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Individualfertigung vor der Serienreife

Innovative IT-Lösungen können für Effizienzsteigerungen sorgen
Individualfertigung vor der Serienreife

Losgröße 1 | Durch Industrie 4.0 soll die kundenindividuelle Produktion zu Kosten der Serien- und Massenproduktion möglich werden. Dazu existieren in der Industrie zwei verschiedene Entwicklungspfade.

Prof. Dr. Robert Schmitt Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement, WZL der RWTH Aachen Sebastian Groggert Geschäftsfeld Industrial IT, WZL der RWTH Aachen Hannes Elser Geschäftsfeld Industrial IT, WZL der RWTH Aachen

Bis heute ist in der Einzelproduktion die klassische Werkstattfertigung das vorherrschende Fertigungsprinzip. Die Fertigung ist hierbei nach Technologien oder Fertigungsverfahren wie Drehen oder Fräsen strukturiert und kaum am Materialfluss ausgerichtet. Dies führt in der Praxis zu intransparenten Materialflüssen und damit verbunden zu langen Durchlaufzeiten. Um die Effizienz in der Einzelproduktion zu erhöhen, wurde das Prinzip der Synchronisation an die Bedürfnisse der Einzelproduktion adaptiert.
Um trotz einer hohen Anzahl individueller und stark heterogener Kundenaufträge in der Einzelproduktion synchronisiert fertigen zu können, werden Aufträge mit ähnlichen Bearbeitungsreihenfolgen zusammengefasst und anschließend auf einer Palette gemeinsam in einem fest definierten Takt – beispielsweise ein Tag – durch die Produktion geleitet. Durch diese Bündelung von Aufträgen werden die stark schwankenden Kapazitätsbedarfe der Einzelaufträge nivelliert. Eine Palette kann so in festen Taktzeiten von Bearbeitungsstation zu Bearbeitungsstation transportiert werden.
Um die synchronisierte Einzelfertigung mit dem Ziel einer hohen Liefertreue, kurzer Durchlaufzeiten und hoher Auslastungen planen zu können, wurde am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen gemeinsam mit industriellen Anwendern die Software synchroTecS entwickelt. Der Einsatz von synchroTecS in der Praxis zeigt zudem einen deutlich reduzierten Planungsaufwand in der Produktion. Da allerdings Störungen im Produktionsprozess zu Abweichungen von der Planung führen können, wurde ergänzend zur Planungsfunktionalität ebenfalls ein Modul zur Produktionssteuerung entwickelt. Mithilfe von Technologien zur Lokalisierung von Aufträgen können Abweichungen von der Planung in Echtzeit visualisiert werden.
Durch die Echtzeit-Integration dieser Daten in die Produktionsplanung und die somit möglichen steuernden Eingriffe wird eine robuste synchronisierte Einzelproduktion sichergestellt. Die synchronisierte Einzelproduktion mit geeigneter Softwareunterstützung ermöglicht so neben einer hohen Produktionseffizienz auch die vollständige Transparenz und Traceability in der Einzelfertigung. Werden mit Industrie 4.0 oft langfristige Zukunftsvisionen umschrieben, bildet die synchronisierte Produktion eine nächste, kurzfristig realisierbare Entwicklungsstufe für die Einzelproduktion auf dem Weg zur Industrie 4.0.
Innerbetriebliche Kollaboration zwischen Management, Planung und dem Werker auf dem Hallenboden erhöht die Mitarbeiterintegration sowie die Flexibilität in der Produktion. Das Management gibt einen „strategischen Zielkorridor“ vor, welcher an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden kann und den Lösungsraum für die Planung und Steuerung darstellt. Produktionsmitarbeitern, welche über wertvolles Erfahrungs- und Prozesswissen verfügen, muss zukünftig die Möglichkeit gegeben werden, dieses Wissen zu teilen und so in die Planung und Steuerung der Produktion einfließen zu lassen. Dazu bedarf es intuitiv bedienbarer Endgeräte, über die prozessbegleitend das Wissen der Werker aufgenommen und anschließend an Planungs- und Steuerungssysteme weitergegeben werden kann. Innerbetriebliche Kollaboration kann so dazu beitragen, die aktuell starren Hierarchien in produzierenden Unternehmen kontinuierlich aufzulösen, die einer effizienteren Produktion noch im Weg stehen.
Überbetrieblich bietet Kollaboration für die Individualproduktion ebenfalls große Effizienzpotentiale. In der Produktion eines Unternehmens existieren Kapazitätsengpässe, welche die Produktion limitieren. Andererseits gibt es freie Kapazitäten, welche ungenutzt bleiben. Insbesondere die Produktion kundenindividueller Aufträge in „Losgröße 1“ erfordert das Vorhalten unterschiedlichster Kapazitäten bei gleichzeitig stark schwankenden Kapazitätsbedarfen. Eine überbetriebliche, kollaborative Produktionsplanung trägt dazu bei, Kapazitäten zu nivellieren, indem zusätzlich benötigte Kapazitäten innerhalb eines dynamischen Wertschöpfungsnetzwerks angefordert und freie Kapazitäten angeboten werden können. Hierzu bedarf es einer Verknüpfung bislang isolierter IT-Systeme, beispielsweise über eine Cloud-basierte Plattform als virtueller Marktplatz zum Handel von Produktionsressourcen. •

Für die hochindustrialisierte Serien- und Massenproduktion besteht die Herausforderung in der Erhöhung der Kundenindividualität ihrer Produkte. Die kundenindividuelle Einzelproduktion weist heute hingegen noch eine vergleichsweise geringe Effizienz ihrer Prozesse auf. Innovative IT-Lösungen können hier einen entscheidenden Beitrag zur Effizienzsteigerung leisten.
Industrieanzeiger
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