Startseite » Themen » Qualitätssicherung »

Ende mit dem Begriffs-Wirrwarr

Faires Datenblatt sorgt für Transparenz bei Oberflächenmessgeräten
Ende mit dem Begriffs-Wirrwarr

Um Anwendern und Einkäufern den Vergleich von optischen Oberflächenmessgeräten zu erleichtern, hat die Initiative „Faires Datenblatt“ Vorgaben für einheitliche Geräte- und Verfahrensspezifikationen definiert.

Dr. Wilfried Bauer Business-Development, Polytec

Ganz gleich ob Formmessungen wie Ebenheiten und Parallelitäten oder die Bestimmung von Textur- oder Strukturparametern: Taktile Messverfahren sind bei diesen Aufgaben der 3D-Oberflächenmesstechnik in der Qualitätskontrolle häufig zu langsam oder liefern nicht genügend Messpunkte. Optische Verfahren sind hier im Vorteil. Wegen der wachsenden Bedeutung der 3D-Oberflächenmesstechnik wurden in der entstehenden Normenreihe ISO 25178 über die Bestimmung von flächigen Texturparametern nicht nur taktile Methoden berücksichtigt, sondern es wurde ein starker Fokus auf optische Messmethoden gelegt.
Verglichen mit den traditionellen tastenden Verfahren sind optische Messmethoden allerdings noch wenig etabliert – und häufig fehlt bei Anwendern die Erfahrung hinsichtlich optischer Messungen. Daher ist es umso wichtiger, dass Datenblätter einen Vergleich der verschiedenen Messinstrumente und der optischen Methoden erlauben. Dies ist bisher nicht der Fall. Sowohl die Definitionen wie auch die Bestimmungsverfahren für die angegebenen Spezifikationen unterscheiden sich erheblich in Datenblättern der unterschiedlichen Hersteller.
Das Dilemma: Gleiche Eigenschaften werden unterschiedlich, unterschiedliche Eigenschaften gleich benannt. Das führt zu Verwirrungen. Ein Beispiel ist der Begriff „laterale Auflösung“: Einmal ist damit die Anzahl der Messpunkte im Messfeld gemeint, einmal die Fläche, die auf ein Kamerapixel abgebildet wird, und wieder ein anderes Mal der Abstand zweier benachbarter, gerade noch unterscheidbarer Merkmale. Die Initiative „Faires Datenblatt“ hat sich daher zum Ziel gesetzt, transparente Begrifflichkeiten und einen einheitlichen Aufbau von Datenblättern zu definieren. Die Initiative wird sowohl von Messgeräteherstellern – neben Polytec sind dies Alicona und Nanofocus – als auch von großen Messtechnikanwendern wie Audi, Bosch und Daimler getragen. Außerdem haben die Technische Universität Kaiserslautern, die Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) sowie die beiden Industrieverbände ZVEI und VDI mitgewirkt.
Das Faire Datenblatt definiert bei der „lateralen Auflösung“ die Begriffe eindeutig als „Messpunktabstand“ und den minimalen Abstand, in dem zwei Strukturen getrennt oder aufgelöst werden können, als „rechnerische laterale optische Grenzauflösung“. Dieser Begriff zeigt eindeutig, dass der Wert berechnet und nicht gemessen wird. Diese Definition entspricht zur Zeit der Praxis, ohne dass dem Anwender bewusst ist, dass es ein theoretischer Wert ist.
Durch die unterschiedlichen Begriffe, Definitionen und Messvorschriften sind spezifizierte Größen für viele Anwender und häufig sogar selbst für Experten nicht vergleichbar. Hinzu kommt, dass manche Größen sehr praxisfremd bestimmt werden und so erstaunliche Werte erzielt werden.
Der Begriff der vertikalen Auflösung sorgte bislang oft für Missverständnisse
Ein Beispiel dafür ist die „vertikale Auflösung“: Diese Begriff bestimmt die kleinste Stufenhöhe einer Oberfläche, die getrennt werden kann. Unter guten Umgebungsbedingungen ist diese Grenze durch das Rauschen beispielsweise der Elektronik oder der Kamera bestimmt. Durch Mittelung vieler Messungen wird diese Grenze herabgesetzt und es werden teilweise Werte für die z-Auflösung spezifiziert, die weit unter dem Durchmesser eines Wasserstoffatoms liegen. Welcher Anwender mittelt aber bis zu 1000 Messungen? Für die z-Auflösung sagt das Faire Datenblatt eindeutig, dass die z-Auflösung durch Einzelmessungen bestimmt werden soll. Dies entspricht dem normalen Anwendungsfall.
Die eindeutige Festlegung der Definition und der Messvorschriften für die vertikale Auflösung hat noch einen weiteren Vorteil, denn dieser Begriff wird von Anwendern sehr häufig mit einer Angabe der geräteinduzierten Messunsicherheit verwechselt. Eine allgemein gültige Aussage über Messunsicherheiten überfordert jedes Datenblatt, denn sie hängt auch von den zu bestimmenden Parametern und von der Struktur des Bauteils selbst ab. Ein Datenblatt ersetzt keine Messunsicherheitsabschätzung und Tests zur Messgeräteeignung werden nicht überflüssig.
Allerdings kann ein Datenblatt Hinweise geben und vor allem verschiedene Messinstrumente vergleichbar machen. Dazu werden auch die Prüfkörper im Fairen Datenblatt angegeben: Die Abweichung der Ebenheit ist dabei recht einfach an Hand einer kalibrierten ebenen Fläche zu bestimmen, die Abweichungen einer Stufenhöhe an Hand eines definierten Stufennormals. Da durchaus unterschiedliche Abweichungen innerhalb des Messbereiches auftreten können, ist hier die größte Abweichung anzugeben.
Diese ausgewählten Beispiele zeigen die Absicht und Systematik der Realisation. Ausgangspunkt war die Unzufriedenheit der Anwender mit der jetzigen Situation, aber auch die Unzufriedenheit von Messgeräteherstellern, die ehrlich und praxisnah ihre Geräte beschreiben wollten, ohne Wettbewerbsnachteile durch „schlechtere“ Spezifikationswerte zu erleiden.
Das Faire Datenblatt besteht aus drei Komponenten: Der eigentlichen Merkmalsdefinition, einer Lesehilfe und einem Layout-Muster. Bei den Merkmalsdefinition und den Vorschriften zu ihrer Bestimmung hat die Arbeitsgruppe nach Möglichkeit auf bestehende Normen und Richtlinien zurückgegriffen. Dieses Vorgehen dient einer möglichst sicheren Vergleichbarkeit verschiedener Geräte und Technologien und hilft den Messgeräteherstellern, die Datenblattangaben reproduzierbar anzugeben.
Parallel dazu erstellte die Arbeitsgruppe eine kompakte Lesehilfe, die dem Anwender ein gutes Grundverständnis der Merkmale vermittelt und ihn in die Lage versetzt, das Datenblatt zweckmäßig einzusetzen. Abgerundet wird das „Faire Datenblatt“ durch ein Layout-Muster, welches eine übersichtliche Struktur und Reihenfolge der Datenblattangaben beschreibt. •
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de