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Wie Null-Fehler-Lieferungen möglich sind

Qualitätsmanagement
Wie Null-Fehler-Lieferungen möglich sind

Qualitätsmanagement wird in der Industrie immer wichtiger. Weil sich der Wettbewerb verschärft und der Kostendruck seit Jahren steigt, können sich Betriebe fehlerhafte Lieferungen nicht mehr erlauben. In Viernheim hat ein Konfektionierungs-Profi ein Null-Fehler-System entwickelt.

Michael Sudahl, freier Journalist aus Stuttgart

Täglich verlassen mehrere tausend Geräte-Kits die Lager des Viernheimer Familienunternehmens Erdt, um in der ganzen Welt Diabetiker zu versorgen. Enthalten sind in den Paketen etwa Messgeräte, Teststreifen, Beipackzettel, Stechhilfen, ein Etui und eine Verpackungsschachtel. „Hier darf beim Konfektionieren kein Fehler passieren“, sagt René Rewald, Qualitätsmanager der Erdt-Gruppe. Schließlich geht es um die Gesundheit der Empfänger. Mit Hilfe der Messgeräte dosieren die Zuckerkranken ihre Insulin-Einnahmen. Messen sie ihren Spiegel und dosieren sie ihn folglich falsch, kann das tödlich sein.
Mehr-Augen-Prinzip greift – auch bei hohen Stückzahlen
„Um zu 100 Prozent fehlerfrei zu arbeiten, haben wir ein zweistufiges Kommissionierungssystem entwickelt“, veranschaulicht Rewald. Besteht eine Bestellung des Kunden aus 10 000 Paketen, sortiert ein Mitarbeiter die jeweiligen Inhalte zusammen. Also: 10 000 Faltschachteln, 10 000 Messgeräte, 10 000 Lazetten etc. Hier findet die erste Kontrolle statt. Ein zweiter Mitarbeiter stellt aus diesen 10 000er-Tranchen die georderten Einzelchargen zusammen. Beispielsweise 500 Pakete nach Italien, 2000 nach Mannheim etc. „Hierdurch schaffen wir ein Vier-Augen-Prinzip“, erklärt Rewald. Zusätzlich prüft der Kollege nochmals Seriennummern und Chargen. Damit nicht genug. Am Ende des Konfektionierungsprozesses findet eine abteilungsunabhängige Endkontrolle durch das Qualitätsmanagement statt. In Summe entsteht so ein fünfstufiger Prüfrhythmus.
„Mit diesem Prozess gelingt es, dass kein Paket einen Mangel hat“, bilanziert der Qualitätsmanager. Was im Übrigen auch der Auftraggeber so sieht. 2012 stellte der Konzern die Überprüfung bei Erdt durch eigene Kontrolleure ein. Bis dahin hatten diese monatlich 1000 Stichproben genommen – und nie Fehler gefunden. Allenfalls ging es um kosmetische Mängel, die Erdt nicht zu verantworten hatte.
Zertifizierte Qualitätssicherung
Trotzdem unterliegt die Firmengruppe strengen Audits. Alleine in diesem Jahr standen acht an: Vier Dokumentenaudits, zwei Dekra-Audits nach ISO 9001:2008 und der Medizinproduktenorm 13485. Hinzu kamen ein Vor-Audit eines externen Dienstleisters und zum Jahresende das Lieferanten-Audit des Kunden. „Bestanden wurden alle“, sagt Rewald, der noch einen anderen QM-Aspekt benennt. Die rund 300 Erdt-Mitarbeiter, die für „Produkt Service“ tätig sind, hätten das Qualitäts-Gen in sich. Was ein wenig flapsig klingt, nimmt man bei Erdt durchaus ernst. Denn der Mittelständler, der pro Jahr rund 40 Mio. Euro umsetzt, legt besonderes Augenmerk auf die Personalauswahl.
Mitarbeiter werben Mitarbeiter
„Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter neue Kollegen suchen und uns empfehlen“, sagt Rewald. Sie sollen gezielt Freunde und Verwandte ansprechen, von denen sie überzeugt sind, dass sie zum Unternehmen passen. „Das kommunizieren wir auch so“, verdeutlicht der QM-Mann. Dieses Vorgehen habe sich in den zurückliegenden 25 Jahren bewährt, etliche Kollegen kennen einander privat. Der Begriff Familienunternehmen beinhaltet demnach nicht nur den Eigentümer und Namensgeber der Firmengruppe.
Diese familiäre Situation wirke sich positiv auf die Kommunikationsgewohnheiten im Betrieb aus. Denn zu einem Null-Fehler-System gehört die schnelle Weitergabe von Informationen. Bei Erdt gibt es dazu Meetings auf vier Ebenen. Monatlich tauschen sich Geschäfts- und Bereichsleiter aus. Alle zwei Wochen treffen sich Bereichsleiter und Assistenten zu den Pro-Log-Runden. Hier würden Prozesse und Logistik-Fragen geklärt. In der Wochenabstimmung tauschen sich wiederum Assistenten und Vorarbeiter aus. Daneben finden abteilungsweise Besprechungen statt. Um die Kommunikation einfach zu halten, bestehen die einzelnen Gruppen aus maximal sieben Leuten.
„In diesen Runden kommen Qualitätsthemen auf den Tisch“, sagt Rewald. Entdeckt etwa eine Prüfinstanz schleichende Systemfehler, würden diese in den Meetings analysiert und Prozesse geändert. So sei gewährleistet, dass Arbeitsanweisungen und Vorgabedokumente immer von den betroffenen Arbeitsbereichen selbst erstellt und somit gelebt werden.
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