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Wärmerückgewinnung: Ein Lkw-Auflieger als Wärmespeicher

Wärmerückgewinnung
Ein Lkw-Auflieger als Wärmespeicher

Wohin mit der Abwärme? Vielfach könnte sie zur günstigen Energiequelle werden, wenn sie nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar wäre. Das Start-up Jekusol schafft dafür die Voraussetzung durch neuartige Salz-Wärmespeicher, die sich auch mobil einsetzen lassen. ❧ Olaf Stauß

„Unsere mobilen Speicher nehmen eine bis zu siebenfach höhere Wärmemenge als Wasser auf. Sie lassen sich in nur fünf bis sechs Stunden be- und wieder entladen“, sagte Klaus Borrmann auf der Hannover Messe 2017 im April. Der Jekusol-Vertriebsleiter bezog sich dabei auf das erste Serienprodukt, das das junge Start-up ab Juli an seine Kunden ausliefern will: mobile Salzspeicher der Baugröße ATS-58, die zum Beispiel als Wärmecontainer auf einem Lkw-Auflieger konfektioniert werden.
Sie können Wärmeenergie in 1,2-MWh-Portionen transportieren. Eine aktuell sehr begehrte Option, bei der es aber nicht bleiben soll. Jekusol plant eine Vielzahl von Baureihen, die sich für ganz unterschiedliche stationäre und mobile Anwendungen eignen. Alle funktionieren nach demselben Grundprinzip: Die Abwärme aus industriellen Anlagen wird im Phasenwechsel von Salzen von fest nach flüssig gespeichert – und Stunden später zu einem sehr hohen Prozentsatz zu Heizzwecken zurückgeholt.
Das „Phase Change Material“ (PCM) des ersten Speicherprodukts ATS-58 hat seinen Schmelzpunkt bei 58 °C. Da die Abwärme industrieller Anwendungen jedoch meist heißer ist, sind auch Versionen mit höherem Schmelzpunkt geplant. Ab September soll der ATS-72 mit 72 °C lieferbar sein, ein Jahr später der ATS-90. Prinzipiell sind Salze mit Schmelzpunkten bis 700 °C verfügbar, so dass sich die Technologie künftig sehr universell einsetzen lassen wird. Insbesondere für Werte über 220 °C muss jedoch noch Arbeit in die Qualifizierung der PCM gesteckt werden.
„Wegen der hohen Nachfrage haben wir die mobilen Speicher vorgezogen“, sagt Borrmann. Diese Entscheidung erforderte zusätzliches Engineering. Denn bei der Reihe ATS-58 bis 90 handelt es sich um Hybridspeicher, die nicht nur Salze enthalten. Das PCM liegt makroverkapselt in Discs vor, die innerhalb des Speichers in Wasser schwimmen. Zwar führt das Wasser zu einer etwas niedrigeren Speicherdichte, erklärt Klaus Borrmann. Doch es ist thermisch weniger träge und beschleunigt den Be- und Entladevorgang – und genau dies ist entscheidend für die Rentabilität des mobilen Wärmetransports. „Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse des Landes Bayern ging von zwölf bis sechzehn Stunden für das Be- und Entladen aus“, erklärt Borrmann. „Aber unsere Hybridspeicher schaffen es in weniger als der halben Zeit.“
Für die „langsameren“ mobilen Speicher gibt es bereits Referenzanlagen – die Jekusol mit der hybriden Technik toppen will. Jülich nutzt zum Beispiel das Blockheizkraftwerk seines Hallenbades auch für das Freibad und lässt die Wärme in Latentwärmespeichern auf Lkw transportieren. Augsburg beheizt eine Schule im nahen Friedberg mit Abwärme aus der Müllverbrennungsanlage und setzt dafür ebenfalls Lkw ein.
Sehr relevant ist die Technik auch für die Rentabilität von Biogasanlagen. Ihnen ist die von Borrmann erwähnte Wirtschaftlichkeitsanalyse gewidmet. „Wenn der Betreiber die Abwärme aus der Biogas-Verstromung nutzt, erhält er vom Bund einen saftigen Bonus“, betont er. Doch nicht immer wird die Wärme in direkter Nachbarschaft benötigt – der Transport auf der Straße wird zur Alternative.
Generell sind PCM-Lösungen überall dort eine Option, wo Abwärme in industriellen Anlagen entsteht und zwischengespeichert werden muss – und zwar unabhängig von der Abwärmetemperatur. Jekusol plant daher eine Baureihe stationärer Latentwärmespeicher, die vorerst Schmelzpunkte bis 220 °C abdecken. Sie arbeiten mit Rohrbündelwärmetauschern und haben eine bis zu zehnfach höhere Speicherdichte als Wasser.
Ein typisches Anwendungsszenario ist das bereits projektierte Beispiel einer Pulverbeschichtungsanlage: Der rund 180 °C heiße Abgasstrom des Ofenbrenners lädt den Salzspeicher auf. Die über den Tag gespeicherte Energie reicht dann aus, um mehr als 1000 l Waschlauge auf 55 °C zu temperieren und die Halle zu beheizen.
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