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Neue Norm macht Anlagen sicherer

Schalt- und Steuerungsanlagen nach DIN EN 61439
Neue Norm macht Anlagen sicherer

Anlagenbau | Für den Schalt- und Steuerungsanlagenbau gilt bald eine neue Norm. Sie schafft Klarheit zwischen Anwender und Hersteller.

Michael Schell Leiter Produktmanagement Power Distribution, Rittal

Ab dem 1. November sind nur noch die Normen DIN EN 61439-2 und DIN EN 61439-1 gültig. Darunter fallen alle elektrische Schalt- und Steuerungsanlagen sowie Energieverteiler im Hochstrombereich, aber auch Anwendungsbereiche für kleine Ströme wie zum Beispiel für Gebäudeverteiler. Ebenso gehören Schalt- und Steuerungsanlagen für den Betrieb von Maschinen oder Anlagen zu dieser Norm. Ziel ist, Anlagen zuverlässiger und sicherer zu machen und die zulässigen Bemessungsdaten eines jeden Stromkreises einer Anlage für Anwender, Betreiber, Planer und auch für den Hersteller dieser Systeme eindeutig darzustellen.
Derzeit gibt es drei gültige und anwendbare Normenfassungen für den Bereich von Niederspannungsschaltgerätekombinationen: Die DIN EN 61439-1 und Teil 2, welche im Juni 2012 als Ausgabe 2 erschienen sind und derzeit den neuesten Stand darstellen. Des Weiteren gibt es die DIN EN 61439-1 und Teil 2 mit dem Ausgabestand 1 von Juni 2010. Diese Ausgabe 1 wird zum 23. September 2014 zurückgezogen. Und es gibt die aus dem Jahr 1993 stammende DIN EN 60439-1 mit der letzten Überarbeitung 2005, die aber zum 1. November 2014 zurückgezogen wird. Ab dann ist nur noch die DIN EN 61439-1 und Teil 2 in der Ausgabeversion 2 für die Herstellung von Niederspannungsschaltgerätekombinationen gültig.
Umfangreiche Nachweise gefordert
Die neue Norm führt anstelle der alten Bezeichnungen TSK und PTSK und der Typprüfberichte zur Bestätigung der Einhaltung der Normvorgaben den Bauartnachweis ein. Zur Bestätigung des korrekt durchgeführten Aufbaus und zum Ausschluss von Materialfehlern ist anstelle der Stückprüfung ein Stücknachweis für jede hergestellte Schaltgerätekombination zu erstellen. Der Bauartnachweis ist nur für das Referenzsystem zu erstellen und kann durch Prüfung, Begutachtung oder durch einen strukturierten Vergleich zu einer geprüften Referenz erbracht werden. Der Bauartnachweis setzt sich aus 13 Einzelnachweisen zusammen.
Einige dieser Nachweise bestätigen das Zusammenspiel verschiedener Komponenten einer Schaltanlage. Zum Beispiel ist der Nachweis der Kurzschlussfestigkeit einer, in dem das Schutzleitersystem in der Schaltanlage geprüft wird. Ein Nachweis nur mit der Schutzleiterschiene ist nicht ausreichend für diesen Nachweis. Auch die Übertragung einer Prüfung auf andere Fabrikate ist nicht möglich. Der Nachweis für die Kurzschlussfestigkeit eines Sammelschienensystems einschließlich der mechanischen Befestigungskonstruktion kann nur in einem Schranksystem erbracht werden. Gerade im Kurzschlussfall ist der Einfluss von magnetischen Feldern auf das Gehäuse und die Konstruktionselemente groß und kann zu Beschädigungen der gesamten Konstruktion führen. Dieser Einfluss, insbesondere bei hohen Kurzschlussströmen, kann nur bei einer Prüfung festgestellt werden.
Unterstützung bei Bauartennachweisen
Können Schalt- und Steuerungsanlagen mit einem Baukastensystem mit Bauartnachweis gefertigt werden, steht dem Hersteller der Bauartnachweis des ursprünglichen Herstellers zur Nachweisführung zur Verfügung. Allerdings sind viele Schalt- und Steuerungsanlagen gerade für den Betrieb von Maschinen und Prozessen in der Ausführung und der Zusammenstellung so individuell, so dass ein Baukastensystem nicht zur Anwendung kommt. Aber auch für diese individuellen Anlagen ist ein Bauartnachweis erforderlich, sollen die Anforderungen für ein Konformitätsbewertungsverfahren und auch die weiteren gesetzlichen Forderungen erfüllen werden.
Wenn die Systemtechnik von Rittal zum Einsatz kommt, lassen sich einige Nachweise einfach erfüllen und belegen. Die Einzelnachweise für die mechanische Festigkeit von Werkstoffen sind für die Rittal-Komponenten durch den Hersteller selbst bereits nachgewiesen worden und stehen den Schaltanlagenherstellern für deren Bauartnachweis zur Verfügung, ebenso die Nachweise für Schutzart, Luft- und Kriechstrecken sowie die Nachweise für die Funktion der Schutzleiterkreise.
