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Mehr Aufgaben für die stählernen Gehilfen

Roboter: einsatz an Werkzeugmaschinen immer flexibler
Mehr Aufgaben für die stählernen Gehilfen

Noch ist der Roboter nicht unverzichtbarer Bestandteil von Werkzeugmaschinen, doch ist er auch in diesem Anwendungsbereich auf dem Vormarsch. Gleichzeitig übernimmt er neben dem Handling immer mehr Aufgaben, darunter das Messen.

Auf Symposien und Messen werden immer neue Strategien zur Automatisierung des spanenden Prozesses favorisiert. Eines allerdings haben diese gemeinsam: Der Einsatz von Robotern gilt heute als probates Mittel. Nur, ob der Roboter lediglich Handhaben soll oder ob er nicht auch andere Aufgaben übernehmen muss, ist in der Diskussion.

Geht es nur darum, ein fertig bearbeitetes Werkstück aus dem Futter einer Drehmaschine zu entnehmen und ein neues einzusetzen, ist ein Roboter – bezogen auf Lose von 50 oder 100 Stück – kein Wunderwerk an Produktivität. Was den Robotereinsatz an einer Maschine betrifft, gibt es zwei Auffassungen vom optimalen „Standort“: Vor oder in der Maschine. Für beide „Standorte“ gibt es gute Gründe. Ein aktuelles Beispiel ist die CNC-Werkzeugschleifmaschine Helitronic Micro der Walter Maschinenbau GmbH, Tübingen. Hier ist der sechsachsige Roboter im Maschinengehäuse untergebracht. Im Gegensatz zu älteren Konzepten mit reinem Roboterhandling, wird der Knickarmroboter neben der Werkstückbeladung auch für weitere Aufgaben wie Werkzeugwechsel oder Messoperationen genutzt.
Bei der Geiger Fertigungstechnologie GmbH, Pretzfeld, ist man in puncto Einsatzmöglichkeiten einig mit den Walter-Maschinenbauern. Eckhard Brandt, Geschäftsführer des Fränkischen Fertigungsspezialisten, drückt es drastisch aus: Einen Roboter eine Maschine nur beschicken zu lassen, hieße für ihn, mit einem Formel-1-Renner auf der Bundesstraße zu fahren. „Den Roboter lediglich zum Be- und Entladen einer Maschine einzusetzen, bedeutet, ihn nur zu 20 oder 30 Prozent zu nutzen. Er kann aber viel mehr.“
Bei komplexen Teilen, wie sie bei Geiger üblich sind, gibt es Beispiele, wo die Zerspanung im Prozess etwa 50 % ausmacht. Also werden in die Reichweite des Roboters noch eine Waschmaschine, ein Messplatz und vielleicht sogar eine Montagestation gerückt. Zusätzliche Reichweite böte eine Verfahrachse, auf die der Roboter montiert wird. Damit er im Fußraum rund um die Maschine nicht stört, hängt ihn der Lieferant Fanuc Robotics Deutschland GmbH, Neuhausen, an die Decke und nennt ihn T-Modell.
Zahlen sind immer hilfreich in der Argumentation, so spezifisch auf den Anwendungsfall bezogen sie auch sein mögen. Bei den Tuttlinger Chiron-Werken GmbH & Co. KG sind die Verfechter der Automatisierung schon lange zu Hause, hält man doch unterschiedliche Lösungen bereit. Dr.-Ing. Dirk Prust, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung, erklärt: „Wir haben errechnet, dass sich bei fünf Betriebsjahren im Durchschnitt die Produktionskosten auf 82 Prozent senken lassen, wenn die manuelle Beladung durch eine automatische ersetzt wird.“ Solche Größenordnungen sind der Nährboden für weiteres Wachstum.
Auch wenn vieles darauf hindeutet: Den Roboter generell als unverzichtbaren Bestandteil einer Werkzeugmaschine zu sehen – so weit möchte Gerald Mies, Geschäftsführer von Fanuc Robotics Deutschland, noch nicht gehen, obwohl es in der Praxis schon häufig Realität ist. „Wir registrieren jedenfalls ein überproportionales Wachstum in diesem Einsatzbereich. Etwa 30 Prozent aller Roboter in Europa gehen in solche Anwendungen.“ Bezogen auf die Zahlen von Fanuc Robotics heißt das: Knapp 1200 Roboter wurden im vergangenen Jahr neu an oder mit Werkzeugmaschinen jeglicher Art installiert. Gerald Mies: „Die Tendenz ist aus unserer Sicht stark steigend.“
Dass dieses Segment einen stabilen Zuwachs hat, liegt auch daran, dass – einfach ausgedrückt – Roboter mittlerweile Komponenten von Maschinen geworden sind. Da ersetzen viele Maschinenhersteller ihre Sonderkonstruktionen und greifen auf Standardroboter innerhalb einer Zelle oder an einer Maschine zurück.
