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Falsche Pflege ist brandgefährlich

Schutzkleidung ist kein Fall für die heimische Waschmaschine
Falsche Pflege ist brandgefährlich

Arbeitsschutz | Die Pflege von Berufs- und Schutzkleidung ist nicht so einfach, wie sich das viele Arbeitgeber immer noch vorstellen. Je nach Material und Branche sind jede Menge Auflagen einzuhalten. Man kann sich den ganzen Stress aber auch sparen und die komplexe Aufgabe an einen professionellen Textildienstleister abgeben.
Die Schutzkleidung hängt im Spind und die Mitarbeiter sind eingewiesen, wie sie zu tragen ist. Eine entsprechende Betriebsanweisung hängt für alle sichtbar aus. Doch damit ist das Thema noch lange nicht abgearbeitet. Ein ganzer Strauß an Fragen bleibt offen: Was muss getan werden, damit die Kleidung lange den Richtlinien entspricht, nach denen sie zertifiziert ist? Wie behält die Kleidung ihre flammhemmende, reflektierende, chemikalienabweisende oder antistatische Eigenschaft? Wie wäscht und pflegt man Arbeitskleidung richtliniengerecht und umweltschonend?
Jeden Tag fallen in deutschen Werkhallen Berge an verschmutzter Mitarbeiterkleidung an. Die Teile müssen von hartnäckigem Staub, Schmiere, Lack, Öl oder Kühlschmierstoffe gesäubert werden. Nur jeder fünfte Betrieb kümmert sich selbst um die Pflege der Ausstattung. Satte achtzig Prozent überlassen es der Belegschaft, zu Hause zu waschen. Und nur jeder zweite Chef überprüft den Zustand der Arbeitskleidung seiner Mitarbeiter. Dies geht aus einem 2014 veröffentlichten Bericht des europäischen Dachverbandes der Textil-Service-Unternehmen European Textile Services Association (ETSA) und dem Wirtschaftsverband Textil Service WIRTEX e.V. hervor, der auf einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK zum „Verbraucherverhalten bei der privaten Reinigung von Arbeitskleidung“ basiert. Rund 400 Teilnehmer in Europa wurden hierfür online und in persönlichen Interviews befragt. Fazit: Die Bedeutung der Pflege von Berufs- und Schutzkleidung wird mehr als unterschätzt.
Dabei kann die falsche Pflege im Arbeitsalltag schnell brandgefährlich werden. Rückstände in der Kleidung können zum Beispiel bei einer persönlichen Schutzausrüstung die Schutzeigenschaften mindern. Schon einfacher Straßenschmutz kann sich entzünden und die Kleidung steht in Flammen. Deswegen ist es wichtig, dass eine Schutzkleidung regelmäßig und sachgerecht gewaschen wird. Ebenso können antistatische, reflektierende oder chemikalienabweisende Eigenschaften der Schutzkleidung durch unsachgemäße Pflege eingeschränkt werden.
Darüber hinaus bedeutet eine saubere Oberflächlich noch lange nicht, dass die Arbeitskleidung auch hygienisch unbedenklich ist. Erst ab einer Temperatur von 70 Grad kann man davon ausgehen, dass Verschmutzungen hygienisch entfernt sind. Obwohl Bakterien nur bei hohen Temperaturen abgetötet werden, wählt man beim Waschen von Arbeitskleidung im privaten Haushalt oft niedrige Temperaturstufen um die 40 Grad, manchmal etwas darüber. Tatsache ist auch, dass es nur eine von vier Personen, die von der GfK befragt wurden, für unbedenklich hielt, private und beruflich genutzte Textilien zusammen in die Trommel zu werfen. In Wahrheit kann das fatale Folgen haben. Denn ist die Arbeitskleidung mit gefährlichen Stoffen wie Lösemittel, Farben, Lacke, Öl, Teer oder Chemikalien verunreinigt, kann sie die privaten Wäschestücke komplett kontaminieren. Ein weiterer Nachteil der Privatwäsche ist, dass die Waschleistung einer Haushaltsmaschine nicht ausreicht, um den groben Industrieschmutz zu entfernen. Die großen Waschstraßen der Profis können das besser.
