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20 Mal schneller als im Pulverbett

Hybridmaschine für die additive und spanende Bearbeitung in einer Aufspannung
20 Mal schneller als im Pulverbett

Bislang waren additive Fertigungsverfahren in erster Linie kleineren Bauteilen vorbehalten. Mit der Lasertec 65 AdditiveManufacturing will DMG Mori das ändern und auch große Teile generieren. Die Hybridmaschine kombiniert dazu das Laserauftragsschweißen und das Fräsen in einem Arbeitsgang.

„Unser Ziel ist es, die Flexibilität aufbauender Verfahren mit der Präzision des Fräsens und Drehens zu verbinden“, sagt Friedemann Lell. „Außerdem wollen wir unseren Kunden damit die Möglichkeiten der generativen Fertigung auch für größere Bauteile erschließen“, beschreibt der Vertriebsleiter der Sauer GmbH in Pfronten die Beweggründe, die zur Entwicklung der Hybridmaschine Lasertec 65 AdditiveManufacturing führten.

Sauer Lasertec, eine Tochter der DMG Mori Seiki AG, war bisher bekannt fürs Laserabtragen. Jetzt integriert das Unternehmen mit dem Laserauftragsschweißen ein generatives Verfahren in ein 5-Achsen-Bearbeitungszentrum. In den letzten Jahren ist der Markt für additive Verfahren rasant gewachsen – ein Trend, der sich fortsetzen wird. Bislang waren diese Fertigungstechnologien jedoch im Wesentlichen beschränkt auf Prototypen und Kleinteile sowie Werkstücke, die sich konventionell nicht fertigen ließen. Die Kombination der additiven und der spanenden Bearbeitung auf einer Maschine erweitert das potenzielle Einsatzspektrum.
Die auf der Messe Euromold in Frankfurt/M. erstmals gezeigte Konzeptstudie kann Werkstücke fertigen, die bis zu 500 mm durchmessen, 360 mm hoch sind und maximal 1 t wiegen. Aber auch noch deutlich größere Bauteile sind denkbar. „Wir haben ganz bewusst die DMU-Monoblock-Baureihe als Basis gewählt“, sagt Lell. „Die Auftragseinheit können wir auch in die größeren Schwestermodelle integrieren.“ Die derzeit größte Maschine der Reihe lässt damit auch für den Hybridprozess noch einiges Potenzial hinsichtlich der Bauteilgröße erwarten. Die DMU 125 bietet Raum für Teile mit Durchmessern bis 1200 mm und einer Höhe von 600 mm.
Der Wunsch, größere Bauteile zu bearbeiten, führte auch zur Entscheidung, das Laserauftragsschweißen mit Metallpulverdüse als generativen Prozess im 5-Achsen-Hybridzentrum Lasertec 65 AdditiveManufacturing zu nutzen. „Mit diesem Verfahren können wir bis zu 20 Mal schneller aufbauen als das mit dem Lasergenerieren im Pulverbett möglich wäre“, begründet Lell. Das Laserauftragsschweißen sei zwar kein neuer, dafür aber ein zuverlässiger und erprobter Prozess, der sich sehr gut in die CNC-Maschinen der DMG-Mori-Baureihen integrieren lasse.
Schicht für Schicht baut die Laserauftragseinheit sukzessive das Bauteil auf. Dazu verarbeitet sie alle gängigen Metallpulver, von Edel- und Werkzeugstählen über Nickel- und Kobaltlegierungen bis hin zu Messing oder Aluminium. Auch das Beschichten eines Grundmaterials mit härterem Verschleißschutz ist möglich. Das Metallpulver geht dabei eine hochfeste Schweißverbindung mit der Oberfläche ein und wird poren- und rissfrei mit dem Basismaterial verschmolzen. So entsteht eine Metallschicht, die mechanisch bearbeitet werden kann.
Durch den Trend zu immer leistungsfähigeren und leichteren Bauteilen, die möglichst viele Funktionen zusammenfassen, wird die Kombination von konventionellen und additiven Verfahren weiter an Bedeutung gewinnen. Die Hybridtechnik bietet neue Möglichkeiten, wenn es darum geht, die Komplexität und Individualität in der Produktion weiter zu steigern. Das Bauteil entsteht in mehreren Stufen, wobei zwischen dem Auftragsschweißen gefräst werden kann. Dadurch ist es möglich, auch Stellen µm-genau zu bearbeiten und hohe Oberflächengüten zu erzeugen, die für Fräser oder Bohrer nach Fertigstellung nicht mehr zu erreichen sind.
Weil sich mit ihr nun Materialkombinationen und Geometrien realisieren lassen, die mit konventionellen Verfahren bislang – wenn überhaupt – nur sehr aufwändig umzusetzen waren, eröffnet die Kombinationstechnologie dem Anwender viele neue Möglichkeiten und bietet eine Reihe von Vorteilen. Große Maschinen, wie sie fürs Bearbeiten der anvisierten Bauteildimensionen gebraucht werden, sind tendenziell teuer. Integriert man das Schruppen, Auftragen und Schlichten in eine Anlage, bedeutet das für den Kunden einen mehrfachen geldwerten Vorteil: Er braucht nur in eine Maschine zu investieren, die deutlich weniger Fläche in der Fertigungshalle belegt, er kann seine Prozesskette verkürzen und Ungenauigkeiten infolge mehrfachen Umspannens eliminieren.