Im Schwester-Unternehmen des Systemhauses HandlingTech Automationssysteme GmbH, Stuttgart, sind über 200 Werkzeugmaschinen – großteils automatisiert – im Einsatz. Mit dem Know-how aus dieser Praxis hat das Systemhaus standardisierte Zellen, die sogenannten Robax-Zellen, entwickelt. Das Unternehmen vermarktet so das in der eigenen Firmengruppe gesammelte Know-how mit der Automation von Werkzeugmaschinen.
Die Auslegung der Robax-Zellen ist charakteristisch für den derzeitigen Automatisierungstrend. Sie sind in verschiedenen Größen erhältlich, wobei jeweils Roboter in unterschiedlichen Größen adaptiert werden können. Mit den zu handhabenden Teilegrößen wachsen auch die Handlingzellen. „In über 80 Prozent der Anwendungen sind lediglich werkstückbezogene Modifikationen an der Roboterhand – also Greiferauswahl und Anpassung der Greiferfinger – erforderlich“, erläutert HandlingTech-Geschäftsführer Jörg Hutzel. In der einfachsten Version dient der Roboter nur zum Be- und Entladen der Maschine. Der Palettenwechsel erfolgt manuell. Dann geht es, fein abgestuft, aufwärts bis zur Vollautomatisierung.
Wenn der Roboter in die Maschine integriert werden soll, muss eine Reihe von Faktoren erfüllt sein: Beispielsweise muss genügend Raum vorhanden sein, und das Späneaufkommen sollte gering sein. Durch die kurzen Wege sorgt der Roboter hier für kurze Taktzeiten. Wie klein die zu fertigenden Lose sein dürfen, damit sich die Automatisierung rechnet, ist Gegenstand der Diskussion bei jedem neuen geplanten Einsatz. Je nach Anwendung, ist mit Hilfe des Roboters selbst Losgröße 1 wirtschaftlich zu fertigen.
Aus dem herkömmlichen Be- und Entladen einer Werkzeugmaschine ist heute in vielen Fällen bereits ein Maschinen-Management geworden: Der Roboter handhabt nicht nur Werkstücke, er wechselt auch Werkzeuge, reinigt oder bearbeitet Teile, vermisst bearbeitete Werkstücke oder übernimmt Aufgaben der Qualitätssicherung. Bei der Werkzeugschleifmaschine Helitronic Micro, beispielsweise, übernimmt der Roboter LR Mate 200iB von Fanuc neben dem Werkstückwechsel auch Messfunktionen und tauscht Schleifscheiben aus. Je mehr solcher Zusatzfunktionen erledigt werden können, desto eher rechnet sich der Roboter.
Klaus Wagner, Geschäftsführer Technik bei Fanuc Robotics Deutschland, sieht in der Kombination Roboter/Steuerung/Bildverarbeitung Vorteile. Dies bestätigt auch Dr. Helmut Nebeling, Leiter Entwicklung und Konstruktion bei Walter: „Wir haben den Roboter über den Fanuc-I/O-Link als Slave mit der Maschine verknüpft. Dabei kommt uns zugute, dass zwischen dem Roboter und der Maschinensteuerung, einer GE-Fanuc-CNC der Serie 310i, eine definierte Schnittstelle vorhanden ist.“
Der Fortschritt manifestiert sich in einer deutlich niedrigeren Kostenbasis durch reduzierte Lohn- und Vorrichtungskosten. Klaus Wagner: „Das ‚intelligente Robotersystem’ ist bei Produktänderungen viel leichter anzupassen als bisherige Lösungen. Mit dem Einsatz eines Vision-Systems können viele Vorrichtungen entfallen.“ Die bei Fanuc selbst betriebene vollautomatische Fertigungsanlage Intelligent Robot Cell schafft 720 h durchgehenden bedienerlosen Betrieb nur dadurch, dass Roboter mit dem hauseigenen Vision-System Lage, Form und Größe der zu greifenden Werkstücke erfassen können. Die Servomotor-getriebenen Greifer passen sich automatisch an.
Klaus Wagner weiß, dass sich nicht jede Anwendung einfach mit einem Roboter in die Gewinnzone rechnen lässt: „Die Erfahrung unserer Systempartner reicht jedoch so weit, dass sich sehr wohl eine kostenoptimierte Lösung finden lässt.“
Bernhard Foitzik Fachjournalist in Neustadt/Weinstraße
Roboter sind Komponenten von Maschinen geworden

Kosteneffizienz
Beim Roboterhersteller Fanuc sind in der Fertigung acht Roboterzellen im vollautomatischen Betrieb, die für einen bedienerlosen Einsatz von 720 h pro Monat ausgelegt sind. Die besondere Herausforderung ist eine große Teilevielfalt bei nur geringen Losgrößen. Der Kostenvorteil gegenüber der Vorgängerversion kommt primär aus Einsparungen in der Peripherie:
  • Durch den per Kamera „sehenden“ Roboter und die Flexibilität des Servo-Greifers müssen die Teile nicht in exakten Positionen bereitgestellt werden.
  • Ein Kraft-Momenten-Sensor an der Roboterhand hilft beim Einsetzen der Werkstücke in geeignete Spannmittel.
Die Kostenstruktur verbesserte sich um 50 %.
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