Nach EU-Recht haftet der Arbeitgeber für die Gesundheit und Sicherheit seiner Mitarbeiter. Die Pflege der Arbeitskleidung spielt hierbei eine wichtige Rolle. In manchen Branchen wie etwa der Lebensmittelindustrie sind die Anforderungen besonders hoch. Hier können durch Nachlässigkeit bei den Hygienestandards oder durch kontaminierte Arbeitskleidung der Mitarbeiter unbeteiligte Dritte in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Vorschriften sind komplex und müssen je nach Beruf, Einsatzort und Tätigkeit eruiert werden. So müssen Mitarbeiter eine Persönliche Schutzausrüstung (PSA) tragen, wenn bei der Arbeit ein zusätzlicher Schutz notwendig ist. Zum Beispiel vor Chemikalien, Metallspritzern, elektrischen Einwirkungen oder der Möglichkeit von Schnittverletzungen. Der Chef muss an dieser Stelle für die richtige Ausrüstung sorgen.
Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften darüber, wie und in welchen Abständen die Arbeits- und Schutzkleidung gewaschen werden muss. Aber es gibt Empfehlungen in Gesamtarbeitsverträgen oder durch Versicherungen, denn fachgerechte Pflege erhöht auch die Sicherheit. Legt der Arbeitgeber das ganze Thema Arbeitskleidung in professionelle Hände, dann ist er immer auf der sicheren Seite, denn der Dienstleister stellt die Berufskleidung in einem Full-Service zur Verfügung. Dazu gehört natürlich auch die Pflege. Damit können Entscheider sicher sein, dass die entsprechenden europäischen und internationalen Normen eingehalten werden und die Kleidung langfristig den gewünschten Schutz bietet. Die Ausstattung durch einen Profi hat zusätzlich den Vorteil, dass alle im Team eine einheitliche Kleidung tragen. Das ist gut für den Unternehmensauftritt und stärkt die Motivation im Team.
Für die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister hat sich zum Beispiel auch die Georg Fischer AG entschieden, eine der modernsten Druckgießereien in Europa. Alle Schmelzer tragen dort eine Hitze- und Flammschutzkleidung mit der Bezeichnung „Mewa Exclusive Alu“, die vor Aluminiumspritzern schützt und auch bei einer Umgebungstemperatur von 40 Grad und mehr noch vergleichsweise bequem ist. Zur Identifikation sind an jedem Kleidungsstück Barcodes angebracht. Die Pflegehistorie und der Zustand lassen sich auf diese Weise leicht protokollieren. Ist die Arbeitskleidung in den waschenden Betrieben eingetroffen, wird sie zunächst nach Textilart, Farbe und Verschmutzungsart sortiert. In High-Tech-Waschstraßen durchlaufen die Kleidungsstücke anschließend die passenden Programme. Waschmitteldosierung, Temperatur, Zeit und Drehzahl sind genau auf Gewebe und Verschmutzung abgestimmt.
Trotz aller Feinarbeit ist das Waschen für das Textil auch stressig. Die Schutzeigenschaften nehmen ab, was man bei der Wäsche zu Hause niemals beurteilen könnte. Professionelle Aufbereitung dagegen nutzt Fachwissen und spezielle Lösungen. Die Kleidungsstücke werden nach der Pflege geprüft, ob sie noch den Anforderungen gerecht werden. Tun sie es nicht, werden sie ersetzt.
