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Weniger Reibung und längere Betriebszeit

Wälzlager: Investitionsschutz in fünf Schritten
Weniger Reibung und längere Betriebszeit

Große Industrielager stellen eine erhebliche Investition dar. Um diese Investition langfristig zu schützen, die Lagerleistung und Maschinenbetriebszeiten zu steigern, können fünf Schritte hilfreich sein, die ohne übermäßigen finanziellen Aufwand zu realisieren sind.

1. Auswahl des richtigen Lagers

Die Lagerauswahl ist das Verfahren, mit dem die Eignung eines Lagers für eine spezielle Industrieanwendung untersucht und bewertet wird. In jeder bestehenden Anwendung arbeiten Wälzlager in einem breiten Spektrum an Drehzahlen und einer Vielzahl von Kombinationen aus radialen und axialen Lasten. Allerdings können Umgebungsbedingungen wie niedrige und/oder hohe Temperaturen, Staub und Schmutz, Feuchtigkeit und ungewöhnliche Einbauverhältnisse die Lagerleistung negativ beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, sowohl die mechanischen als auch die umgebungsbedingten Faktoren zu berücksichtigen, die eine erhebliche Bedeutung für die Lagerauswahl und -leistung haben können.
Zuerst muss die passende Wälzkörperform definiert werden, also ob Kugel-, Nadel-, Zylinder-, Kegel- oder Pendelrollenlager (Bild oben links) in Frage kommen. Jede Lagerbauform hat ihre bauformspezifischen Auswirkungen auf Tragfähigkeit und Drehzahl, auf die vorausberechnete Lebensdauer und Standzeit.
Im nächsten Schritt des Auswahlverfahrens müssen die Größenvorgaben des Bauraums in der Anwendung betrachtet werden. Dies geschieht unter Berücksichtigung des kleinsten Wellendurchmessers, der größten Gehäusebohrung und der vorhandenen Breite. Sind die Hauptabmessungen bestimmt, sollte die Auswahl auf Lager beschränkt werden, deren Bohrungen, Außendurchmesser und Breite in den zur Verfügung stehenden Bauraum passen. Das können durchaus mehrere Lager mit unterschiedlichen Tragfähigkeiten sein. Im dritten Schritt der Lagerauswahl muss deshalb entschieden werden, welches dieser Lager am besten geeignet ist, die vorberechnete Laufleistung in dieser Anwendung zu erreichen. Lagerhersteller können hierzu eine Lager-System-Lebensdauer-Analyse mit Hilfe von Anwendungsmodellen und Leistungsvorhersagen erstellen.
Abgeschlossen wird die Lagerauswahl durch die Festlegung der weiteren Eigenschaften wie Käfigtyp, Wellensitz (zylindrisch oder konische), radiale Lagerluft oder Einstellung, geforderte Präzision und Schmierung. Die Festlegung erfolgt auf Basis der anwendungsspezifischen Drehzahl und Temperatur, der Einbauposition und Lastbedingungen und resultiert im Erreichen einer optimalen Lagerleistung und -lebensdauer.
2. Der richtige Umgang mit Lagern
Zum sachgerechten Umgang mit Lagern gehören die Themen Aufbewahrung, Demontage, Reinigung, Kontrolle und Einbau (Bild vorige Seite). „Schon kleine Mengen an Feuchtigkeit oder Chemikalien können Ermüdungserscheinungen bei Lagern auslösen. Deshalb ist es so wichtig, sie bis zum Einsatz in ihrer Originalverpackung aufzubewahren“, erläutert Rod Bowman, Manager Betriebssicherheitsschulung bei Timken in Canton/USA.
Das ist auch der Grund dafür, dass Lager mit einer Schutzschicht überzogen und in einer Schutzhülle verpackt sind. Das verhindert, dass sie rosten oder korrodieren, bevor sie überhaupt verwendet werden. Lager sollten außerdem (auf Palette oder in einem Regal) an einem Ort verwahrt werden, in dem weder hohe Luftfeuchtigkeit noch große Temperaturschwankungen auftreten, die Kondensation verursachen können.
