Startseite » Technik » Entwicklung »

Den Roboter eingelocht

Schwerlasttisch für die Kleinserienfertigung von Fahrzeugteilen
Den Roboter eingelocht

Als Entwicklungspartner der Mobilitätsindustrie ist Edag ständig auf der Suche nach neuen Produktionskonzepten. Doch für einen Drehtisch, der vier schwere Karosseriewerkzeuge tragen und zusätzlich Platz für einen Roboter im Zentrum bieten sollte, fand sich am Markt kein Schwerlasttisch. Weiss erweiterte dafür seine CR-Reihe mit einer Neuentwicklung nach oben.

Manchmal bedeutet ein Loch nicht weniger, sondern mehr. Bei Drehtischen beispielsweise. Weiss, der Spezialist für Automatisierungstechnik aus Buchen, weiß das sehr gut. Dessen Kunden nutzen schon seit langem die großen Mittenöffnungen der Dreh- und Ringrundschalttische, um ein Mehr an Handlingsgeräten und Robotern nicht nur außen am Ring, sondern auch in dessen Mitte zu platzieren.

Mancher Kunde jedoch will mehr, viel mehr. Jemand wie Manfred Hahl, Geschäftsführer/COO von Edag, einem weltweit operierenden Entwicklungspartner für die Mobilitätsindustrie mit Hauptsitz in Fulda. Mit seinen über 5600 Mitarbeitern übernimmt Edag nicht nur die Entwicklung von Fahrzeugen und Fahrzeugmodulen, sondern auch deren Kleinserienfertigung und die Konstruktion sowie den Bau kompletter Produktionssysteme. Eine knallharte Branche, in der nur derjenige überlebt, der seinen Kunden mit ständiger Innovation Kosten- und Qualitätsvorteile bietet.
Eine solche Innovationsidee war es, mit der sich Manfred Hahl an Weiss wandte: Ein Drehtisch sollte vier Werkzeuge aufnehmen. Während an ein oder zwei Positionen produziert würde, könnten an den freien Positionen manuell oder automatisch neue Werkzeuge gerüstet und so blitzschnell zur Verfügung gestellt werden. Um die Flexibilität und Produktivität des Systems noch weiter zu erhöhen, sollte in der Mitte zudem Platz für einen Roboter sein.
„Eine Mittenöffnung von zwei Metern Durchmesser, Werkzeuggewichte von bis zu 20 Tonnen, eine Ausladung von bis zu 2,5 Metern – Anforderungen, die selbst unsere größten damaligen Schwerlasttische nicht erfüllen konnten“, erinnert sich Stanislav Cafuta, Systementwickler bei Weiss, an das erste Gespräch mit Edag. Manfred Hahl wusste, warum er sich ausgerechnet an die Buchener wandte: „Weiss ist uns aus früheren Projekten als zuverlässiges Unternehmen mit Flexibilität und Bereitschaft für Neues bekannt.“ Und so stand nach wenigen Revisionsrunden das Pflichtenheft für den neuen Schwerlasttisch CR2600 fest: eine zulässige Axialkraft senkrecht auf den Antriebsteller von 500 kN dynamisch und 1000 kN statisch, eine Mittenöffnung von 2 m und ein frei programmierbarer Antrieb. Als Mitglied der CR-Familie sollte der Neue natürlich all deren positive Charaktereigenschaften erben: Flache Bauweise, Spielfreiheit und optimale Kraftübertragung sowie ein weit außen liegender Antrieb, der sich zur einfachen Inbetriebnahme mit der Application Software der Buchener versteht.
Damit der Neue diesen Anforderungen gerecht werden konnte, waren einige technische Hürden zu bewältigen. Dank der sehr hohen Eigenfertigungstiefe kann Weiss nicht nur die Qualität kontrollieren und garantieren, sondern auch Großteile mit langen Lieferzeiten schneller beschaffen. Ein solches Teil war das Lager, das Herzstück des Drehtisches, das so in keinem Katalog zu finden ist. Doch die Entwicklung eines sogenannten YRT-Lagers, einer Kombination aus zwei Axial- und einem Radiallager, ist eine zeitaufwendige Sache. Um den Prozess zu beschleunigen, haben die Weiss-Ingenieure bei der Entwicklung der Lagerkäfige in gewohnt guter Weise mit ihren Kollegen beim Lagerlieferanten Schaeffler zusammengearbeitet. So konnte die gesamte Entwicklungszeit für den CR 2600 auf ein halbes Jahr gedrückt werden.
Manfred Hahl war zufrieden, als er im Februar 2010 „seinen“ Schwerlasttisch im Werk Eisenach der Edag in Betrieb nehmen konnte, und lobt die Zusammenarbeit bei der Entwicklung: „Unsere Unternehmen verbindet eine recht ähnliche Philosophie: Wir schätzen beide technologiegetriebene Entwicklungen mit einem hohen Grad an Eigenfertigung. Mit Qualität, Innovation und Prozessoptimierung im eigenen Unternehmen zeigen wir, dass eine Fertigung in Deutschland mehr als wettbewerbsfähig ist.“
Beweis dafür ist sicherlich auch die Fertigungsanlage, in der der erste CR2600 seinen Dienst versieht. Durch seine große Öffnung in der Mitte ist der Neue quasi eine in dieser Größe einmalige Kombination eines klassischen Drehtischs und eines Shuttle-Systems, bei dem Roboter von beiden Seiten auf das Werkstück zugreifen können. Derzeit arbeitet das System mit zwei Werkzeugen für zwei Bauteile, so dass auf einem Tisch Heckklappen und Hauben im Mix gefertigt werden können.
Doch das ist nur eine mögliche Kombination für die Anlage, die nach der Erprobung in der Edag-Fertigung als komplettes Produktionssystem unter dem bezeichnenden Namen Compact Flex angeboten werden soll. Die freie Programmierbarkeit des Tisches sowie die Flächeneinsparung durch die Möglichkeit, selbst große Roboter in dessen Zentrum zu positionieren, regen die Phantasie an: Wo mit 2 m Öffnungsdurchmesser Platz für einen großen Roboter ist, ist natürlich ebenso Platz für zwei oder mehr kleine Roboter. Und statt wie derzeit 2+2 können natürlich auch vier oder mehr verschiedene Werkzeuge eingesetzt werden. Entweder um bei der Kleinserienfertigung vier verschiedene Türvarianten auf einer Anlage zu fertigen oder, ähnlich einem Revolver bei einem Bearbeitungszentrum, vier verschiedene Werkzeuge in kurzer Folge bereitzustellen – und das mit einer Drehgeschwindigkeit von gerade mal 8 s für 180°. „Selbstverständlich lassen sich die freien Positionen für die Logistik und das Rüsten der Werkzeuge nutzen“, fügt Manfred Hahl hinzu, „wobei uns die geringe Bauhöhe des Schwerlasttischs von gerade mal 300 Millimeter sehr entgegen kommt. Denn neben der automatischen Beladung ist damit außerdem die manuelle Bestückung ergonomisch günstig ohne Stufen möglich.“
Herbert Glauner Journalist in Karlsruhe
Weiss auf der Automatica: Halle A2, Stand 306
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de