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Der Arbeitsplatz wird lernoptimiert

Produktionsfaktor Mensch als Beschleuniger des Wandels
Der Arbeitsplatz wird lernoptimiert

Montage der Zukunft | Qualifikation und Ergonomie sind die Stellhebel, um die Leistungsfähigkeit des Menschen in der Industrie 4.0 zu maximieren. Neben Arbeitsplatzergonomie und Sicherheit wird das Zusammenspiel von Mensch und Maschine auf kognitiver Ebene immer wichtiger.

Dipl.-Wirt.-Ing. Alexander Marks Lehrstuhl für Produktionssystematik am WZL der RWTH Aachen

Der Mittelstand mit seinen vielen kleinen und sehr spezialisierten Unternehmen ist der Motor unserer Wirtschaft. Er zeichnet sich durch hohe Produktivität, vor allem aber Flexibilität und Wandlungsfähigkeit aus. Daher bietet ihm das Potenzial der vierten industriellen Revolution, unter dem Schlagwort Industrie 4.0 beschrieben, eine gigantische Chance. Um diese Chance zu ergreifen, müssen sich neben der Technologie auch der Führungsstil und die Ausbildung der Mitarbeiter anpassen.
Da sich die Umwelt mit steigender Dynamik verändert, steigt der Bedarf qualifizierter Fachkräfte enorm. Die Anzahl an Aufgaben, die Problemlösefähigkeiten erfordern, wird am Hochlohnstandort Deutschland immer größer. Erfolgreich bleiben kann nur, wer bei dieser Entwicklung die Relevanz des Menschen erkennt und den Mitarbeiter in das Zentrum der Entwicklung stellt.
Die Anforderungen an den Produktionsfaktor Mensch werden immer größer. Um seine Leistungsfähigkeit zu maximieren, sind Qualifikation und Ergonomie die entscheidenden Stellhebel. Das gilt gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.
Deshalb muss zu jedem Zeitpunkt für ein Maximum an Arbeitsplatzergonomie und Sicherheit gesorgt werden. Leichtbau-Roboter sind mittlerweile so sicher, dass sie nicht mehr hinter verschlossener Tür, sondern Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten. Dadurch können Maschinen den Menschen bei belastenden Tätigkeiten ersetzen oder unterstützen und so zu einer Verbesserung der Arbeitsergonomie beitragen. Gleichzeitig gibt es neue Konzepte, die es dem Produktionssystem ermöglichen, sich optimal an den Mitarbeiter anzupassen. So wird etwa die Höhe, auf der das Material angereicht wird, auf die Körpergröße eingestellt.
Neben dieser rein physischen Art der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine wird das Zusammenspiel auf kognitiver Ebene immer wichiger. Tablets, Smartphones oder Datenbrillen binden den Menschen in das cyber-physische System ein und ermöglichen ihm das Arbeiten in einem gigantischen Netzwerk. Das erhöht zwar den Aufwand an Zeit und Geld, zahlt sich jedoch langfristig in höherem Innovationsgrad und Kundenzufriedenheit aus. Eine gute Ausbildung findet die Balance zwischen Körper und Geist. Idealerweise wird sie direkt am Arbeitsplatz durchgeführt, um Personalausfallzeiten und Kosten zu minimieren.
Sie trainiert gezielt das Zusammenspiel der vier Kompetenzfelder Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstkompetenz und Sozialkompetenz. Fachkompetenz beschreibt die rein fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse, die etwa im Rahmen einer Ausbildung gewonnen werden. Um die Fachkenntnisse erfolgreich umzusetzen, benötigt der Mitarbeiter eine fundierte Methodenkompetenz. Sie ermöglicht ihm, Informationen zu sammeln und zu bewerten, damit er zielgerichtet Entscheidungen treffen kann. Um immer neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, ist die Selbstkompetenz, die Fähigkeit sich selbstständig weiterzuentwickeln und zu lernen, unverzichtbar. Doch auch wer ständig neues lernt, wird nicht alleine erfolgreich sein. Die steigende Spezialisierung unserer Gesellschaft und wachsende Komplexität der Produkte und Prozesse macht die Sozialkompetenz, die Basis für funktionierende Kommunikation und Kooperation, zur wichtigsten Kompetenz.
Ein in Kompetenzfeldern erworbenes Wissen ist modular und hat ebenso unter verändernden Anforderungen Bestand. Mit voranschreitender Zeit vergrößert sich sogar der Anwendungsbereich des erworbenen Wissens durch Transfer auf neue Fragestellungen. Damit die erworbenen Fähigkeiten in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden, muss auch der Arbeitsplatz entsprechend gestaltet werden. Erwartet man zum Beispiel ganzheitliches Prozessdenken bei seinen Mitarbeitern, so gilt es, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Neben einem klassischen Jobrotationssystem, das einen guten Überblick verschafft, ist es zielführend, Informationen und Prozesse einfach und verständlich darzustellen. Übersichtliche visualisierte Produktionsdaten lassen sich in der Industrie 4.0 besser denn je nutzen. Nur auf einer guten Grundlage können die Mitarbeiter die richtigen Entscheidungen treffen und Prozesse verbessern. Die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes muss hierbei entsprechend den Einflussfaktoren durch die richtige Auslegung der Stellhebel erfolgen (siehe Grafik). Nur so wird eine lernoptimale Gestaltung des Arbeitsplatzes erreicht.
Wir werden uns auf globalen und zunehmend dynamischen Märkten mit immer mehr Wettbewerbern behaupten müssen. Dabei erwächst die Flexibilität und Wandlungsfähigkeit eines Unternehmens zum wichtigsten Wettbewerbsvorteil. Häufig ist Veränderung für Menschen eine große Herausforderung, da sie oft von der Angst vor dem Unbekannten begleitet wird. Wo bleibe ich nach der Veränderung? Werde ich in Zukunft noch gebraucht? So oder ähnlich klingen die häufig gestellten Fragen. Was muss unternommen werden, um den Menschen die Angst vor Wandel zu nehmen?
Wir müssen die Art, wie Veränderungen etabliert werden, überdenken. Eine Top-Down Vorgabe an die Mitarbeiter funktioniert nicht mehr, wenn Veränderung zum Alltag wird. Um eine organische Veränderungskultur zu etablieren, besteht der Schlüssel zum Erfolg aus von sich heraus motivierten Mitarbeitern mit einer gemeinsamen Vision. Kooperativ arbeitet die Belegschaft in selbstorganisierten Netzwerken gemeinsam an Lösungen. Wandel wird zu einem kontinuierlichen Prozess, mit dem sich die Mitarbeiter identifizieren. Mehr Innovation durch Beteiligung eines Jeden am Veränderungsprozess ist die Folge. So kommt es, dass der Mensch den Wandel nicht mehr hemmt, sondern ihn herbeiführt. •
Industrieanzeiger
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