt in den lukrativen Nachbarmarkt selten erfolgreich. Wer beispielsweise bei der Suche nach leistungsfähigen Vertriebspartnern interkulturelle Erfordernisse beachtet, vermeidet Fallstricke und teures Lehrgeld.

Wenn deutsche Geschäftsleute zum ersten Mal in Frankreich sind, werden ihnen kleine, aber feine Unterschiede auffallen. Vielleicht beginnt’s bei den Zigarettenautomaten – es gibt nämlich keine. Womöglich erkundigen sie sich wie so viele deutsche Touristen auch in dem prächtigen Hôtel de Ville nach einem Zimmer – und erfahren überrascht, dass es sich um das Rathaus handelt. Oder: Sie betreten ein vornehmes Restaurant, suchen sich einen schönen Tisch aus und setzen sich – und haben damit schon den ersten Fauxpas begangen. Man lässt sich nämlich nach alter Sitte vom Kellner einen Tisch zuweisen und wartet möglichst am Eingang, bis man angesprochen wird.

Bei der ersten Sitzung mit ihren französischen Geschäftspartnern kommt es zu einer argen Verstimmung. Die Zusammenkunft endet ohne greifbares Resultat. Die Franzosen fühlen sich einmal mehr in ihren Vorurteilen über die zuweilen ungehobelten Deutschen bestätigt, wohingegen die deutschen Teilnehmer glauben feststellen zu dürfen, dass die Franzosen viel zu viel drauflosreden, ohne substantiell und konkret zu werden. Hier aber lag der Hase gar nicht im Pfeffer: Ein simpler Übersetzungsfehler war der Übeltäter. Die Deutschen hatten ihre Tischvorlage arglos mit „Konzept“ betitelt. Und eine oberflächliche Mitarbeiterin, der sie die Übersetzung leichtfertig anvertraut hatten, hatte daraus kurzerhand eine conception gemacht. Dies aber bedeutet nun einmal in Frankreich etwas gänzlich anderes als in unseren Landen: nämlich Anschauung, Vorstellung, Gedanke, Begriff, Idee, ist also ebenso diffus wie diskussionsanregend. Und lange nicht so konkret wie eine schön starrsinnige, deutsche Konzeption – wenn Sie so wollen, eigentlich das genaue Gegenteil.
Es mag überraschen: Vor den USA oder China ist, seit Jahrzehnten unverändert, Frankreich weltweit der größte deutsche Auslandsmarkt, von allen 234 möglichen.
Doch dieser lukrative Nachbarmarkt erfordert eine frankreichgerechte, solide Vorbereitung. Dabei sollten Sie sich in vier Etappen in den Markt hineinarbeiten (siehe Kasten). Ein Markteintritt bei unseren gallischen Nachbarn ist nämlich ohne das entsprechende Grundwissen, gerade auch um die belangvollen interkulturellen Erfordernisse im Frankreichexport, selten erfolgreich; denn die vielfältigen deutsch-französischen Unterschiede werden zu Beginn zu häufig unterschätzt oder ignoriert. Die Hürden liegen für deutsche Exporteure indes um ein Mehrfaches höher als etwa in Finnland oder den Niederlanden.
Ein Schwerpunkt im Frankreichgeschäft ist naturgemäß die Suche nach leistungsfähigen Vertriebspartnern. Eben daran mangelt es oftmals. Gerade im Komplex „Handelsvertreter“ und „Vertragshändler“ – Suche, Bewertung/Auswahl, Verhandlungen, Kontraktschließung, Zusammenarbeit, Beendigung – kommt es bei deutschen Unternehmen in Frankreich immer wieder zu gravierenden Fehlsteuerungen und unpassenden Strukturen, die später als ebenso ärgerlich wie teuer und zeitvergeudend eingestuft werden. Diese Negativ-Erfahrungen, die über alle Branchen hinweg durchaus bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgen, sind jedoch vermeidbar. Zunächst gelten natürlich auch in Frankreich die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Auslandsgeschäft: Produktqualität, Wahl des richtigen Partners im Zielmarkt, gründliche Marktkenntnis, Preis und qualifizierte Mitarbeiter.
Deutsche Lieferanten genießen auf dem französischen Markt einen exzellenten Ruf, der sie beispielshalber auf Rang 1 für die Einfuhren der wichtigsten Maschinensparten stellt. Mit Lieferanteilen von über 30 % belegen dabei Druckmaschinen, Kunststoff- und Gummimaschinen, Bau- und Bergbaumaschinen sowie Maschinen für die Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie die ersten Ränge.
Ein Exportengagement sollte keinesfalls von öffentlichen Subventionen abhängig gemacht; vielmehr sollten diese im Zuge der getroffenen unternehmerischen Entscheidung mitgenommen werden.
Bei Inanspruchnahme qualifizierter Exportberatung bietet sich deutschen Mittelständlern die Möglichkeit, auf staatliche Unterstützung zurückzugreifen: wahlweise sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene; dabei ist das Kumulationsverbot zu beachten.
Beispiel: Firmen die bestimmte Umsatz- und Mitarbeiterschwellen nicht überschreiten, können 50 % der Beratungskosten, in den Neuen Ländern sogar 75 % von der Bundesbetriebsberatungsstelle für den Groß- und Außenhandel in Berlin zurückerhalten; Näheres dazu unter www.betriebsberatungsstelle.de. Die Antragstellung kann dort auch nach der Beratung erfolgen, bei anderen Stellen muss sie hingegen vor dem Projekt erfolgen.
Auslandsmesseteilnahmen stellen für exportierende Unternehmen eines der wichtigsten Marketinginstrumente dar. 25 % aller Exportumsätze werden unmittelbar auf Beteiligungen an Messen im Ausland zurückgeführt.
Im Jahre 2008 gab es in Frankreich 157 Fachbesuchermessen, von denen 81 als international eingestuft wurden. 91 Fachmessen fanden im Großraum Paris statt, der als Messeplatz eindeutig dominiert. Abgeschlagen folgen Lyon, Bordeaux, Cannes und Montpellier. Sowohl was die ausländischen Aussteller als auch die ausländischen Besucher betrifft, führen Italien, Belgien, Großbritannien, Deutschland und Spanien. China ist zur zweitgrößten Ausstellernation aufgerückt. Das größte Messegelände Frankreichs ist „Paris Porte de Versailles“ mit knapp 228 000 m² Ausstellungsfläche. Die Nr. 2 des Landes ist noch Paris-Nord Villepinte mit 206 000 m², bald indes mit 240 000 m². Nach dem Raum Paris ist die Region Rhône-Alpes mit Lyon als Hauptstadt zweitwichtigstes Wirtschaftszentrum des Landes. In Lyon steht auch das drittgrößte Messegelände des Landes.
Wichtige französische Messen sind unter anderem:
  • Midest – Internationale Zulieferfachmesse für industrielle Maßarbeit im Parc des Expositions Paris-Nord Villepinte; 2008: 1609 Aussteller und 19 512 Besucher
  • Industrie – Paris und Lyon – Industrieausrüstungen, Mixtur aus zehn komplementären Fachmessen wie Machine-Outil (Maschinenbau); 2009: 741 Aussteller und 18 579 Besucher
  • Equip Auto – Automobil- und Garagenausrüstungen; 2007: 2022 Aussteller und 106 407 Besucher
  • Pollutec – Paris und Lyon – Internationale Fachmesse für Wasser-, Luft-, Lärm- und Abfalltechnik; 2008: 1958 Aussteller und 73 938 Besucher
Regional exemplarisch erwähnenswert: die Zuliefermesse Fist Expo im elsässischen Straßburg mit rund 250 Ausstellern und 4000 Besuchern, Kunststoffindustrie, Mikrotechnik, Werkzeug- und Maschinenbau, Elektronik, Metallbearbeitung, Lohnfertigung, Instandhaltung. Mehr unter www.fist-expo.com. Auch regionale Messen haben ihren Charme – gerade beim Einstieg in den Markt!
Unter www.auma.de können Sie die zu Ihnen passende Messe heraussuchen. Empfehlenswert ist es allemal jedoch, eine Messe zuerst zu besuchen, bevor man sich für eine Teilnahme entscheidet. Sinnvoll ist es zudem, nicht nur jene Messen zu beschicken, in der sich die eigene Branche versammelt, sondern auch jene, die Bedarf an den Produkten der Branche haben.
Norbert J. Breuer Deutsch-französischer Berater für Exportmarketing und interkulturelles Management in Saarlouis
Die Teile 2 und 3 der Serie lesen Sie in den Folgeausgaben: Vertriebspartner/Exportmarketing – KW 46, Nr. 28 Interkulturelles Marketing – KW 47, Nr. 29

