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Abgleich zwischen realer und digitaler Welt

Augmented Reality: Effizienter Prototypenbau bei Volkswagen
Abgleich zwischen realer und digitaler Welt

Der Autobauer Volkswagen setzt auf Augmented Reality. Durch den Einsatz von virtuellen Techniken reduzieren die Wolfsburger die Zahl der kostenintensiven Prototypen und können gleichzeitig mehr Varianten darstellen.

Augmented Reality (AR) bedeutet soviel wie erweiterte Realität. Im Kern geht es dabei um die Überlagerung der realen Welt mit 3D-CAD-Daten. Diese werden als Bilder lagegerecht, maßstabsgetreu und in Echtzeit in die reale Umgebung integriert. Typische Einsatzgebiete sind der Prototypenbau oder die Fertigungsplanung. Zu den möglichen Anwendungen zählen Verbaubarkeitsanalysen und Soll-Ist-Abgleiche.

Zu dem Gesamtsystem gehören eine Kamera, ein Messarm von Faro als taktiles Messwerkzeug, ein PC und die Software-Plattform Unifeye der Metaio GmbH. Das Programmpaket ist bereits seit Jahren produktiv im Einsatz. Metaio entwickelte Lösungen für die Fabrik- und Anlagenplanung, den Fahrzeugservice und für Forschungsprojekte.
Bei Volkswagen in Wolfsburg setzt man schon seit Jahren auf AR. Etwa in der Gesamtfahrzeugentwicklung, wo Prototypenfahrzeuge gebaut werden. Hier werden neue Teile in zahlreichen Varianten und Konstruktionsständen erstmalig zusammen gebaut. Ein Tool, mit dem man sich in einem realen Verbauraum vorher ein virtuelles Bild machen kann, spart viel Zeit. Ob zum Beispiel eine Komponente mit einer anderen kollidiert, kann man mit dieser Technik heraus finden, ohne die beiden Teile wirklich einzubauen. Man weiß also schon Bescheid, bevor das erste Prototypenteil real existiert.
Doch wie gehen die Ingenieure bei Volkswagen vor? Zunächst wird die Kamera kalibriert und der Faro-Arm eingemessen, um die Position des Systems relativ zur Karosserie zu bestimmen. Danach werden die CAD-Daten geladen und der Verbauraum analysiert. Im Live-Bild der Kamera sieht man die reale Welt und die CAD-Daten, die lagegerecht eingeblendet werden. Auf diese Weise lässt sich ein schneller, visueller Soll-Ist-Abgleich zwischen den Konstruktionsdaten und dem real produzierten Teil durchführen. Und es lässt sich überprüfen, wie zwei neue Elemente miteinander interagieren. Abschließend werden Screenshots für die Dokumentation erstellt.
„Durch den Einsatz von virtuellen Techniken reduzieren wir die Zahl der kostenintensiven Prototypen und können gleichzeitig mehr Varianten darstellen“, berichtet Fabian Doil, Projektleiter im Bereich Virtuelle Techniken in der Konzernforschung bei Volkswagen in Wolfsburg. „An den verbleibenden Prototypen können wir mit der AR-Technik Abweichungen frühzeitig erkennen.“ Der Einsatz der Technik in der Fahrzeugentwicklung hilft dem Autobauer, den Entwicklungsprozess effizienter zu gestalten und die Qualität der Vorserienfahrzeuge zu steigern. Zudem habe sich die Überlagerung von Konstruktionsdaten über das reale Fahrzeug als ein konstruktives und anschauliches Kommunikationsmedium herausgestellt.
Auch in der Fertigungsplanung in Wolfsburg kommt die Technik von Metaio zum Einsatz. Wenn ein neues Fahrzeugmodell in einer bestehenden Anlage gefertigt werden soll, kann man mit dem AR-System zu einem frühen Zeitpunkt erfassen, welche Umbaumaßnahmen nötig werden. Das Kamerabild der Fertigung wird einfach mit dem CAD-Modell überlagert. Dann erfolgt der Abgleich zwischen realer und digitaler Fabrik. Auf diese Weise lassen sich Abweichungen zwischen realen Betriebsmitteln und den CAD-Daten erfassen und dokumentieren. Für die Anlagenplanung ist es wichtig, dass die digitale Fabrik immer auf dem aktuellen Stand und synchron zur realen Fabrik ist. Leider ist dieser Idealtypus in der Realität nur schwer zu erhalten, denn durch Inbetriebnahme, Instandhaltung und Prozessoptimierung wird ständig etwas verändert. Es findet ein Medienbruch statt. Eine lückenlose Dokumentation ist nur mit einem hohen Aufwand möglich.
Ein Beispiel: Der Konstrukteur muss wissen, ob sich bestimmte Haltevorrichtungen für Schweißspanner, die in der digitalen Fabrik hinterlegt sind, noch an der entsprechenden Position befinden. Und er muss wissen, ob ein neues Bauteil an der Stelle genau so produziert werden kann. Mit der neuen Technik kann er schnell einen visuellen Abgleich machen und Abweichungen erkennen. Wenn er die Informationen erst bei der Inbetriebnahme bekommt und sich der Produktionsstart womöglich verzögert, wäre das für das Unternehmen aufwendig und teuer. Denn Stillstand ist in dieser Branche ein Fremdwort.
Augmented Reality kommt an vielen Schnittstellen zwischen der virtuellen Welt der Konstruktions- und Anlagendaten und der Realität im Prototypenbau zum Einsatz. Die Technik sichert Entwicklung ab und unterstützt die Planung. Es erfolgt ein Abgleich zwischen realer und digitaler Fabrik. Und es lassen sich ganze Betriebsmittel in anderen Produktionsstätten überprüfen. Angesichts der weltweit 61 Fertigungsstätten von Volkswagen ist das ein entscheidender Punkt. Das System bildet über die Visualisierung auch eine Brücke zwischen den Projektbeteiligten, die sich gemeinsam ein Bild von der Situation machen und Varianten in Echtzeit durchspielen können. Auswirkungen können die Mitarbeiter live erleben, ohne dass etwas montiert werden muss. „Wir können mit dem System die Qualität in Entwicklung und Produktion erhöhen“, meint Fabian Doil. „Wir werden schneller und flexibler.“
Jan Schlink Mitarbeiter bei der Metaio GmbH in München
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