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Auch Maschinen können abspecken

Leichtbau: Netzwerk entwickelt Baugruppen aus zellularen Metallen
Auch Maschinen können abspecken

Elf Firmen und vier Institute gehören dem Netzwerk „Zellulare Metallische Werkstoffe“ an. Die Partner wollen gerade auch den Maschinen-Leichtbau voran treiben und entwickeln Konzepte für dynamische Baugruppen, die mit weit weniger Masse auskommen.

Bestimmt hat es jeder schon einmal am eigenen Leib verspürt: Schweres Gepäck bremst! Bewegte Maschinenbaugruppen und Fahrzeuge unterliegen den gleichen Gesetzmäßigkeiten: Je mehr Masse zu beschleunigen ist, desto mehr Energie ist dafür erforderlich. Wo die bewegten Massen ihre Richtung ändern müssen, braucht es entsprechend hohe Beschleunigungsenergien.

Einen Ausweg bietet konsequenter Leichtbau. Gewichtsreduktion führt zu einer höheren Dynamik von Baugruppen. Dies lässt sich auf verschiedenen Wegen erreichen, durch Struktur- und auch Stoffleichtbau. Am effektivsten aber ist die Kombination aus beiden. Strukturleichtbau lässt sich durch Elemente wie Sandwiches realisieren. Der Stoffleichtbau hingegen basiert auf Materialien mit niedriger Dichte wie Aluminium.
Zellulare metallische Werkstoffe bieten einen vielversprechenden Ansatz für die Kombination beider Leichtbauweisen. Zu ihnen gehören Aluminiumschäume, Stahlhohlkugel- und Faserstrukturen, die im Verbund mit konventionellen Stahl- und Gusswerkstoffen eingesetzt werden. Die Idee allein genügt jedoch nicht. Notwendig ist Know-how über die Eigenschaften zellularer metallischer Werkstoffe, ihre Fertigung und ihre Fügbarkeit mit anderen Werkstoffen. Darüber hinaus gibt es weitere wichtige Kriterien für eine erfolgreiche Nutzung.
Das Netzwerk „Zellulare Metallische Werkstoffe“ bietet das benötigte Know-how. Die Aktivitäten zielen primär darauf ab, zellulare metallische Werkstoffe in neue Anwendungen zu applizieren. Dazu entwickeln die Partner die Werkstoffe in ihren Eigenschaften weiter und arbeiten daran, die Herstelltechnologien effizienter und reproduzierbarer zu gestalten. Außerdem geht es dem Netzwerk darum, die Vorteile der Materialien herauszustellen und den Marktzugang durch Entwickeln neuer Produkte zu forcieren sowie Serienanwendungen zu generieren.
Im Netzwerk agieren zurzeit 15 FuE-Einrichtungen und Unternehmen. Koordiniert wird es vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie fördert die Arbeit des Netzwerkmanagements im Rahmen der Initiative Netzwerkmanagement-Ost (Nemo)*.
Der Verbund ermöglicht es, sehr komplexe Aufgabenstellungen anzugehen und die Projektarbeit effizient zu gestalten. Die Netzwerkpartner greifen Werkstoff- und Technologiethemen auf, die für eine Einführung von zellularen Metallen in neue Anwendungen grundlegend sind.
Dazu Beispiele: Aktuell werden Verbunde entwickelt, in die Leichtbauwerkstoffe integriert sind. Bereits erhältlich sind Sandwiches mit Stahl- oder Alu-Deckblechen, in denen ein schubsteifer, leichter Aluschaum-Kern als Abstandshalter dient. Dasselbe Prinzip ist aber auch für Gussteile interessant. Die Integration zellularer Werkstoffe kann die Masse reduzieren. Außerdem lassen sich damit Eigenschaften wie die Eigenfrequenzen des Gussteils beeinflussen.
Die Netzwerk-Partner ACTech GmbH und das Fraunhofer IWU griffen die mit der Verbundfertigung auftretenden werkstofftechnischen Fragestellungen in einem Projekt auf. Untersucht wurde dabei, inwieweit geschlossenzelliger Aluminiumschaum als Gieß- und Leichtbaukern in Alu-Gussteilen genutzt werden kann. Außerdem behandelt wurden Themen wie das Leichtbaupotenzial, das Eigenfrequenzverhalten solcher Verbunde und nicht zuletzt, wie sich Schaumkern und Gussteil miteinander verbinden.
