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Robotik-Ausbildung: Cobots erobern die Klassenzimmer

Robotik-Ausbildung
Cobots erobern die Klassenzimmer

Das Career Center Ramtec ist das größte Ausbildungszentrum für Robotertechnik in den USA. Um den künftigen Anforderungen gewachsen zu sein, setzt die Einrichtung in der Lehre auf kollaborierende Leichtbauroboter von Universal Robots.

Das Career Center Ramtec hat seinen Sitz in Marion, Ohio. Als ehemalige Produktionsdrehscheibe des 18. Jahrhunderts hat die Stadt eine tief verwurzelte, technische Geschichte. Mit der „Robotics and Advanced Manufacturing Technology Education Collaborative”, kurz Ramtec, steht Marion auch heute noch beispielhaft für Effizienz und Produktivität. Seit der Gründung im Jahr 2012 wird die Einrichtung den aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen der Industrie gerecht. Das gesteckte Ziel ist klar: Studenten sollen freie Stellen im Staat besetzen, die eine qualifizierte Ausbildung erfordern. Deswegen sind in erster Linie Vertreter der Branche an der Gestaltung des Lehrplans beteiligt.

Zwei Millionen unbesetzte Stellen in der Fertigung

Mit Ramtec soll eine sich abzeichnende Qualifikationslücke geschlossen werden. Diese wird derzeit auf zwei Millionen unbesetzte Stellen im Fertigungsbereich im Jahr 2020 geschätzt. Ritch Ramey ist verantwortlich für die Robotik-Ausbildung an den neun Karrierezentren in Ohio, von denen Ramtec das Aushängeschild ist. „Allein in Ohio gibt es rund 60 000 offene Stellen, die wir mit umgeschulten Schulabsolventen, Studenten oder Arbeitern besetzen könnten“, erklärt er. „Wenn wir diese Lücke nicht schließen, werden die Unternehmen ins Ausland abwandern.“ Ramey unterscheidet dabei klar zwischen zwei Sachverhalten: Die Ausbildung höher qualifizierter Arbeitskräfte und der Einsatz von Robotern, die monotone Aufgaben teilweise übernehmen. „Wir müssen Studenten beibringen, wie Roboter und andere Maschinen programmiert und bedient werden“, sagt Ramey. „Gleichzeitig sollen Roboter die Arbeiten ausführen, die eine geringere Qualifikation erfordern.“

Als lokale Unternehmen die ersten Roboter der neuen Generation einführten, die sogenannten Collaborative Robots oder kurz Cobots, nahmen dies auch die Mitarbeiter bei Ramtec zur Kenntnis. Ritch Ramey will der Fertigung immer einen Schritt voraus sein und damit sicherstellen, dass seine Studenten genau die Anlagen bedienen können, die später in der Praxis auf sie warten. „Wir haben ein wenig geforscht und festgestellt, dass die kollaborierenden Roboter des Herstellers Universal Robots zu den besten zählen“, verrät er. „Klar, dass wir diese Modelle auch bei uns in der Ausbildung einsetzen wollten.“

Cobots kommen in der Erwachsenenbildung zum Einsatz

Für Clay Hammock, Robotik-Ausbilder bei Ramtec, sind die Cobots im Unterricht ein großer Vorteil. „Es ist wie bei einer Zwiebel“, sagt er. „Wir können den Roboter vereinfachen und Schülern aus der fünften Klasse präsentieren, die dann innerhalb von ein paar Minuten mit der Programmierung anfangen können.“ Andererseits lasse sich das Modell an das Niveau einer Hochschule anpassen, an dem die Studenten kompliziertere Bewegungskontrollen ausführen. Natürlich sind auch viele der lokalen Fertigungsunternehmen daran interessiert, dass ihre Mitarbeiter schnell die eigenen Roboter programmieren können. Deswegen werden die Cobots in der Erwachsenenbildung eingesetzt. Hier wird den Kursteilnehmern gezielt vermittelt, wie sich zum Beispiel Wegpunkte nachbessern lassen oder wie generell ein wenig Logik in die Einstellungen der Roboter gebracht werden kann. „Im Vergleich zu anderen Robotern auf dem Markt können wir mit den Modellen von Universal Robots wirklich jede Aufgabe vermitteln und den Teilnehmern zeigen, wie sie gelöst werden kann“, zeigt sich Hammock zufrieden.