Der Laser wird samt Pulverauftragskopf automatisch in die HSK-Werkzeugaufnahme der Frässpindel eingewechselt. Während die Fräsoperationen laufen, parkt er in einer gesicherten Dockingstation rechts des Arbeitsraums; das Magazin und der Wechsler für die Zerspanwerkzeuge ist links angeordnet. „Weil die Dockingstation der Auftragseinheit bei unserem Prototyp noch nicht mit einer wasserdichten Einhausung versehen ist, können wir im Moment nur trocken fräsen. Das werden wir bis zum Serienstart aber ändern“, verspricht Vertriebsleiter Lell. „Unsere Kunden können dann auch nass arbeiten.“
Hinsichtlich der Strahlquelle haben sich die Techniker für einen 2-kW-Dioden-Laser entschieden. „Der ist vergleichsweise kostengünstig und die Strahlqualität reicht für diese Zwecke aus“, erklärt Lell. Bauteilbereiche, für die besondere Toleranzen und Oberflächengüten vorgegeben sind, müssen ohnehin spanend nachbearbeitet werden. „Bei Bedarf könnten wir auch einen Laser mit höherer Strahlqualität nutzen und filigranere Strukturen erzeugen, aber das geht mit reduzierter Auftragsgeschwindigkeit einher.“
Damit hat der Diplomingenieur auch schon die Grenzen der neuen Maschine abgesteckt: Besonders filigrane und kleine Strukturen gehören nicht zu ihren Stärken. Aber die sind in den geplanten Anwendungsfeldern von eher untergeordneter Bedeutung. „Wir wollen mit dieser Maschine die additive Fertigung in erster Linie für Branchen interessant machen, die große Bauteile brauchen, etwa für die Luft- und Raumfahrtindustrie, den Werkzeug- und Formenbau oder den Energiesektor“, erläutert Lell.
Als eine potenzielle und spannende Anwendung nennt der Sauer-Vertriebsleiter die Fertigung von Integralbauteilen für den Flugzeugbau. Statt wie heute noch üblich rund 95 % des Werkstoffs zu zerspanen, baut die Hybridmaschine nur dort Material auf, wo es tatsächlich benötigt wird. „Auf diese Weise reduzieren wir den Materialverlust auf rund fünf Prozent. Das führt zu signifikanten Rohmaterial- und Kosteneinsparungen.“ Ein weiteres Beispiel kommt aus der Energie- und Ölindustrie. Weil dort Rohre, Armaturen oder Flansche in aggressiven Umgebungen eingesetzt werden, müssen sie mit korrosionsfesten Legierungen zum Verschleißschutz beschichtet werden. Auch das ist mittels Auftragsschweißen möglich. Die Hybridmaschine kann den Grundwerkstoff bearbeiten, die Schutzschicht aufbringen sowie im gleichen Arbeitsgang die Endbearbeitung durchführen. Die Folge sind wiederum Kosteneinsparungen und kürzere Durchlaufzeiten.
Neben der Auftragseinheit sind hermetisch abgedichtete Achsen und Antriebe ein Merkmal, das die Lasertec 65 AdditiveManufacturing von einer DMU 65 Monoblock unterscheidet. „Das ist zwingend erforderlich, weil wir hier mit sehr feinen Pulverwerkstoffen arbeiten“, begründet Friedemann Lell. Die Steuerung für den Laserprozess ist in einem separaten Schaltschrank untergebracht. Das erleichtert die Integration des Systems in andere Maschinen des Herstellers.
Bis zum Serienstart steht laut Lell unter anderem noch eine spezielle Software auf der To-Do-Liste, mit der sich der Hybridprozess einfach und schnell programmieren lässt. Ein weiteres Arbeitsfeld bis zur ersten Auslieferung sind die mechanischen Materialeigenschaften der generativ erzeugten Bauteile. „Erste Untersuchungen zeigen, dass sie mit denen von Gussteilen vergleichbar sind und sich die Bauteile entsprechend verhalten und einsetzen lassen. Ich gehe davon aus, dass sich das so bestätigen wird“, sagt Lell.
Sauer Lasertec hat die Hybridmaschine in Zusammenarbeit mit DMG Mori USA entwickelt. Vom Startschuss des Projekts bis zur Präsentation des Prototyps im Dezember auf der Euromold vergingen nur wenige Monate. Die Serienvariante kündigt Lell für den Herbst 2014 an: Sie wird zum Verkaufsstart quasi gleichzeitig auf den großen Metallbearbeitungsmessen, der IMTS in Chicago und der AMB in Stuttgart, präsentiert. Laut Lell ist diese Maschine der Einstieg von DMG Mori in den Bereich der additiven Fertigung.
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