Auch Ein- und Ausbaumethoden können sich je nach Lagertyp unterscheiden. Entscheidend ist aber auch hier die korrekte Handhabung, um die Beschädigung des Lagers zu vermeiden. „Für kleinere Lager gibt es eine Vielzahl von Abziehern und andere Werkzeuge, die bei Aus- und Einbau hilfreich sind“, so Bowan weiter. „Größere Lager erfordern Heber wie Schlingen, Haken, Ketten und mechanische Vorrichtungen, um sie zu bewegen. Die Verwendung des richtigen Werkzeugs verhindert eine Verformung des Lagers, die meist gar nicht oder nur mit erheblichem Kostenaufwand zu reparieren ist.”
Nach dem Ausbau sollte das Lager, vor allem auch die Wälzkörper und die Zwischenräume, sorgfältig von jeglichem Wasser, Schmiermittel, Abrieb und anderen Verunreinigungen gesäubert werden.
Ist das Lager gereinigt, wird es gründlich auf mögliche Beschädigungen oder Verschleiß untersucht. Dies ist eine gute Gelegenheit, das Lager nachzumessen um sicherzustellen, dass es noch innerhalb der für die jeweilige Anwendung vorgegebenen Toleranzen liegt. In einigen Anwendungen kann die rechnerische Lagerlebensdauer der limitierende Faktor im Wartungsplan einer Anlage sein. Durch routinemäßige Kontrollen und Vermessungen lassen sich Probleme feststellen und beseitigen, bevor sie zum Anlagenstillstand führen.
3. Einsatz eines vorausschauenden Instandhaltungsprogramms
Die Entwicklung eines ausgewogenen vorausschauenden Instandhaltungsprogramms kann Betriebszeiten verlängern, indem es auf mögliche Probleme aufmerksam macht, während die Anlage in Betrieb ist. Zustandsüberwachungssysteme und ähnliche Vorrichtungen lassen sich einfach in ein bestehendes Programm integrieren und tragen zur Entlastung des Wartungspersonals bei. Ein Funküberwachungssystem beispielsweise erkennt und beobachtet zu hohe Temperaturen und zu starke Vibrationen in einem Anlagenteil und meldet sie in Echtzeit an das Wartungs-Team. Eine andere Lösung, ein Dauerüberwachungssystem, bietet die kontinuierliche, vorausschauende Überwachung für eine komplette Anlage, indem sie Daten sammelt und die Ergebnisse analysiert, damit Prozesse verbessert werden.
4. Geeignete Schmierverfahren nutzen
Die unsachgemäße Schmierung ist einer der Hauptgründe, warum viele Industrielager nicht ihre erwartete Lebensdauer erreichen. Das richtige Schmiermittel für die jeweilige Anwendung hängt ab von der Lagerbauform und den Betriebsbedingungen. Schmiermittel werden im Allgemeinen als Öl oder Fett klassifiziert. Beide Arten bieten spezifische Vorteile:
Öl:
  • Führt Wärme von den Lagern ab
  • Führt Feuchtigkeit ab
  • Einfach zu überwachende Schmierung
Fett:
  • Erlaubt einfache Dichtungsbauformen und fungiert als Dichtstoff
  • Erlaubt die Vorschmierung von abgedichteten oder abgeschirmten Lagern
  • Erfordert gewöhnlich häufige Schmierung
5. Lagerreparatur verlängert Lebensdauer
Beschädigte Lager oder solche, die nicht mehr den Spezifikationen entsprechen, können nach einer Aufarbeitung weiter verwendet werden (Bilder oben). Einige Lager lassen sich sogar mehr als einmal wiederaufarbeiten.
„Wenn ein Lager vorzeitig beschädigt oder abgenutzt ist, muss es noch lange nicht ausrangiert werden“, stellt Michael Wiemer fest, Leiter Service Engineering, Timken Germany, mit Sitz in Haan. „Eine Schadensanalyse kann wertvolle Hinweise auf mögliche Ursachen geben und Lösungsansätze bieten, damit Austauschlager eine längere Lebensdauer haben. Kleinere Schäden lassen sich durch Wartungsfachleute vor Ort beheben. Bei gravierenderen Schäden ist eine Wiederaufarbeitung durch Lagerspezialisten erforderlich.”
Laut Wiemer kann die Lagerreparatur 20 bis 80 % der Kosten einsparen, die für den Kauf eines Austauschlagers anfallen. Sie ist außerdem deutlich schneller und umweltfreundlicher.
Sabine Schumann Freie Journalistin in Dreieich
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
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