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Mitarbeiterwissen systematisch genutzt

Fabrikplanung: Partizipativ zur attraktiven Arbeitsumgebung
Mitarbeiterwissen systematisch genutzt

Mittelständler AS Antriebstechnik hat den kollektiven Erfahrungsschatz seiner Mitarbeiter genutzt, um eine attraktive Arbeitsumgebung zu schaffen. Das partizipative Vorgehen führte schnell zu einem Fabrikplanungskonzept, das zukünftigen Produktionsstrukturen Raum lässt.

In der Praxis stehen mittelständische Unternehmen häufig vor der Herausforderung, ihre bestehenden Strukturen den Marktbedürfnissen anzupassen. Auf ihre Produktion bezogen bedeutet dies ein Umplanen oder Anpassen der vorhandenen Kapazitäten und Layouts. Da sich Mittelständler jedoch keine eigenen Mitarbeiter leisten können, die Aufgaben der Fabrikplanung übernehmen, reduziert sich eine Neu- oder Umplanung oftmals nur auf ein Umstellen der Betriebsmittel oder auf ein neues Gebäude. Dabei werden die notwendigen Produktionsstrukturen intern nicht in geeigneter und optimaler Form abgebildet.

Mit diesem Sachverhalt sah sich auch die stetig wachsende AS Antriebstechnik & Service GmbH (AS Antriebstechnik) konfrontiert. Durch das Wachstum war das Unternehmen aus Reken gezwungen, nach mittelfristigen Lösungen in Form einer Produktionserweiterung nachzudenken. Die AS Antriebstechnik ist ein innovatives und bereits mehrfach ausgezeichnetes mittelständisches Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus. Die Leistungen der drei Geschäftsbereiche reichen von der Getriebeinstandsetzung und dem Service über die Produktion eigener innovativer Getriebe für Förderanlagen von Kraftwerken und der Papierindustrie bis zu Öl-Umlauf-Schmieranlagen und intelligenten selbstregelnden Durchflusswächtern. Aktuell beschäftigen die Münsterländer 55 Mitarbeiter.
Mangels Kompetenzen im Bereich der Fabrikplanung entschied sich AS Antriebstechnik, das Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen mit dieser Aufgabe zu betrauen. Ziel des Projektes war es, zukünftige Produktionsstrukturen zu planen und Verbesserungspotenziale zu erschließen sowie gleichzeitig eine attraktive Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter zu schaffen. Die Priorität lag darauf, eine mitarbeiterorientierte Arbeitswelt zu gestalten. Entscheidende Erfolgsfaktoren für das Gelingen des Projektes waren somit die Einbindung der Mitarbeiter des Unternehmens und das Nutzen ihres Wissens. Daher ist ein partizipatives Fabrikplanungsvorgehen für den späteren Erfolg höchst bedeutend.
Das WZL teilte das Projekt grob in drei Phasen ein. In der ersten wurden die Rahmenbedingungen, etwa Absatzprogramm, Strategie, Technologien und Veränderungsbedarfe, aufgenommen sowie eine Ist-Analyse in Form eines Stärken- und Schwächen-Profils des Unternehmens erstellt. In der zweiten Phase wurden die notwendigen Prozesse gestaltet und strukturelle Stellhebel identifiziert, die in einem späteren Layout berücksichtigt werden mussten. In der dritten und letzten Phase wurde ein Idealkonzept einem realen Sollkonzept gegenübergestellt und daraus das optimale Werkskonzept abgeleitet. Bei der Konzepterstellung wurden verschiedene Alternativen und Szenarien erarbeitet, die anschließend anhand gemeinsam festgelegter Kriterien bewertet wurden.
In den ersten beiden Phasen des Projektes wurden Workshops mit den Mitarbeitern durchgeführt. Das Kernteam bildeten drei bis vier Mitarbeiter, die über die gesamte Projektlaufzeit die Planung aktiv begleiteten. Die Altersstruktur der Mitarbeiter der AS Antriebstechnik, ist durch ein junges, dynamisches Team geprägt, das sich auch in dem Kernteam widerspiegelte. Nach den ersten Workshops und anfänglicher Zurückhaltung wurden die Mitarbeiter aktiver und diskutierten die aufgenommenen Prozesse und Rahmenbedingungen rege mit. Schnell merkten sie, dass ihr Wissen von essentieller Bedeutung war und die WZL-Mitarbeiter den Prozess durch Moderation, Strukturierung und fachlichen Beiträgen begleiteten und lenkten. Durch ständiges Visualisieren der aufgenommenen Ergebnisse und Vorlage dieser innerhalb des Kernteams wurden schnell Stärken und Schwächen sowie die Sollgestaltung von Prozessen erarbeitet.