Geringe Verletzungsgefahr dank eingebautem Sicherheitssystem

Anders als herkömmliche Industrieroboter, die in einem Schutzkäfig verschraubt sind, können die Roboter von Universal Robots nach erfolgreicher Risikobeurteilung ohne Schutzzaun agieren und direkt neben dem Menschen arbeiten. Durch das eingebaute Sicherheitssystem stellt der Roboter automatisch den Betrieb ein, wenn er auf seinem Weg auf Gegenstände oder Menschen trifft. Für Hammock ist das ein wichtiger Aspekt für die Nutzung der Technik im Klassenraum. „Ich muss mir keine Sorgen machen, dass sich einer meiner Studenten bei der Programmierung verletzen könnte“, sagt er. „Ich gebe lediglich eine kurze Einführung und dann können sie selbst experimentieren.“ Der Robotik-Ausbilder ist unterm Strich zufrieden mit der Sicherheitstechnik, die in den Robotern integriert ist und lässt auch Schüler mit den Modellen arbeiten. „Gerade jüngere Menschen, die mit Robotern arbeiten, sind sich nicht so der möglichen Gefahren bewusst wie Erwachsene, die schon länger in der Industrie unterwegs sind“, weiß Ramey.

Das integrierte Sicherheitssystem hat einen weiteren Vorteil, denn der Nutzer kann sich die teuren Zäune sparen, die um jeden Roboter gebaut werden müssten. So werden die Systeme insgesamt erschwinglicher. Für den Preis eines Roboters mit Sicherheitskäfig konnten gleich mehrere Roboter von Universal Robots angeschafft werden. Hinzu kommt natürlich die Flexibilität, da sich die Modelle je nach Aufgabe frei im Raum bewegen lassen. Genau diese Anpassungsfähigkeit wird für das Ausbildungsmodell am Ramtec benötigt, denn es gibt natürlich viele Dinge, die ein Student mit einem Cobot ausprobieren und lernen kann.

Benutzerfreundliche Bedienung erleichtert den Einstieg in die Roboterbedienung

Die Schülerin Kierstyn Graber besucht gleich mehrere Lehrveranstaltungen am Ramtec. Vor der Einführung der Roboter des dänischen Herstellers hatte sie bereits mit verschiedenen Industrie-Modellen gearbeitet. „Bei den anderen Robotern mussten wir ein Programm immer erst ausprobieren, alle Codes auf den Computer ziehen, das Programm am Roboter überprüfen und Fehler beheben“, erklärt Kierstyn die frühere Vorgehensweise. Sie war überrascht, wie benutzerfreundlich im Vergleich die Cobots von Universal Robots sind: „Nach zwei Minuten haben wir ein Grundprogramm zum Laufen gebracht“, zeigt sich Kierstyn begeistert. „Man tippt auf einem Touchscreen neben dem Roboter das Feld ‚Wiedergabe‘ an und alle Bewegungen laufen sofort ab.“ Der Schülerin gefällt vor allem der sogenannte Freilaufmodus, bei dem der Nutzer einfach den Arm des Roboters greifen und ihm eine neue Aufgabe beibringen kann. Dabei wird der Cobot physisch von Punkt zu Punkt geführt, die vorher auf dem Touchscreen eingegeben wurden.

Eine andere Anwendung, die den Schülern am Ramtec gezeigt wird, ist die Maschinenbestückung, bei der ein Roboter Teile greift und sie einem 3D-Drucker zuführt. Als Ausbilder Clay Hammock die Studenten anwies, für den neuen Cobot einen eigenen Greifer herzustellen, kam der 3D-Drucker gerade recht. Oberstufenschüler Canyon Gamble war sofort begeistert von der Aufgabe. „Wir suchten im Internet zunächst nach einem Schema für die Frontplatte des UR3-Roboters“, erzählt Gamble. „Dann begannen wir, den Greifer von Grund auf zu bauen“. Die Schüler fanden schnell heraus, wie man den Greifer anbringt und wie er zusammen mit dem Roboter funktioniert. Stolz führt Gamble „die Klaue“ vor. So nennt er die eigene Applikation. Bei dieser Übung hat einmal mehr die einfache Handhabung der Roboter die Ausbilder überzeugt: „Mir hat es Spaß gemacht, weil der Prozess schnell Früchte trug“, sagt Canyon Gamble. „Ich programmierte und konnte die Auswirkungen meines Programms unmittelbar sehen.“ Solche Erfahrungen vermitteln den Studenten Verantwortung und steigern die Motivation innerhalb und außerhalb des Klassenraums.