Nicht zuletzt profitiert auch die Umwelt von der Profipflege, denn neue Waschtechniken sorgen für eine umweltfreundliche Sauberkeit. „Wir bearbeiten europaweit 9,7 Millionen Kleidungsteile im Jahr“, erklärt Matthias Zoch, Leiter der Umwelt- und Verfahrenstechnik bei der Mewa Textil-Service-Gruppe. „Um das eingesetzte Wasser sparsam zu nutzen, arbeiten wir mit ressourcen-schonenden Verfahren.“ Gewaschen wird bei Mewa mit biologisch abbaubaren Waschmitteln in einer möglichst geringen Dosierung. Mit der sogenannten Kaskadentechnik wird noch verwertbares Waschwasser aus den letzten Spülgängen herausgefiltert. Nach einer Wiederaufbereitung lässt es sich für weitere Waschgänge verwenden. Dadurch konnte der Frischwassereinsatz um die Hälfte reduziert werden. Das Ziel der eigenen, umwelttechnischen Entwicklungen ist dabei, den Einsatz von Energie, Wasser und Waschmitteln kontinuierlich zu senken und dabei das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. „Bei unserem Verfahren wird die Umwelt im Vergleich zu traditionellen Waschverfahren um bis zu 85 Prozent weniger belastet“, versichert Matthias Zoch. Diese Umweltbilanz erreicht die häusliche Wäsche nur selten, wie eine weitere Studie der ETSA im Jahr 2014 zeigte.
Waschen ist eine Sache. Aber die Mitarbeiterkleidung soll den Trägern auch richtig passen und gefallen. Was soll man tun, wenn sich die Mitarbeiter nicht so verhalten wie in der Betriebsanweisung vorgeschrieben? Wenn sie sich die Ärmel hochkrempeln und die Jacke nicht zuknöpfen, weil es dann bequemer für sie wird? Auch wenn die Kleidung theoretisch die Normen erfüllt, kann sie doch für den speziellen Arbeitsplatz ungeeignet sein. Daher bietet es sich an, Schutzkleidung vor ihrer definitiven Anschaffung erst einmal vom Team Probe tragen zu lassen. So kann ein Betrieb nicht nur testen, ob sich die Kleidung für die konkrete Gefährdungslage eignet, sondern auch herausfinden, ob die Mitarbeiter die Kleidung akzeptieren.
Während eines Tragetests bewerten die Probeträger viele Kriterien: Wie gut lässt sich die Kleidung anziehen und ausziehen? Lassen sich alle Arbeiten in der neuen Montur ungehindert durchgeführt werden? Fühlt sich der Träger wohl in der Kleidung? Ist das Material angenehm? Das Outfit darf bei der Arbeit nicht hinderlich und alle Tätigkeiten müssen auszuführen sein. Es gilt auch zu prüfen, ob die Kleidungsstücke mit den anderen Elementen der PSA vereinbar sind wie zum Beispiel Handschuhe oder Sicherheitsschuhe. Die Testphase kann von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten dauern. Als Testpersonen werden mehrere Mitarbeiter ausgewählt – je nach Betriebsgröße und den relevanten Arbeitsphasen.
Nach diesem Muster hat der Lötmittel-Hersteller Felder aus Oberhausen seine Schmelzer eine Hitze- und Flammschutzkleidung von Mewa zwei Wochen lang probeweise tragen und bewerten lassen. Die Mitarbeiter fühlten sich in der Schutzkleidung wohl und konnten ihre Arbeiten ungehindert ausführen. Am Ende der Testphase war die Einkaufsabteilung überzeugt, in die richtige Schutzausrüstung zu investieren. So hilft das Probetragen auch beim Kostensparen, denn man investiert nicht in die falsche Ausrüstung, die nachher keiner tragen will. Die Devise lautet also. Besser gründlich prüfen als voreilig bestellen.
Autorin: Bonni Narjes ist Fachjournalistin in Hamburg

Arbeitskleidungrechtskonform lagern
Nicht nur die Wäsche, sondern auch deren Lagerung von Berufskleidung sollte professionell gehandhabt werden. Besonders in Branchen, in denen Verschmutzungen mit Gefahrstoffen wie Benzin, Lösungsmitteln oder Kühlschmierstoffen anfallen, greift die Gefahrstoffverordnung. Seit ihrer letzten Änderung im Jahr 2010 müssen Arbeitgeber auch sicherstellen, dass die Arbeitskleidung getrennt von Straßenkleidung aufbewahrt wird, um eine Kreuzkontamination auszuschließen.
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