Bei der Prozessgestaltung der Fertigungs- und Montagebereiche wurden die Mitarbeiter aus diesen Bereichen zu den Workshops hinzugezogen. Die Mitarbeiter der mechanischen Fertigung und Montage, die normalerweise ausschließlich in der Werkstatt arbeiten, wurden dabei durch das Kernteam schnell in die Workshops integriert. Die Akteure des Kernteams fungierten in den Workshops als Multiplikatoren und trugen die erst im kleinen Kreis erarbeiteten Ergebnisse zu der restlichen Belegschaft. Diese steuerten in den Workshops weiteres wichtiges Fachwissen speziell aus ihren Arbeitsbereichen bei.
Nach den ersten beiden Phasen konnte so die Ist-Situation aufgenommen und die Prozesse optimal unter maximaler Akzeptanz der Mitarbeiter gestaltet werden. Durch die an den Workshops beteiligten Mitarbeiter wurden die Ergebnisse in das restliche Unternehmen getragen. Da die Mitarbeiter einen wesentlichen Teil des Planungsteams bildeten, haben sie die Ergebnisse nicht nur mit ausgearbeitet, sondern identifizierten sich auch mit diesen. Die Mitglieder des Kernteams konnten durch ihre Teilnahme an den Workshops ihren Kollegen die Planungsergebnisse erklären und diese überzeugen. Dadurch wurden im täglichen Geschäft aufkommende Diskussionen unter der Belegschaft kanalisiert und reduziert.
In der dritten Phase, in der verschiedene Layoutalternativen und Szenarien erarbeitet wurden, setzte das WZL in mehreren Workshops den Fabrikplanungstisch Vistable als digitales Hilfsmittel ein. Damit lassen sich die zukünftigen Fabriklayouts samt Betriebsmitteln digitalisieren und dreidimensional darstellen. Alle Betriebsmittel und Gebäudestrukturen wurden modelliert und sind digital vorhanden. Per Touchscreen, auf dem das Layout und die Betriebsmittel abgebildet sind, lässt sich im Workshop das Layout und die Anordnung der Betriebsmittel durch einfaches Berühren und Verschieben verändern. Die Teilnehmer sehen sofort auf einer 3D-Projektion das Ergebnis und können Vor- und Nachteile der Anordnung auf der Stelle diskutieren.
Dieses Planungswerkzeug eignet sich bestens für partizipative Planungsprozesse, da unmittelbar mit den Beteiligten Layouts der einzelnen Bereiche und später ein Gesamtlayout entwickelt werden können. Die fertigen, in den Workshops mit dem Fabrikplanungstisch erarbeiteten Layouts wurden anschließend bewertet und die Ergebnisse ausgeplottet.
Die Planungsergebnisse wurden in den Pausenräumen für die Belegschaft aufgehängt und rege mit dem Kernteam und unter den Workshopteilnehmern diskutiert. Dadurch konnte auf Anmerkungen der Belegschaft reagiert und diese gegebenenfalls eingearbeitet werden. Weiterhin wurden Feedbackbögen erstellt und unter den Mitarbeitern verteilt. Dadurch wurden alle Mitarbeiter der AS Antriebstechnik eingebunden und auch indirekt an der künftigen Gestaltung der Produktion beteiligt, mit positiver Auswirkung auf die Akzeptanz des Konzepts.
  • Gerd Kaspari Geschäftsführer AS Antriebstechnik, Reken
  • Professor Günther Schuh, Professor Achim Kampker, Thomas Gartzen, Sven Koch, Bastian Franzkoch Werkzeugmaschinenlabor WZL, Aachen

  • Neue Technologien
    Durch das partizipative Vorgehen innerhalb des Fabrikplanungsprozesses und der Anwendung verschiedener Methodiken seitens der WZL-Mitarbeiter konnte bei Anwender AS Antriebstechnik schnell und effektiv ein Fabrikplanungskonzept erarbeitet werden. Da die Belegschaft in den Planungsprozess direkt wie auch indirekt einbezogen wurde, konnte nicht nur die Akzeptanz gesteigert werden. Auch Widerstände wurden so frühzeitig eliminiert.
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