Online-Simulator ergänzt Ausbildungsprogramm

Aber auch die kostenlosen Online-Ressourcen auf der Website von Universal Robots (UR) regen die Schüler zum eigenständigen Arbeiten an. Für Ausbilder Clay Hammock ist besonders der UR-Simulator ein wirkungsvolles Instrument für die Lehre, denn damit können die Studenten die gelernten Lektionen zu Hause noch einmal durchzugehen und üben. „Schließlich lernt jeder auf seine Art“, weiß Hammond aus Erfahrung. Die Studenten können den Simulator und andere Materialien einfach herunterladen und ohne Nutzungslizenz einsetzen. „Auch wenn wir nicht genug Roboter haben, so haben wir immer genug Simulatoren“, betont der Robotik-Ausbilder. Auf diese Weise findet ein Großteil der Programmierung außerhalb des Klassenraums statt und im Unterricht kann sich die Gruppe auf speziellere Aufgabenstellungen konzentrieren. Zum Beispiel wie man Befehle von der speicherprogrammierbaren Steuerung über Ethernet IP an den Roboter sendet und den Maschinen so neue Aufgaben zuweist. „Da geht es langsam ans Eingemachte“, lacht Hammond. Bei der Umsetzung helfen der kostenlose technische Support und die Online-Ressourcen auf der UR-Website. „Bei uns geht es zu wie im wirklichen Berufsleben“, betont der Ausbilder, der seine Studenten regelmäßig vor neue Herausforderung stellt. „Die Schüler müssen selbst herausfinden, wie etwas umzusetzen ist. Sie müssen im Internet recherchieren, Informationen finden und die richtigen Dokumente herunterzuladen.“ Ausbildungsleiter Ramey bewertet die Einführung der UR-Roboter insgesamt positiv. „Cobots im Klassenzimmer ist die Zukunft der Robotik-Ausbildung“, ist er sich sicher. „Es sind Kooperationen wie mit Universal Robots, die uns unseren Zielen näher bringen.“

Oberstufenschüler Canyon Gamble hat die Arbeit mit den Cobots bereits überzeugt. Er arbeitet gerade daran, zwei Roboter miteinander interagieren zu lassen. Dabei hat er sich auch überlegt, wie diese Lösung in eine Produktion integriert werden könnte. „Ich fände es großartig, wenn ich eine Fertigungslinie konstruieren könnte, bei der ein Roboter eine Aufgabe erledigt und dann an den nächsten Roboter weiterreicht“, fasst Gamble seine Vorstellungen zusammen. Die Roboter aus Dänemark haben ihn offensichtlich zu einer Laufbahn in der Fabrikautomation inspiriert.


Robotertechnik für alle

Universal Robots wurde 2005 von Esben H. Østergaard, dem heutigen CTO des Unternehmens, mit gegründet. Seine Vision war es, leichte, benutzerfreundliche, flexible und preisgünstige Roboter zu entwickeln, mit denen man sicher arbeiten kann. Auf diese Weise wollte er die Robotertechnik allgemein zugänglich machen. Seit der erste Roboter 2008 auf den Markt kam, ist das Unternehmen stark gewachsen und verkauft seine Roboterarme weltweit in über 50 Ländern. Das Unternehmen hat seinen Sitz im dänischen Odense und verfügt über regionale Niederlassungen unter anderem in Spanien, Deutschland, Italien, China, Indien, Japan und den USA.


Ausbildung mit Zertifikat

Das Career Center Ramtec (Robotics and Advanced Manufacturing Technology Education Collaborative) ist eine moderne Einrichtung im US-amerikanischen Bundesstaat Ohio. Hier werden Studenten ausgebildet und zertifiziert in den Bereichen Robotik, CNC, Hydraulik, SPS, Instandhaltung und traditionelle Schweißtechnik. Das Ziel ist, freie Stellen im Staat zu besetzen, die eine qualifizierte Ausbildung erfordern. Das Zentrum ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Tri-Rivers Career Center, dem Marion Technical College und der Universität des Staates Ohio und wurde 2012 eröffnet. In Ohio gibt es derzeit 24 Standorte von Ramtec. Weitere Infos gibt es unter www.universal-robots.com/de/.

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