Die Nachweise für den Einbau von Betriebsmitteln, für die innere Verdrahtung und auch für die Anschlüsse von außen ankommende Leitungen und Kabel können nur durch den Hersteller der Schalt- und Steuerungsanlagen erbracht werden. Rittal bietet dafür aber auch vorbereitete Checklisten an, die den Herstellern bei der Nachweisführung eine Richtschnur geben und somit die Nachweiserstellung deutlich vereinfachen.
Die Isolationseigenschaften müssen durch eine Prüfung der betriebsfrequenten Spannungsfestigkeit durch den Hersteller der Schaltanlage nachgewiesen werden.
Der Nachweis für die Kurzschlussfestigkeit kann durch die Anwendung der Rittal-Systemprodukte für die Stromverteilung von Rittal übernommen werden, dass diese alle durch Prüfung in Schränken des Herstellers nachgewiesen sind. Der Nachweis für die Elektromagnetische Verträglichkeit lässt sich relativ einfach durchführen, wenn die EMV-relevanten Geräte entsprechend den Vorgaben der Hersteller eingebaut und verwendet werden. Damit entfallen dann aufwendige Prüfungen.
Der Nachweis der mechanischen Funktion ist nur erforderlich, wenn die Schalt- und Steuerungsanlage besondere mechanische Funktionen verfügt. Die mechanische Funktion von Geräten, wie beispielswese die Einschubfunktion eines Leistungsschalters ist nicht zu prüfen, da diese Funktion über das Gerät bereits vom Gerätehersteller nachgewiesen wurde. Der Nachweis für Erwärmung ist aufgrund der Individualität der Anlagen ebenso durch den Hersteller zu erbringen. Er ist vermutlich der aufwendigste, wenn man diesen ohne weitere Hilfsmittel erbringen soll. Wird eine Schaltanlage mit mehr als 1600 A versorgt, stehen als Nachweismethoden nur Prüfungen oder Ableitungsverfahren von geprüften Referenzen zur Verfügung. In diesem Fall ist es ratsam auf ein geprüftes Baukastensystem wie Rittal Ri4Power zurückzugreifen, es sei denn man möchte die Kosten für eine Prüfung der zu erstellenden Anlage investieren. Wird die Schalt- oder Steuerungsanlage mit einem Strom von bis zu 1600 A versorgt, stehen zusätzlich zwei Berechnungsverfahren zur Nachweisführung zur Verfügung.
Neue Norm schafft Klarheit
Der vollständige Nachweis besteht aus einem Anlagendeckblatt, dem Bauartnachweis und dem Stücknachweis. Das Anlagendeckblatt beinhaltet die Bemessungsdaten und Einsatzbedingungen der jeweiligen Schalt- und Steuerungsanlage. Der Bauartnachweis sollte zu jedem Einzelnachweis, die gewählte Nachweismethode, dass Nachweiskriterium und die Prüfberichtsnummer oder die Nummer eines anderen Berichtes oder der Berechnung beinhalten. Dieses Dokument ist mit dem Stücknachweis und der übrigen Dokumentation zu übergeben. Eine Weitergabe der ausführlichen Prüfberichte oder Berechnungen ist nicht erforderlich und kann nur durch eine Aufsichtsbehörde eingesehen werden. Alle Unterlagen sind mindestens zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen der Schalt- oder Steuerungsanlage aufzubewahren.
Die neue Norm schafft zwischen Anwender und Hersteller der Schalt- oder Steuerungsanlage eine klare Abgrenzung des Leistungsversprechens, welches durch die Beauftragung zwischen Anwender und Hersteller vereinbart wurde. Somit ist für beide Parteien die Erfüllung des Leistungsversprechens darstellbar beziehungsweise bewertbar. Die Aufwendungen, die aus der Anwendung der Norm entstehen, unterscheiden sich nicht wesentlich von den Aufwendungen, die man früher für eine PTSK-Anlage machen musste. Das Berechnungsverfahren bis 1600 A für die Erwärmung ist genau das gleiche. Somit wurde für Anlagen bis 630 A somit das Verfahren gegenüber früher erleichtert. Die neue Norm DIN EN 61439 führt den Hersteller in einer strukturierten Weise zu dem erforderlichen Nachweis. Der Hersteller, der die Norm korrekt anwendet, kann definitiv nachweisen, dass sein hergestelltes Produkt sicher und zuverlässig betrieben werden kann. •
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