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Batterien auf dem Prüfstand

Testzentrum setzt Fokus auf Sicherheit und Langzeitverhalten
Batterien auf dem Prüfstand

Ob für Elektrofahrzeuge, Energienetze oder Elektrowerkzeuge – die benötigten Batterien/Akkus stehen im Mittelpunkt des neuen Batterie- und Umwelttestzentrums des VDE in Offenbach. Die verlässliche Prüfung dieser Energiespeicher ist, wie auch eine Verschärfung der Sicherheitsstandards, eine wichtige Voraussetzung für den sicheren Betrieb – und beim Elektrofahrzeug letztlich auch für die Akzeptanz beim Kunden.

Ob Laptop oder Handy, Messgerät oder Elektrowerkzeug, Elektrofahrzeug oder Energiespeicher: die Anforderungen an große und kleine Batterien/Akkus steigen ständig. Mit der Energiewende kommen den Speichern eine bedeutende Rolle in puncto Effizienz und Zuverlässig zu. Wichtig ist das Vertrauen der Verbraucher, konstatiert Wilfried Jäger Vorsitzender der Geschäftsführung des VDE Prüf- und Zertifizierungsinstituts. „Das ist bei Innovationen generell wichtig, aber für den technologischen Durchbruch und die Akzeptanz der Elektromobilität ist es von zentraler Bedeutung.“

Steht die störungsfreie Funktion der Elektronik schon bei konventionellen Fahrzeugen im Fokus, so gewinnen die Sicherheitsanforderungen bei der Elektromobilität laut Jäger eine neue Qualität. „Funktionale und elektrische Sicherheit sind hier kritische Erfolgsfaktoren. Das Batterie-Lade- und -Steuerungsmanagement sowie die Komponenten des E-Antriebsstrangs im Hochvolt-Bordnetz müssen die Sicherheit im Auto jederzeit gewährleisten.“
Batterien/Akkus für vielfältige Anwendungsgebiete können im neuen Batterie- und Umwelttestzentrum des VDE in Offenbach auf Sicherheit und Dauerfestigkeit getestet werden. Die Prüfstände sind so dimensioniert, dass sie Batterien mit bis zu 400 kg Gewicht inklusive Befestigungsmaterial und Abmessungen von bis zu 1,20 m mal 1,20 m aufnehmen können. Die Tests reichen bis zu einer Spannung von 1000 V sowie maximalen Strömen von 800 A, bei Zellprüfungen sogar bis zu 1080 A.
Herz des neuen Prüfzentrums ist ein Fallturm. Hier wird die Batterie in bis zu 10 m Höhe aufgehängt und ausgeklinkt. So kann etwa ein Auffahrunfall simuliert werden. In dem Testzentrum wird auch die Langzeitstabilität untersucht. Dazu zählen auch der Schutz gegen Spritzwasser oder Staub, Korrosion bei einem hohen Salz- und Feuchtigkeitsgehalt sowie das Verhalten bei extremen Temperaturen. Mechanische Belastungen werden mit einem Schwingungsprüfstand simuliert. Da sich das Verhalten der elektrochemischen Energiespeicher je nach Ladezyklus im Lauf der Zeit verändern kann, sind einige Prüfeinrichtungen so gestaltet, dass die Batterie während der Tests aufgeladen und entladen werden kann.
Einen Schwerpunkt des Testzentrums bilden Batterien/Akkus für Elektrofahrzeuge. Hier fordert Jäger eine Verschärfung der Prüf- und Zulassungskriterien. Insbesondere die Brandgefahr nach schweren Unfällen werde durch die derzeit üblichen Tests nicht hinreichend untersucht. Durch ihre sehr hohe Energiedichte müssten Lithium-Ionen-Akkus in einem bestimmten Temperaturbereich betrieben werden. Versagt die Kühlung in einer Batterie, etwa durch einen Kurzschluss nach einem Unfall, drohe Überhitzung, im schlimmsten Fall sogar ein Brand. Die bislang gültigen Normen würden solche Fälle nicht hinreichend abbilden.
Besonders kritisch sei die Abweichung des realen Unfallgeschehens von den derzeit vorgeschriebenen Tests. So würden in der Regel nur Quetschtests durchgeführt, bei denen der Akku langsam mit einer definierten Kraft bis auf die Hälfte zusammengestaucht wird. Beim Heckaufprall eines schweren Lkw auf ein leichtes Elektrofahrzeug dominiere jedoch eine schlagartige Belastung mit einem hohen Impuls.
Seitens des VDE besteht zudem die Forderung, das mögliche Versagen einzelner elektronischer Bauteile zu berücksichtigen. „In diesem Fall sollte die Batterie stets in einen sicheren Zustand übergehen. Wird sie in einem solchen Moment gerade geladen, muss der Ladevorgang zuverlässig abgebrochen werden.“ Nicht ausreichend seien ferner die bisherigen Standards für das Hochvolt-Bordnetz. „Die Antriebskomponenten eines Elektroautos arbeiten mit Spannungen von teilweise mehr als 800 V. Nach einem Unfall muss absolut sichergestellt sein, dass diese Komponenten spannungsfrei sind und auch bei starker Deformation keine ungewollten Entladeströme über die Karosserie abfließen.“ Dies würde die Mitarbeiter von Feuerwehr und Rettungsdienst gefährden.
Auch für Fahrräder mit elektrischem Hilfsantrieb existierten keine ausreichenden Regeln. Nach Schätzungen des VDE werden 95 % aller Pedelecs ohne jede Sicherheitsüberprüfung verkauft. „Besonders kritisch ist das Ladegerät: Es muss Überladungen zuverlässig verhindern, damit die Batterie nicht überhitzt. Im Gegensatz zu den wettergeschützten Ladesäulen für E-Mobile sind die Ladegeräte für Pedelecs oft nur für den Betrieb in Gebäuden ausgelegt. Werden sie im Freien genutzt, muss ein sicherer Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit gegeben sein.“ Die Batterien von Pedelecs seien trotz ihrer geringeren Größe und ihres geringeren Energieinhaltes sicherheitskritische Komponenten. So weist der VDE auch darauf hin, dass Fahrräder oft dicht beieinander in Hausfluren und Kellerräumen abgestellt werden und eine sich entzündende Batterie eine Kettenreaktion ungeahnten Ausmaßes auslösen könnte.
Mit dem neuen Batterie- und Umwelttestzentrum erweitere der VDE sein Dienstleistungsspektrum und untermauere seine Expertise in einer Zukunftstechnologie mit großen Exportpotenzialen für die deutsche Industrie, bekräftigt der VDE-Vorstandsvorsitzende Dr. Hans Heinz Zimmer. „Wir wollen mit Deutschland wieder in das Thema Batterie hineinkommen.“ Der Batteriemarkt werde von drei Nationen bestimmt. Weit über 90 % der Weltproduktion stamme aus Japan, Korea und China. Jetzt gehe es darum, was Deutschland in Zukunft erreichen wolle.
Robert Donnerbauer Fachjournalist in Frankenberg (Eder)
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
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