Andere Projektansätze kümmern sich um fertigungstechnische Fragen. Denn die neuen Werkstoffe etablieren sich nur am Markt, wenn die Herstellungsqualität steigt und die Kosten sinken. So wird daran gearbeitet, Prozessschritte bei der pulvermetallurgischen Metallschaumherstellung zusammenzulegen und die Abläufe zu automatisieren. Das Fraunhofer IWU beteiligte sich zum Beispiel an der Entwicklung eines schwenkbaren Strangpressrezipienten, in dem sich die pulverförmigen Ausgangsstoffe zum Block verpressen und anschließend strangpressen lassen. Die Maschinenentwicklung ist abgeschlossen, der Nachweis in der Praxis erfolgt in Kürze. Der Nutzen liegt im Einsparen von Zeit und Maschinenressourcen. Ähnliche Untersuchungen hatte der Partner VFUP bereits vor einigen Jahren angestrengt, jedoch mit dem Ziel, das Metallpulver zu platinenartigen Halbzeugen auszuwalzen, um schäumbare Aluminiumbleche zu erhalten. Der Nachweis gelang für Platinen mit Breiten von über 100 mm und einem Vielfachen in der Länge. Das Ziel künftiger Projektarbeit wird sein, diese Resultate auf Abmessungen von mehreren Metern zu übertragen.
Auch in das Bauwesen sollen multifunktionale Leichtbaulösungen eingeführt werden. Die Funktionsvielfalt der zellularen Metalle verspricht Innovationen in den Bereichen Niedrigenergie-Bauweisen (Wärmespeicherung, Dämmung, Klimatisierung), elektromagnetische Abschirmung, Schalldämmung, Brandschutz, Gewichtsreduzierung und Recyclebarkeit. Die Partner wollen in Kürze Projekte für diesen Anwendungsbereich initiieren.
Daneben gibt es auch Bemühungen, die Werkstoffe in Bereiche zu übertragen, die nicht vordergründig den Konstruktionsleichtbau betreffen. Gerade offenzellige Werkstoffe wie Faserstrukturen und Schäume eignen sich hervorragend für Filtration, Strömungsbeeinflussung und Schallabsorption.
Besonders das Fraunhofer IFAM mit seinen Industriepartnern und die m-pore GmbH sind hier Kompetenzträger. Nachgewiesen ist außerdem, dass sich Metallschäume zum Fügen von Werkstoffen wie Metall und Glas eignen. Diese Ergebnisse stellten das Fraunhofer IWU und die Osram GmbH bereits 2006 in einer Publikation im Industrieanzeiger 24/25 vor (S. 26). In allen genannten Fällen lassen sich die Korrosions- und auch die Temperaturbeständigkeit über die Legierungsauswahl anpassen.
Das Netzwerk „Zellulare Metallische Werkstoffe“ präsentiert sich vom 23. bis 25. Juni wieder auf der Leichtbau-Messe euroLite in Salzburg. Die Partner werden die zellularen metallischen Werkstoffe wie auch Prototypen- und Serienanwendungen vorstellen. Besucher haben die Möglichkeit, das Netzwerk kennenzulernen und mehr über sein Dienstleistungsangebot zu erfahren. Die Veranstaltung bietet zudem die Gelegenheit, bestehende Anwendungen und neue Projektideen zu diskutieren.
Dr. Jörg Hohlfeld, Carsten Lies Nemo-Netzwerk Zellulare Metallische Werkstoffe am Fraunhofer IWU in Chemnitz

Neue Technologien
Das Potenzial von Maschinen und Anlagen ist längst nicht ausgereizt: Bei bewegten Baugruppen kann Gewicht eingespart werden. Wird dies so konsequent verfolgt wie im Automobilbau, dann winken große Zuwächse an Dynamik und Effizienz. Dafür gibt es vielversprechende Ansätze – auch solche, die es im Automobilbau mit seinen großen Stückzahlen schwer haben. Ein Beispiel sind zelluläre Metallwerkstoffe, die Stabilität und Leichtgewichtigkeit verbinden. Dass diese Ansätze jetzt ein BMWI-gefördertes Konsortium vorantreibt, spricht für ihr Potenzial.
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