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Unternehmensnachfolge gefährdet?

Hohe Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Unternehmensnachfolge gefährdet?

Ist die Unternehmensnachfolge gefährdet? Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist das Thema von hoher Relevanz. Ein Kommentar von Prof. Dr. Norbert Neu von der Wirtschaftskanzlei DHPG.

Prof. Dr. Norbert Neu, Managing Partner der Wirtschaftskanzlei DHPG und Chairman des globalen Beratungsnetzwerks Nexia International

Günstige Bedingungen für die Unternehmensnachfolge sind für den Standort Deutschland von strategischer Bedeutung. Das Thema ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Interesse, bei denen in Deutschland traditionell eigentümergeführte Betriebe und Familienunternehmen stark vertreten sind. Deren gesamtwirtschaftliche Bedeutung ist immens.
Laut Statistischem Bundesamt zählen in Deutschland rund 99 % der Unternehmen zu den KMU – den kleinen und mittelgroßen Betrieben bis 50 Mio. Euro Umsatz. Die KMU stellen über 60 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Deutschland. Das entspricht über 17 Mio. Arbeitnehmern.
Jedes Jahr suchen laut Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) etwa 27 000 Unternehmen einen Nachfolger an der Spitze. Zwischen den Jahren 2014 und 2018 geht das IfM von 135 000 Betrieben aus, bei denen sich die Nachfolgerfrage stellen wird. Das betrifft bis zu 2 Mio. Beschäftigte, oder bis zu 400 000 Arbeitnehmer pro Jahr.
Viele Unternehmer stoßen bei ihrem Vorhaben, ihre Nachfolge zu regeln, jedoch regelmäßig auf Schwierigkeiten. Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt, dass über 40 % der deutschen Seniorunternehmer befürchten, für ihren Betrieb keinen geeigneten Nachfolger zu finden. In diesem Zusammenhang wird vor einem Rückgang der selbstständigen Unternehmen in Deutschland gewarnt. Bis 2050 könnte es demnach hierzulande eine Million weniger geben, sollte sich dieser Trend fortsetzen.
Hemmschuh Steuerrecht
Vor allem die steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland erschweren die Unternehmensnachfolge. Einer DIHK-Studie zufolge sehen über 20 % der Unternehmer die Erbschaftsteuer als ein wesentliches Hindernis bei der Nachfolgersuche an. Im Dezember 2014 hat das Bundesverfassungsgericht das Erbschaftsteuergesetz für teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt und damit die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen beim Erbgang oder bei Schenkungen in Frage gestellt.
Bis zum 30. Juni 2016 hat der Gesetzgeber nun Zeit, eine verfassungskonforme Neuregelung zu finden. Zwar bleibt das bisherige Erbschaftsteuerrecht bis dahin gültig, allerdings könnten mögliche Änderungen rückwirkend geltend gemacht werden. Dies schafft in der Zwischenzeit eine erhebliche Rechtsunsicherheit für Unternehmen in der Übergabephase. Viele Beobachter gehen zudem davon aus, dass die zukünftigen Regelungen schärfer werden könnten. Das daraus erwachsende höhere finanzielle Risiko für Nachfolger und Unternehmenserben dürfte abschreckend wirken – Unternehmensschließungen wären die Folge und Arbeitsplätze gefährdet.
Als weiterer Unsicherheitsfaktor aus dem Steuerrecht kann die Verschärfung der Wegzugsbesteuerung genannt werden. Im Juli 2014 wurde der entsprechende Paragraf 50i im Einkommensteuergesetz erweitert. Dadurch wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Unternehmensanteile missbräuchlich steuerfrei ins Ausland verlagert werden können. Entstanden ist ein vielfältig interpretierbarer Gesetzestext, dessen Wortlaut möglicherweise Konstellationen betrifft, die der Gesetzgeber überhaupt nicht im Fokus hatte und die nun je nach Gesetzesauslegung zu existenzgefährdenden Steuerfolgen führen könnten.
Kein Unternehmergeist?
Unabhängig von der steuerrechtlichen Agenda hat das Nachfolgethema auch eine kulturelle Komponente. Ist Deutschland ein Unternehmerland? Haben Jungunternehmer überhaupt Anreize, einen Betrieb zu übernehmen oder weiterzuführen? Tatsächlich werden potenzielle Nachfolger heute oft von einer überbordenden Bürokratie unnötig ausgebremst. Die Bürokratie in Deutschland ist nach wie vor hoch. Zwar hat die Bundesregierung Ende 2014 die Eckpunkte eines Bürokratieabbaus festgelegt. Ob diese Maßnahmen oder im Zweifelsfall bis diese Maßnahmen greifen, belasten jedoch immer noch zahlreiche Gesetze und Regulierungen die Unternehmen, beispielsweise das Mindestlohngesetz.
Die Politik wird sich entschlossen für eine positive Unternehmerkultur in Deutschland einsetzen müssen, um einen nachhaltig wettbewerbsfähigen „German Mittelstand“ zu erhalten. Dazu gehört auch, eine reibungslose Unternehmensnachfolge zu fördern und Rechtsunsicherheiten wie beim Erbschaftsteuergesetz zu beseitigen. Auch der demographische Wandel macht dies notwendig: dem DIHK zufolge kommen schon heute fünf Unternehmensinhaber auf einen potenziellen Nachfolger. Der Fachkräftemangel vergrößert diese Lücke zusätzlich.
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