So arbeiten Sie sich in den Markt hinein

Nach Frankreich in vier Etappen

  • Beschaffung einschlägiger Informationen über deutsche Stellen wie die In- und Auslandskammern und die vielfältigen Export-Organisationen (etwa „Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH“); sehr empfehlenswert: Teilnahme an einem mittelstandsgerechten Einstiegsseminar zum französischen Markt, die häufig von Kammern angeboten werden; optimal wäre ein maßgeschneidertes Arbeitsgespräch mit einem unabhängigen Frankreichfachmann: dieses dient dem gemeinsamen Erforschen und Bestimmen dessen, was das Unternehmen vernünftigerweise „wollen sollte“, also dem richtigen Ansatz für ein solides und systematisches Vorgehen sowie der Abstimmung eines Konzeptes zu seiner Umsetzung. Am Ende wird festgehalten, wo die primären Ansatzpunkte liegen, welche Schritte in welcher Weise und Abfolge eingeleitet werden sollten, das heißt es wird gemeinsam und wohlüberlegt eine „erste Startrampe gezimmert“. Das Arbeitsgespräch ist der erste unerlässliche Schritt zu einer maßgeschneiderten Strategie.
  • Praktische Recherchen im Markt sind unentbehrlich. Gegebenheiten wie Größe des Marktes, Anzahl der Mitbewerber, praktizierte Preise, abweichende Kundenwünsche, welche Vertriebskanäle landestypisch empfehlenswert und welche rechtlichen Vorschriften zu beachten sind, müssen sorgfältig untersucht werden.
  • Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse sollte eine maßgeschneiderte Markteintrittsstrategie entworfen werden, damit die Startrampe in die richtige Richtung zielt; sie ist das Herzstück des Exportvorhabens, ein Verzicht auf sie würde ein jahrelanges Stochern im Nebel und demotivierende Erfahrungen nach sich ziehen können.
  • Umsetzung der festgelegten Maßnahmen (wie zum Beispiel Personal- oder Vertretersuche, Ansprache potenzieller Kunden, Einrichtung einer Präsenz im französischen Markt).
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